Der Vater einst Prediger, die Mutter Übersetzerin, die Töchter Lehrerinnen, ein Sohn Pfarrer, einer Coach. Und dann gibts da noch die beiden Werber Aebi: Jean Etienne, Kreativchef bei Publicis, und Geri, seit Frühling Chef von Wirz Werbung.

Geri Aebi, für viele in der Branche «der andere Aebi», sitzt in seinem Büro, das sich den Anschein leistet, als ob es nur höchst sporadisch von einem Volontär bezogen würde. Ein Tisch, ein Laptop, fünf Rudimentärstapel Akten. Ein paar Zeitungen, was es für einen Werber halt so zu lesen gilt: Wirtschaftsblätter, Gesellschaftsmagazine. That's it. Ein Raum aufs Wesentliche reduziert, alles sehr modern, sehr aufgeräumt. Keine Spur von kreativem Chaos, wie wir es aus hippen Soaps und drögen Streifen kennen.

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Geri Aebi, CEO der renommierten Wirz Werbung AG, scheint sich aus Überzeugung an den Grundsatz zu halten, wonach einer guten Kampagne nicht mehr als ein weisses Blatt Papier zu Grunde liegt, auf dem mit hundskommunem Bleistift eine Idee fixiert wird. Vielleicht, so der zweite Gedanke, liegt sein Hang zum Aufgeräumten auch am Geburtsdatum: Der 44-Jährige ist Jungfrau im Sternzeichen. Und die sind für ihre mitunter pedantischen Züge berüchtigt.

Die Angst vor dem leeren Blatt Papier

Kurzgeschnittenes, grau meliertes Haar, ein dunkelbrauner Rollkragenpulli, der auf den ersten Blick so gar nicht zur anthrazitfarbenen Hose passen will modepolitisch indes für aufgeschlossene Korrektheit steht; ein Gesicht, das Entschlossenheit wie auch Humor und Schlagfertigkeit verrät. Die Worte, nach denen Aebi greift, erklärt er einen Umstand, ein Ereignis, sind treffend und so gefärbt, dass sie unweigerlich Lockerheit und ein Gefühl für Zeitgeist signalisieren. Die Werbekampagne für Uhrenhersteller IWC (diejenige mit den auf ein rein männliches Publikum zielenden Sprüchen) ist «einfach geil», wer bei einer Präsentation nicht reüssiert, der «stinkt ab».

Frage: Herr Aebi, müssten Sie in eigener Sache werben, für Ihre Person also, unter Zuhilfenahme welcher Slogans würde dies geschehen? Der Bleistift ruht, lic.oec.publ. Aebi lässt die Augäpfel in Richtung rechte Gehirnhälfte rollen, dann, drei Worte, ganz spontan: «Besser weil gut.» Ein Ächzer, ein Handwischen, nein, zu abgedroschen, zu eingebildet, plump, humorlos. Das geht besser. Das einstige Talent des FC Seefeld Alt-Nati-Rekordspieler Heinz Hermann soll im Penaltyschiessen gegen ihn alt ausgesehen haben verspricht noch für den gleichen Tag einen ausgereifteren Slogan.

Der wird ihm wahrscheinlich zufliegen, irgendwann, irgendwie, irgendwo, so wie es meist der Fall ist, geht es darum, eine Botschaft knapp und kokett auf den Punkt zu bringen. Mit offenen Augen, Ohren und Mund durch die Welt gehen das sei die wohl wichtigste Fähigkeit, über die ein Kreativer, eine Kreative von Natur aus verfügen müsse. Die Erlebnisse und Ideen auszuarbeiten und in für Kundschaft und Konsumenten nachvollziehbare Botschaften zu verpacken, eine zweite.

«Gut schreiben können auf dieser Welt viele, gut texten weit wenigere», bemerkt Aebi. Der Unterschied zwischen beidem bestehe primär darin, dass das Texten auf Geheiss und Termin zu geschehen habe, ein Umstand, der viele kreativ gestimmte Schreiberlinge schon mal in die Nähe des Wahnsinns treibe. «Die Angst vor dem leeren Blatt Papier kennt in unserer Branche wohl jeder und jede. Mit der Zeit allerdings stellt sich so sollte es jedenfalls sein ein gesundes Vertrauen in sich selber und sein Können ein, man weiss, dass es schon klappen wird, wenn es darauf ankommt. Erlangt man dieses Gefühl der Sicherheit nicht, so geht man daran zu Grunde.»

Aebi, jüngster Sohn eines Predigers und einer Übersetzerin aus Zürich-Hottingen, hat seinen Hang zum Texten und Werben während des Studiums der Betriebswirtschaft entdeckt. Irgendwann habe er erlickt, dass mit dem Verfassen von Broschüren und Prospekten mehr Geld zu verdienen war als mit dem Paketsortieren auf der Post. Viel lustbetonter und weniger schweisstreibend sei die Denkarbeit auch noch gewesen. Aus dem Nebenjob wurde im Zuge der Berufsfindung der Hauptbroterwerb. Nach dem Studium, das er, wie er augenzwinkernd festhält, anders als viele seiner Kollegen auch wirklich abgeschlossen habe, stieg Aebi bei Bruder Jean Etienne und dessen neu gegründeter Werbebude als Juniortexter ein.

