Die anhaltende Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft und die über den Erwartungen liegenden Gewinne geben zwar Anlass zu verhaltener Zuversicht, doch die hohen Bewertungen und Abwärtsrisiken deuten auf eine erhöhte Volatilität in nächster Zeit hin. Für Anleger, die eine weitere Abschwächung der Volkswirtschaft in der Eurozone oder den USA als wahrscheinlich erachten, rückt die Anlageklasse Infrastruktur wieder in den Fokus. Infrastruktur-Unternehmen sind besonders krisenresistent, da sie häufig auf Geschäftsmodellen mit unelastischer Nachfrage und gut prognostizierbaren Cashflows basieren. Die Robustheit der Geschäftsmodelle zeigte sich bereits in vergangenen Krisenzeiten: Während die Erträge am breiten Aktienmarkt oft eingebrochen sind, blieben sie bei Infrastruktur-Unternehmen stabil.

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Abgesehen vom Jahr 2020, als Flughäfen und Mautstraßen pandemiebedingt kaum genutzt wurden, konnten Infrastruktur-Unternehmen das operative Ergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) in jedem Jahr steigern – auch während des Platzens der Dotcom-Blase und während der Finanzkrise. Innerhalb des Sektors Infrastruktur gibt es jedoch deutliche Unterschiede, denn zyklischere Infrastruktur-Segmente, beispielsweise aus dem Bereich Transport und dem traditionellen Energie-Sektor, waren teilweise noch volatiler als der breite Aktienmarkt.

Fokus auf konjunkturunabhängige Infrastruktur

Im aktuellen Umfeld sind vor allem Segmente mit Treibern gefragt, die nicht von der Konjunktur abhängen. Dazu gehören Unternehmen aus dem Bereich Digitale Infrastruktur, wie Equinix und Crown Castle, weil sie sich in allen Phasen des Konjunkturzyklus auf stetige Cashflows verlassen können. Betreiber von Rechenzentren profitieren zudem vom Boom der künstlichen Intelligenz, denn auf den Servern in Rechenzentren findet im Hintergrund die Hochleistungs- Datenverarbeitung statt. Hinzu kommen bei den Betreibern von Strom- und Telekommunikationsnetzen sowie von Funkmasten oft an die Inflation gekoppelte Vergütungen, welche zeitverzögert umgesetzt werden und Gewinne zusätzlich stützen. Gute Chancen haben hier Inwit und Cellnex.

Über den Autor

Johannes Maier ist Portfolio Manager für Infrastruktur-Aktien beim Asset Manager Bantleon

Aber auch Wasser-Infrastruktur ist im aktuellen Umfeld attraktiv für Anleger, weil die Nachfrage nach Wasser in jeder Konjunkturphase vorhanden ist. Darüber hinaus bietet das Segment speziell in den USA enormes Potenzial zur Konsolidierung, weil der Markt noch stark fragmentiert ist. Die Skalierbarkeit des Geschäftsmodells von regulierten Versorgern wie American Water kann dabei zu großen Effizienzgewinnen führen.

Bewertungsunterschiede bieten Aufholpotenzial

Für eine relativ gute Wertentwicklung von Infrastruktur-Aktien in den nächsten Monaten spricht zudem, dass die Bewertungen von Infrastruktur-Aktien seit Jahresbeginn im Gegensatz zum breiten Aktienmarkt günstiger geworden sind. Während der Kursanstieg des breiten Aktienmarktes in Form des MSCI World fast ausschließlich auf gestiegenen Bewertungen beruht, ist bei globalen Infrastruktur- Aktien ein leichter Rückgang der Bewertungen festzustellen (siehe Abbildung). Die operativen Ergebnisse von Infrastruktur-Unternehmen sind im gleichen Zeitraum aber mit 8% deutlich stärker gewachsen als die Ergebnisse der Unternehmen im MSCI World (+0,8%). Ihre Aktien haben demnach noch viel Aufholpotenzial.

Auch günstige Bewertungen (EV/EBITDA) sprechen für Infrastruktur-Aktien.

Auch günstige Bewertungen (EV/EBITDA) sprechen für Infrastruktur-Aktien.

Quelle: ZVG

Zudem besteht bereits seit einigen Jahren ein erheblicher Bewertungsunterschied zwischen börsenkotierten Infrastruktur-Unternehmen und Direktanlagen. So hat der Immobiliendienstleister CBRE zwischen 2016 und 2022 insgesamt 120 Infrastruktur- Transaktionen mit vergleichbaren börsenkotierten Firmen verglichen und einen durchschnittlichen Bewertungsabschlag von 29% bei börsenkotierter Infrastruktur ermittelt. Weil die zugrunde liegenden Vermögenswerte sehr ähnlich sind, wird sich dieser enorme Bewertungsabstand früher oder später wieder relativieren. Der steile Zinsanstieg der vergangenen Monate könnte nun ein Auslöser dafür sein. Eine Beimischung von börsenkotierter Infrastruktur im Depot erscheint somit sowohl taktisch als auch strategisch derzeit günstig.