Das ist nicht mein Restaurant», sagt Michel Péclard, Chef des Gastrounternehmens Pumpstation Gastro GmbH, an einem sonnigen Freitagmittag in seiner Gartenbeiz Pumpstation. Das Restaurant an bester Lage auf der Zürcher Seepromenade hat er vor acht Jahren gegründet, sein erstes. Es dürfte im Sommer das am meisten frequentierte Stadt-Restaurant sein.

Wenn er hier auftrete, verstehe er sich nicht als Besitzer, sondern als Coach. Den Angestellten sage er, die «Pumpi» gehöre ihnen. Es störe ihn nicht, wenn ihn seine Bekannten manchmal verdutzt fragten, wieso seine Geschäftsführer sagten, das Restaurant gehöre ihnen. Hauptsache seine Angestellten fühlten sich als Chefs mit voller Verantwortung.

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Der 37-jährige Gastronom aus Kilchberg ist ein ungewöhnlicher Vorgesetzter, auch bezüglich Lohn. Um sie zu Höchstleistungen anzuspronen, verdienen die Mitarbeiter der «Pumpi» 9% des Umsatzes, den die Beiz einnimmt nicht mehr und nicht weniger. Das sei mehr als der Mindestlohn und manchmal bis zu 8000 Fr.

Eine typische grosszügige Geste

Péclards lockere Haltung ist überlegt. «Wenn man die interne Kommunikation durch Geiz oder Controlling unterbricht, wäre dies kontraproduktiv», lautet sein Credo. Wer gegenüber seinen Leuten grosszügig und ehrlich sei, werde von ihnen auch so behandelt.

Unkonventionell, aber kalkuliert, ist auch die Tatsache, dass er die Buchhaltung für seinen 100-Mitarbeiter-Betrieb selber von zu Hause aus macht. Auch wenn er nicht jeden Rappen umdreht, hat er seine Gastrogruppe unter Kontrolle. «Indem ich die Buchhaltung für meine Betriebe selber erledige, kenne ich die Umsätze und die Schwankungen sehr genau.»

Um zwölf Uhr belebt sich die Seepromenade, die Sitzplätze unter den Kastanienbäumen bei der «Pumpstation» sind begehrt. Vielleicht liegt es an Péclards Beobachtungsgabe, dass seine sechs Betriebe so gut ankommen. «Ich frage mich, was diese gehetzten Manager wollen», sagt er. Die hätten doch alle genug von weissen Tischtüchern, Appetithäppchen und chic durchgestylten Restaurants. Was Managern richtig Freude bereite, sei eine schmackhafte Bratwurst und ein «chnuschpriges Büürli» - ganz einfach und nur von bester Qualität. Und: «Wir machen Umsatz, das ist enorm.»

Einschlagend ist der Erfolg auch beim Restaurant Tramstation an der Sihl, wo vorher ein Kebabstand war. Er habe die Station mit Bühnenbildnern umgebaut - das sei billiger als mit Innenarchitekten. Zudem befinde sich die Gastronomie in einem solchen Wandel, dass man gar nicht mehr teuer bauen dürfe. Jetzt koche dort im Obergeschoss ein Koch mit 16 Gault-Millau-Punkten.

Nur harmonisch läuft es allerdings nicht immer. Er erzählt: Als sein Speiselokal Münsterhof in der Innenstadt eine Saison sehr viel Umsatz gemacht habe, sei im Personal das Gerücht kursiert, der Péclard verdiene sich eine goldene Nase. Als er den Neid spürte, lud er alle Angestellten ein, um in die Bücher des Restaurants zu schauen. Sie hätten sich dann zwei Stunden über die Zahlen gebeugt. Sie seien erstaunt gewesen über den Aufwand, den es brauche, für ein wenig Gewinn. Péclard lacht: «Ab dem nächsten Tag brauchten sie beispielsweise nur noch die Hälfte des Abwaschmittels.»

Sein Gastrorezept funktioniert. Während die letzten Jahre in der Gastronomie Gejammer über den harten Überlebenskampf dominierte, hat Péclard ein Lokal nach dem anderen eröffnet, und sie laufen alle hervorragend. Schon länger etablierte Gastrokonkurrenten attestieren ihm eine gute Nase fürs Geschäft. «Der Markt gibt ihm Recht», sagt einer. Péclard sein ein gewiefter junger Mann, der wisse, um was es gehe.