Zuerst nach Wien,dann zu Wirz

Von einem Gemisch aus Euphorie und Ahnungslosigkeit sei er damals getrieben worden, im Hinterkopf allerdings mit dem beruhigenden Gedanken, aufgrund seines Studiums auch ins Marketingfach wechseln zu können, sollte es mit der Werbung nicht klappen. Der Notfallschirm allerdings blieb, wie ergo beweist, unangetastet.

Nach vier Jahren bei Aebi & Partner zog es den damals 28-Jährigen nach Österreich. Sein beruflicher Weg führte ihn von Demner & Merlicek zur GGK Wien (heute Lowe GGK), wo er anfangs als Creative Director, später als geschäftsführender Gesellschafter verantwortlich zeichnete. 15 Jahre lebte und arbeitete der mit einer ebenfalls aus der Werbebranche stammenden Schweizerin verheiratete Aebi in Wien. Eine Zeit, die er nie und nimmer missen möchte. Die Stadt, die Ambiance, der berühmte Wiener Schmäh; einfach sei es ihm wirklich nicht gefallen, zu Beginn dieses Jahres Abschied von alledem zu nehmen.

Lange habe er denn auch gebraucht, um Mitarbeiter und Freunde über seinen Abgang zu informieren. Doch das Angebot, welches ihm Jost Wirz, VR-Präsident der Wirz Partner Holding, die zwölf im Kommunikationsbereich tätige Firmen vereinigt, unterbreitete, war zu verlockend. Als CEO und künftiger Mitbesitzer der Wirz Werbung repräsentiert Aebi ein mittlerweile traditionsreiches Unternehmen mit klingendem Namen und einem Team von 80 Mitarbeitenden. Kommt hinzu, dass sich Aebi bei weitem nicht zu alt für eine berufliche wie geografische Neuorientierung gefühlt hat. «Und für die Kinder war es wohl der letzte Zeitpunkt, um problemlos die Schule und das Land wechseln zu können», so Aebi, der mit seinem Antritt bei Wirz an der Zürcher Uetlibergstrasse einen neuen, höchst stilvollen Firmensitz beziehen konnte.

Brüderliches Duell

Dass dieser nur erstellt worden ist, um Aebi II aus Wien wegzulocken, ist aber nicht wahr. Ein anderes Gerücht schon eher. Die berühmten ADC-Würfel nämlich, mit denen der Art Directors Club alljährlich überaus gelungene Kampagnen auszeichnet, protzen im neuen Wirz-Bau nicht in Vitrinen, sondern zieren seit der Einweihungsparty als schnöde hingeworfenes Wurfgut den Innenhof bei der Eingangspforte.

Die Konstellation will es, dass Aebi künftig wohl vermehrt als in den letzten Jahren seinem Bruder Jean Etienne, der bei Publicis die kreative Kelle schwingt, über den Weg laufen wird. Sei es bei Präsentationen, sei es auf gesellschaftlichen Anlässen, wenn die Branche wieder einmal ihre Exponenten und sich selber feiert.

Dass der Name Aebi im Schweizer Werbekuchen in erster Linie mit Jean Etienne Aebi gleichgesetzt wird, damit bekundet der fast 15 Jahre jüngere Geri keine Mühe. Er nimmt es mit Humor: «Die Zeit», so sein träfes Statement, «läuft eindeutig für mich.» Sowieso, für ihn wie seinen Bruder sei es kein Problem, in direkter Konkurrenz zueinander zu stehen. «Mir scheint vielmehr, als ob dieser Zweikampf verkrampft herbeigeschrieben werden müsste.»

Als Nummer zwei fühle er sich auf jeden Fall nicht, sagt Geri Aebi. «Dem ist auch noch nie so gewesen, selbst als ich bei meinem Bruder als Juniortexter gearbeitet habe, dachten viele Leute, es sei Zufall, dass ich denselben Namen wie der Chef trage.» Insofern misst er dem Familienband auf geschäftlicher Ebene eher wenig Bedeutung bei.

Sein Visitenkärtchen weist Aebi als CEO aus, als Vorsitzenden der Geschäftsleitung. Ein Titel, der für Verantwortung, viel Planung, viel Arbeit steht. Kaum aber für Spielerei und Spinnerei ein Alptraum also für jeden Kreativen. Aebi winkt ab: «Ich bin kein Verwalter und werde auch nie zu einem werden.» Er verweist auf die mit 80 Mitarbeitenden, KMU-Strukturen aufweisende, überschaubare Firmengrösse und betont, sich noch immer über jede laufende Kampagne selber ins Bild zu setzen. Nach aussen, für die Kunden, sei er nun eben der Kopf, der als Nachfolger von Hans-Ulrich Schweizer den Namen Wirz verkörpere. Nach innen allerdings will er sich das Mitstudieren, Mitspintisieren, Mitkreieren nicht nehmen lassen. Dafür ist Aebi viel zu sehr Werber.

Das leere Blatt Papier übrigens ist an diesem Tag auch nicht leer geblieben. Sollte Aebi für seine Person werben, und dies gerade zum jetzigen Zeitpunkt, sein Slogan hiesse: «Mit Aebi Wirz was!»

Steckbrief

Name: Geri Aebi

Geboren: 5. September 1958 in Zürich

Zivilstand: Verheiratet, zwei Söhne (10 und 7 Jahre)

Ausbildung: Lic. oec. publ.

Funktion: CEO Wirz Werbung AG (seit April 2002)