Neuerdings gehört das Thema Frauen bei Männern in der Teppichetage zum offiziellen Businesstalk. Novartis-Chef Daniel Vasella und Swisscom-Chef Jens Alder haben Frauenförderung dieses Jahr zur Chefsache erklärt. «Women in Management» heisst bei Novartis das Schwerpunktthema für 2004. Ziel ist es, den Frauenanteil im Kader von heute weltweit 29% und schweizweit 22,3% bis 2005 auf 30% respektive 25% zu steigern. Von einer Mindestquote will man bei Novartis nichts wissen.

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Noch ist die Novartis-Geschäftsleitung ein reiner Männerbund, so wie auch die Swisscom wieder, nachdem letztes Jahr die Personalchefin wegen Differenzen gegangen war. Der geringe Frauenanteil im Kader von noch 11% (2003: 14%) wird von Swisscom-Chef Alder explizit als «Schwachstelle» anerkannt. Deshalb richtet Swisscom eine Frauenförderungstelle ein. Besserung gelobt auch die Post der Anteil von 10,3% Frauen im Kader soll bis 2008 verdoppelt werden. Der Frauenanteil in der Geschäftsleitungen von Schweizer Börsenunternehmen liegt im Schnitt nur bei 3%. Im Kader liegt der durchschnittliche Frauenanteil bei 26%.

Das Thema Frauenmangel im Management ist heute salonfähig. Aufgerüttelt hat nicht nur das Scheitern der Frauen bei der letzten Bundesratswahl. Unter den Nägeln brennt auch der volkswirtschaftliche Verlust, der durch die Ausbildung von Frauen und deren Ausscheiden aus dem Berufsleben entsteht. Bisher blieb es hauptsächlich bei schönen Absichten.

Gesetzesänderung umstritten

«Nun sollen Unternehmen zu Transparenz über die tatsächlichen Verbesserungen verpflichtet werden», fordert SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger-Oberholzer. Wie sie gegenüber der «HandelsZeitung»sagt, lancierte sie dazu die parlamentarische Initiative «Gender-Reporting». Ähnlich wie bei den Corporate-Governance-Regeln über die Löhne sollen börsenkotierte Unternehmen in einem Gender-Report über den Stand der Umsetzung des verfassungsmässigen Gleichstellungsauftrags berichten. Sie verlangt eine Änderung im Börsengesetz oder im Obligationenrecht. Sie ist überzeugt, dass die Initiative, die demnächst in eine parlamentarische Kommission gelangt, absolut mehrheitsfähig ist. «Im Gegensatz zu den Quotenforderungen ist dies eine harmloser Vorstoss», sagt sie. In der Tat, Novartis erfüllt mit ihrer Offenlegung von Quoten und Zielen die Forderungen bereits heute.

Noch wurde keine Kritik laut an der am 10. März eingereichten Initiative, die auch von Jean-Noël Rey, Chef der Paketpost DPD Schweiz, unterzeichnet wurde. Doch anscheinend wurde sie noch gar nicht wahrgenommen. Die Reaktion von Arbeitgeber-Direktor Peter Hasler, nachdem ihm die «HandelsZeitung» den Vorstoss zukommen liess, war heftig: «Wir lehnen die Initiative ab. Es ist ein Unding, politische Forderungen dieser Art auf dem Weg der Börsengesetzgebung zur Auflage von Firmen zu machen», kritisierte er. Zum einen sei die Börsengesetzgebung nicht dazu da, der Politik Daten über die Firmen zu liefern oder gesellschaftspolitische Auflagen zu machen. Zum anderen sei mit 200 bis 300 börsenkotierten Firmen wohl kein Überblick darüber zu gewinnen, wie in der Schweizer Wirtschaft mit 40000 Firmen die Gleichstellung umgesetzt werde.

Karriere ohne Quote

Ganz anders beurteilt Margit Osterloh, Betriebswirtschaftsprofessorin an der Universität Zürich, die Initiative. «Transparenz ohne materiellen Druck macht Sinn. Ich sehe die Offenlegung von Frauenanteilen in derselben Reihe mit den Transparenzgeboten, wie sie die Corporate Governance bezüglich Managergehälter festlegt», sagt die Gegnerin von Quoten.

Und was sagen die Frauen, die es in die Teppichetage geschafft haben? Vielleicht nicht zufällig hat sich ihre Zahl gerade in den letzten Wochen erhöht. Sandra Lienhart, die vor einer Woche als erste Frau in die Geschäftsleitung der Bank Coop gewählt wurde, bezeichnet Quoten als destruktiv, befürwortet aber gezielte Frauenförderung: «Dazu gehört, dass Frauen die Möglichkeit gegeben wird, aufzusteigen. Teilzeitjobs, Job-Sharing oder Krippenplätze können dabei helfen.» Die 38-Jährige, die zuletzt Leiterin der Marktregion Zürich-Nord bei der Credit Suisse war, erklärt weiter: «Frauen sollen sich selber bleiben, denn die besten Ergebnisse erzielen gemischte Teams. Nie sollte sich eine Frau wie ein Mann verhalten wollen.»

Eine der wenigen Frauen in der Chefetage eines internationalen Konzerns, die Finanzchefin von Swiss Re, Ann Godbehere, zeigt sich froh, keine Quoten-Frau zu sein: «Umso mehr beflügelt das Gefühl, ausgewählt worden zu sein, weil man die Beste war.».

