Die Nahrungsmittelaktien sind in den jüngsten Marktturbulenzen verstärkt in den Fokus der Investoren und Analysten gerückt. «Dieser Sektor ist interessant, da die Aktien defensiv sind», bestätigt Ulrich Steiner, Analyst bei Clariden Leu. Die Aussage will er allerdings nicht generalisieren und schränkt deshalb ein: «Die kleinen Unternehmen, die sich in einer Nische spezialisieren und etablieren, haben deutlich stärker unter den volatilen Märkten und den steigenden Rohstoffkosten gelitten als die Grosskonzerne.»

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Ein Blick auf die Aktienkursentwicklung von in der Schweiz kotierten Food-Produzenten unterstreicht die Aussage von Steiner. So gehören die Nestlé-Papiere mit einem Plus von über 15% zu den besten Performern der letzten vier Wochen. Im Gegensatz dazu konnten sich kleinere Werte wie Lindt & Sprüngli oder Hiestand, die erneut sehr erfreuliche Halbjahreszahlen präsentierten, nur um rund 6,9% respektive 6,5% verbessern. Wer keine aussergewöhnlichen Zahlen vermeldete, musste gar einen leichten Kursrückgang in Kauf nehmen.



Chancen für Nischenplayer

Für sämtliche Nahrungsmittelhersteller erweisen sich die weltweit steigenden Rohstoffkosten als Belastung. Insbesondere bei Weizen, Mais oder Milch fielen die Preiserhöhungen besonders stark aus generell ist ein Aufwärtstrend festzustellen. «Man muss damit rechnen, dass die Nahrungsmittelpreise für die Konsumenten in nächster Zeit angehoben werden, da die Unternehmen die steigenden Kosten weitergeben», ist Steiner überzeugt. Angesichts ihrer Marktmacht wird dieser Schritt den Multis leichter fallen als den kleineren Produzenten, weshalb sich die Zukunftsaussichten bei einzelnen kleineren Gesellschaften, die im Bereich der «Nahrungsmittel-Commodities» tätig sind, verschlechtern.

Davon weitgehend ausgenommen sind die Nischenanbieter. Hierzu zählen Firmen wie Lindt & Sprüngli oder Hiestand, aber auch Unternehmen wie Hügli oder, in einzelnen Sparten, Emmi und Bell. Und zum Teil ergeben sich für die Firmen gar neue Chancen.

«Wenn der Milchpreis in der EU steigt, ist dies für uns grundsätzlich positiv», erklärt Ruth Stadelmann, Leiterin der Konzernkommunikation von Emmi. Eine Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Preisanpassung in der Schweiz weniger deutlich ausfällt als im Ausland und sich dadurch die Schere zwischen den Preisen in den unterschiedlichen Staaten zu schliessen beginnt. «Für einen Teil der Milchmenge wurde vorerst ab 1. Oktober eine Milchpreiserhöhung von 3 Rp. pro Kilo vereinbart unter der Voraussetzung, dass diese im Markt umsetzbar ist und die Molkereien in der ganzen Schweiz nachziehen. Die Verhandlungen gehen jedoch weiter», so Stadelmann. Gegenüber Aufschlägen von bis zu 23%, welche die deutschen Milchbauern ausgehandelt haben, fällt die Anpassung hierzulande bescheiden aus.

Auf der anderen Seite steht der Preis für ausländischen Käse seit der Liberalisierung des Käsemarktes Anfang Juni unter Druck. Für Emmi bedeutet dies vor allem beim Frischkäse einen grossen Preisdruck. In Zusammenhang mit der Frischkäseproduktion konnte das Innerschweizer Unternehmen mit den Milchproduzenten Massnahmen definieren, um der ausländischen Konkurrenz die Stirn zu bieten. «Emmi hat für das Jahr 2007 anlässlich der Bilanzmedienkonferenz auf leicht rückläufige Umsätze in der Schweiz bei den Standardprodukten aufgrund der Marktöffnung und des Preisdrucks sowie auf das Wachstumspotenzial bei Markenkonzepten und Spezialitäten hingewiesen», erklärt Stadelmann.

Neben den wichtigen Sparten Molkereiprodukte und Käse (64% vom Umsatz) stellen die Frischprodukte ein weiteres hochmargiges Standbein dar. Hier hat Emmi im Ausland Fuss gefasst und arbeitet über Kooperationen und Akquisitionen am Ausbau des Geschäfts. Am 25. September präsentiert der Milchverarbeiter sein Semesterergebnis. Bei einem Kurs um 154 Fr. erscheinen die Titel wegen des erhöhten Preisdrucks inzwischen als fair bewertet.



Bell startet gut ins 2. Semester

Wie Emmi will auch die Bell Holding längerfristig im Ausland wachsen. Dazu soll ein mittelständisches Unternehmen akquiriert werden. «Wir sind dabei, die Märkte gründlich zu sondieren», erklärt dazu CFO Martin Gysin. Noch ist aber nichts entschieden. Eine neue Wachstumsmöglichkeit eröffnet sich für den Fleischverarbeiter angesichts des gesättigten Inlandmarktes dagegen durch die Übernahme der Carrefour-Filialen durch Coop. «Das Ganze hängt aber stark von allfälligen Auflagen der Weko ab», so Gysin.

Trotz der schlechten Witterung in der Grillsaison ist Bell laut Gysin gut in das 2. Halbjahr gestartet. Nachdem die Basler dank einer deutlichen Umsatzzunahme beim Geflügelfleisch ein erfreuliches Semesterergebnis präsentieren konnten, ist es nun wie erwartet aufgrund des Basiseffektes zum Vorjahr zu einer Abflachung der Entwicklung gekommen.

Die fehlende Wachstumsdynamik führt denn auch dazu, dass die Bell-Aktien bei einem Preis um 1850 Fr. von Daniel Bürki, Analyst der Zürcher Kantonalbank, als fair eingestuft werden. Optimistischer fällt das Urteil von Vontobel-Analystin Claudia Lenz aus, die insbesondere von der deutlichen Erholung beim Geflügelumsatz positiv überrascht wurde. Sie stuft die Bell-Aktien mit «Sector Outperform» ein. Das Kursziel liegt für die Vontobel-Analystin bei 2060 Fr.

Eine verhaltene Dynamik hat Daniel Bürki schliesslich bei der Hügli Holding festgestellt und stuft die Aktien des Entwicklers, Produzenten und Vermarkters von Trockenmischprodukten deshalb auf «Marktgewichten» ein. Zurückzuführen sei dies vor allem auf das Segment «Private Label», wo der Umsatz organisch um 3,3% zurückgegangen ist. Andererseits profitiert der Bereich Industrial Food vom Outsourcing-Trend bei Fertig- und Halbfertigprodukten für die Industrie.

Im 2. Halbjahr erwartet Claudia Lenz von Hügli dagegen eine Wachstumsbeschleunigung sowie eine Ebit-Margensteigerung auf 8,5% für das Gesamtjahr 2007. Sie hält die Aktie für einen «Kauf» mit einem Kursziel von 720 Fr.