Am 29. September ist Schluss. Wie die Migros bereits im August mitteilte, schickt sie ihren Online-Dienst My Migros in die ewigen Liefergründe. Das Pilotprojekt der Migros Aare, gestartet 2019, weicht dem firmeneigenen grossen Lieferdienst Migros Online. 

Auf der Website von My Migros werden die geschätzten Kundinnen und Kunden aktuell so verabschiedet: «Bestehenden My-Migros-Kunden steht der Service von My Migros bis zum letzten Liefertag zur Verfügung.» Verbunden wohl mit der Hoffnung, dass diese danach auf Migros Online wechseln.

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Farmy: «Wir stellen Leute von My Migros ein»

Pünktlich zum Todestag von My Migros macht sich Konkurrent Farmy mit Plakaten bemerkbar. Auf den Affichen, zielrein angebracht im (ehemaligen) Liefergebiet von My Migros, pappt der kecke E-Commerce-Piccolo Farmy eigene Werbeplakate und solche von My Migros so zusammen, dass quasi ein nahtloser Übergang der Kundinnen und Kunden vom einen zum anderen Anbieter angeboten wird. E-Commerce-Leichenfledderei? Nein, sagt Roman Hartmann, Co-CEO von Farmy, «die Szene findet das witzig».

Farmy wolle nicht nur die Kunden und Kundinnen, sondern auch Mitarbeitende von My Migros übernehmen, sagt Hartmann: «Wir stellen ein in gewissen Bereichen und sind froh über Bewerbungen von My-Migros-Leuten. Proaktiv haben wir einigen von Ihnen via LinkedIn angeschrieben.» Dies gelte für die Bereiche Marketing, Einkauf und IT, aber auch für Kuriere und Logistikmitarbeitende. 

Händlerwerbe-Hickhack eher selten in der Schweiz

Der etwas heikle Punkt in der schalkhaften Werbeaktion dürfte wohl sein, dass sich Farmy am Logo der Migros beziehungsweise von deren sterbenden Liefertochter, bedient. «Von Migros-Anwälten haben wir bisher nichts gehört», sagt Hartmann. Die Migros Aare selber gibt sich zunächst nicht übermässig gereizt: «In der Schweiz herrscht freier Wettbewerb, und wir äussern uns nicht zur Werbung von anderen Anbietern», heisst es aus Bern.

Dass Detailhandelsunternehmen aufeinander losgehen oder sich per vergleichender Werbung ausstechen wollen, ist in der Schweiz eher selten. Neben dem einen oder anderen neckischen Social-Media-Schlagabtausch zwischen Migros und Coop trat zuletzt Aldi Suisse in Erscheinung. 

Farmy und My Migros in ähnlicher Liga

Bezüglich Umsatz spielten My Migros und Farmy in einer ähnlichen Liga. Farmy kam 2022 auf ein Verkaufstotal von 31 Millionen Franken; der Umsatz von My Migros wurde von der E-Commerce-Beratungsfirma Carpathia auf 37 Millionen geschätzt. 

Zuletzt sei My Migros stärker gewachsen als Farmy, hiess es in einer Übersicht von Carpathia. Was wohl auch damit zu tun hatte, dass Farmy den Fokus von Umsatzbolzerei auf Profitabilität umschwenkte und im Juni 2023 sein Überleben mit einer Finanzierung in extremis sicherstellen musste. Die kecke Angriffshaltung hat der Piccolo im Schweizer E-Food damit aber offenbar nicht verloren.

Andreas Güntert
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