Corinna Klaus-Rüesch, neu in der Geschäftsleitung von Sun Microsystems Schweiz, ist eine der Ausnahmefrauen, die Kinder und Topjob unter einen Hut gebracht haben. Grund für den Frauenmangel sieht sie beim nach wie vor ungenügenden Angebot von flexiblen Arbeitszeitmodellen und Tagesbetreuungsplätzen. «Letztere müssten für den Mittelstand bezahlbar sein», fordert sie.

Da Frauen in der Teppichetage so rar sind, stechen ihre Abgänge besonders ins Auge so letztes Jahr bei der Swissmetal-Chefin Nadine Minnerath. Aber auch die Ernennung von Frauen fällt auf: Kürzlich wurde Yvonne Simonis, welche seit 2002 bei Swissmetal tätig ist, zur neuen CFO ernannt. Zur Frauenförderung sagt sie: «Frauenquoten befürworte ich nicht, mir ist die Kompetenz-Förderung von Frauen sowie Männern wichtig.»

Gegen Sonderrolle

Laut dem letzten weiblichen Geschäftsleitungsmitglied der Swisscom, Esther Häberling, ist es für eine Änderung hin zu mehr Frauen unerlässlich, dass die Problematik laufend thematisiert wird. Notwendig sei zudem, mehr über weibliche Vorbilder zu berichten, die in Kaderpositionen tätig sind. «Eine spezielle Frauenförderung finde ich heikel. Die Wirtschaft weist den Frauen damit eine Sonderrolle zu.» Sie selber habe es als nicht sehr angenehm empfunden, als ihr frühere Arbeitgeber die Teilnahme an speziellen Förderprogrammen angeboten hätten. Es habe ein Unterton mitgeschwungen: «Aha, da hat es eine Frau. Die braucht eine Sonderbehandlung, damit sie es im Unternehmen überhaupt zu etwas bringt.» Chancengleichheit könne man nicht per Dekret verordnen.

Frauen brauchen Taktik

Hier herrscht Konsens unter den Businessfrauen. Natürlich hätten Frauen einiges nachzuholen, etwa was tragende Netzwerke betrifft, führt Barbara Remund, Geschäftsleitungsmitglied der Bern-Lötschberg-Bahn, aus. Mal oben angelangt, bleibts für Frauen hart: «In Unternehmensleitungen herrschen bestimmte Regeln vor bezüglich Macht und Kommunikation. Frauen sind nicht bereit, alles zu übernehmen und mitzutragen.» Immerhin, ganz so garstig wie vor zehn Jahren sei es nicht mehr, findet Barbara Höhn, seit drei Jahren Finanzchefin von Globus: «Die Männer sind heute gegenüber Frauen weniger skeptisch.» Sie appelliert auch an die Eigenverantwortung der Frauen bei der Karriereplanung: «Die Taktiken der Frauen sind noch zu wenig ausgebildet.» Im Gegensatz zu Frauen, würden sich die Männer ihre Strategien ausdenken. Höhn: «Die Art und Weise, wie Männer an die Spitze gelangen, ist nicht zufällig.»

Barbara Kux: Frauen im «Krieg um Talente» entscheidend

Die Schweizerin Barbara Kux ist eine der wenigen Frauen in der Führung eines internationalen Konzerns. Vom US-Magazin «Fortune» wurde sie 2003 in einer Rangliste der 500 weltweit einflussreichsten Managerinnen auf Platz 12 eingestuft. Für die Topmanagerin, seit Oktober ist sie Vorstandsmitglied von Royal Philips Electronics in Holland, ist der Frauenanteil in internationalen Konzernen nicht in erster Linie eine Gleichstellungs-, sondern eine Wettbewerbsfrage. «Im Zeitalter des Ideenwettbewerbs sind Ideen entscheidend, und es ist erwiesen, dass in durchmischten Teams mehr Ideen entstehen», sagt sie der «HandelsZeitung». Die Heterogenität das heisse Diversität in Bezug auf Geschlecht, Alter, Kultur, Nationalität und Einstellung von Mitarbeitern sei wettbewerbsentscheidend. Deshalb sagt die 50-Jährige, die in ihrer Karriere Leadpositionen bei Nestlé, McKinsey, ABB und Ford Europa inne hatte, zur Frauenförderung: «Die Förderung von Heterogenität, die auch Frauenförderung beinhaltet, ist für Unternehmen entscheidend.»

Sie freue sich, dass sich der Frauenanteil in Schweizer Unternehmen in den letzten Jahren leicht erhöht habe. Doch die Schweiz könne noch vom Ausland lernen, wo die Frauen in Unternehmen wesentlich stärker vertreten seien. Sie denke etwa an skandinavische Länder: «Bei einem Schulsystem, wo Kinder ab drei Jahren den Kindergarten besuchen, gibt es für Frauen mehr Möglichkeiten, den Beruf weiter auszuführen, und gleichzeitig lernen die Kinder sehr früh, sich in grössere Teams zu integrieren.» Die Schweiz müsse nicht alles übernehmen, doch es gäbe gute Modelle von Ländern auch innerhalb Europas.

Auch auf Unternehmensebene sei man im Ausland einiges weiter, wenn es darum gehe, Frauen mittels flexiblen Arbeitszeitmodellen zu ermöglichen, Familie und Karriere zu vereinbaren. Sie befürworte es, wenn Konzerne Transparenz über Frauenanteile in Führungsteams und Förderprogramme herstellten. Philips sei gerade dabei, ein solches Programm einzuführen. Kux ist gegen Quoten: «Man soll die besten Männer und Frauen nehmen und Ziele setzen what get's measured get's done.»

Den Aufstieg müsse Mann und Frau sich hart verdienen. Grundlage sei eine sehr gute internationale Ausbildung sowie Konsequenz.