Trotz Erfolg wird er noch angezweifelt. So geschehen, als er kürzlich an der Hotelfachschule Luzern, wo er einen Tag je Woche unterrichtet, den Studenten sein Finanzkonzept für das neuste seiner Gastrokinder, das Café Felix, vorstellte. Die Studenten glaubten nicht, dass die Rechnung mit dem teuren Warenaufwand für die Teuscher-Produkte im Café aufgehen könne, das er zusammen mit Adolf Teuscher, Besitzer des gleichnamigen Betriebes, betreibt. Tatsache sei aber, das kürzlich eröffnete Café am Ende der Bahnhofstrasse laufe grandios trotz unbescheidenen Preisen. Péclard: «Ich glaube, dass sich viele Gäste sagen, wenn Du schon einen Kuchen isst, dann nur Hochqualität, egal, was es kostet.» Er selber - der lieber isst als kocht - sage sich: «Wenn ich schon dick essen gehe, dann halt nur das Beste.»

Obwohl sich Péclard als Zahlenmensch sieht, entscheiden tut er oft mit dem Bauch. Den neuen Geschäftsführer des Café Felix habe er hinter einer Bar beobachtet und ihn so überzeugend gefunden, dass er ihn gleich angefragt habe.

Woher nahm Péclard, der nach der KV-Lehre die Hotelfachschule gemacht hat und von deren Direktor er als «einziger extravertierter Buchhalter, den er kenne», bezeichnet wurde, die Idee, eine versprayte Pumpstation in eine Gartenbeiz umzuwandeln? Alles sei aus einem Krach zwischen seiner Cousine, Janka Schenker, und ihm entstanden. Zuvor hätten sie zusammen einen Stand am Züri-Fest 1991 geführt und Umsatz gemacht wie verrückt. Eines Tages seien sie dann hier unten am See gestanden und hätten sich gestritten. Sie meinte, er mache halt sowieso alles besser. Darauf habe er ihr gesagt, «wenn Du hier eine Gartenbeiz hinkriegst, dann bist Du definitiv besser als ich». Zusammen hätten sie zwei Jahre gekämpft, um die Pumpi zu kriegen.

Niemand glaubte an den Erfolg, niemand wollte sie finanziell unterstützen. Am Ende habe die kleine Brauerei Rosengarten in Einsiedeln 100000 Fr. beigesteuert. Dieser bleibe er treu. Die internationalen Brauereien, die nach Einstellen des Erfolgs bei ihm um jeden Preis einsteigen wollten, habe er abgewiesen.

Auch schon gestrandet

Heute lässt sich Péclard im Ausland inspirieren. Er reist rund zwei Monate im Jahr in der Welt herum. Inspiration sei ihm auch die sinnliche, einfache iranische Küche, die er durch seine Frau, eine Ärztin aus dem Iran, kennen lernte.

Fantasien, irgendwo eine Beiz aufzumachen, haben noch viele, wieso sind seine Projekte erfolgreich? Eine Garantie für das Gelingen hatte Péclard nie. Am Anfang standen Schulden und das Risiko. Er sei auch schon kurz vor dem Konkurs gestanden. Sein Rezept: «Wer in der Gastronomie etwas anreisst, weil er davon ausgeht, damit zu verdienen, wird scheitern.» Zum Reüssieren brauche es Mut und Freude am Geschäft. Die Freude kauft man ihm gerne ab. Von ihm geht eine einladende gesellige Atmosphäre aus, die auch seine Gaststätten versprühen.

Sein nächstes Gastroabenteuer: Am Paradeplatz eröffnet er eine Bar, wo die Gäste selber den Barman stellen können sowie ein Restaurant bester Qualität auf einfachstem Niveau, wo die Gäste Kartoffeln auf dem Feuer selber rösten können.

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Zur Person: Steckbrief

Name: Michel Péclard

Funktion: Inhaber und Chef, Pumpstation Gastro GmbH

Alter: 37

Wohnort: Kilchberg, ZH

Familie: Verheiratet, zwei Söhne; drei und sieben Jahre

Ausbildung: Eidg. Fachausweis für Buchhalter

Karriere

1994-2001: Leiter Administration/Finanzen an der Schweizerische Hotelfachschule (SHL) Luzern

1995 bis heute: Dozent Rechnungswesen an der SHL

1998 bis heute: Geschäftsführer Pumpstation Gastro GmbH

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Führungsprinzipien

1. Führen: Sich als Coach und nicht als Führungsperson sehen.

2. Absolutes Vertrauen in die Geschäftsleitung und Delegieren motiviert zu Höchstleistungen und Verantwortungsgefühl.

3. Ehrlichkeit als Voraussetzung sonst knallhartes Reagieren.

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Firma

Pumpstation Gastro GmbH erzielt mit sechs Gastrobetrieben (Münsterhof, Pumpstation, Tramstation, Wildpark Langenberg, Kiosk Hafen Riesbach, Café Felix) und gegen 100 Mitarbeiter rund 10 Mio Fr. Umsatz im Jahr. Im Oktober wird der «Grill» am Paradeplatz eröffnet.