Die Grossverteiler waren von Anfang an die wichtigsten Partner der Napfmilch AG. Migros und Manor nehmen rund 20% der Milchprodukte aus Hergiswil LUab, Coop zirka 50%. «Wir profitieren von der Regionalisierung des Frischprodukteangebots», erklärt Geschäftsführer Heinz Fraefel. Die restlichen 10% bezieht die Industrie, etwa der Frischteigwarenhersteller Pastinella, der vom Hergiswiler Unternehmen die Käsefüllung für seine Teigtaschen kauft.

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Eine weitere, bedeutende Partnerin ist die ebenfalls in der Milchverarbeitung tätige Emmi AG. Dass die Emmi eine Konkurrentin der Napfmilch sei, das bestreitet Fraefel. «Im Gegenteil», betont der Geschäftsleiter, «wir arbeiten beim Einsammeln der Milch zusammen, indem jeweils einer unserer Milchwagen unterwegs ist.»

Die Wertschöpfung soll inder Region bleiben

Die Produkte aus dem Napfgebiet sind beim Schweizer Detailhandel mittlerweile so beliebt, dass der Emmi-Milchwagen die fehlende Milchmenge täglich aus den Regionen Wolhusen, Willisau, Huttwil, Burgdorf, Emmental und Entlebuch nach Hergiswil transportiert. Milch aus weiter entfernten Gebieten will man nicht verarbeiten, denn die Wertschöpfung soll in der Region bleiben. Dank der Napfmilch, so Fraefel, hat sich diese Wertschöpfung im vergangenen Jahr von 1,75 auf 3,5 Mio Fr. beinahe verdoppelt.

Als Isidor Kunz vor gut sechs Jahren 130 Landwirte aus sieben Genossenschaften im Restaurant «Kreuz» an einen Tisch brachte, war er in grosser Sorge um die Bauern in dieser Region. Er befürchtete, dass sie im Zuge der um sich greifenden Globalisierung bald keinerlei Überlebenschancen mehr hätten. Seine Idee: Die Landwirte sollten ihr Geld in Aktien einer neu zu gründenden Gesellschaft anlegen, auf dieser Basis die nötige Infrastruktur zur Verwertung von Rohstoffen wie Milch erwerben und damit letztlich Arbeitsplätze schaffen. Manche der anwesenden Landwirte trauten sich jedoch nicht, ihr Erspartes in den Topf zu werfen. «Die beiden Käsereigenossenschaften etwa stiegen aus», erinnert sich Isidor Kunz und lässt ganz nebenbei fallen: «Die eine Genossenschaft existiert ja bereits nicht mehr.» Rund 50 Bauern waren schliesslich vom Projekt überzeugt und zeichneten Aktien zu je 1000 Fr. pro 7000 l Milchkontingent. Auf diesem Weg kamen total 700000 Fr. Aktienkapital zusammen.

Erfolg mit Spezialisierung auf Nischenprodukte

Statt auf dem margenmässig aussichtslosen Frischmilchmarkt mitzustolpern, profilierte sich die Napfmilch von Anfang an als Anbieterin von Nischenprodukten. Das Unternehmen mit total sechs Vollzeitangestellten und sieben Teilzeitmitarbeitern macht sich den wachsenden Trend in Richtung Bioernährung zu Nutze. Die Spezialmilchprodukte sind frei von künstlichen Zusatzstoffen, ihre Herkunft und die Verarbeitungsmethoden sind leicht nachzuvollziehen. Die Palette wächst und wächst: Kräuterjogurts, Biomilch, Frischkäse, Kräutersirup, Bioquark oder Panna cotta alles stammt aus dem Berggebiet. Pro Woche werden rund 55 t Milch eingesammelt, der grösste Teil davon wird weiterverarbeitet. Pro Jahr ergibt das eine Milchmenge von 2,1 Mio kg.

Das Unternehmen liefert mittlerweile gar nach Hongkong. An der Biomesse in Zofingen Mitte 2000 kam der Kontakt mit einer in China lebenden Wienerin zu Stande. In China werden kaum Milchprodukte produziert und konsumiert, sie war auf der Suche nach einem Lieferanten, der an Exportgeschäften interessiert ist. Die Napfmilch ergriff die Gelegenheit seither exportiert das Unternehmen frische Biopastmilch, Frischkäse und Jogurts ins Reich der Mitte.

Die Produkte aus dem Luzerner Hinterland erreichen noch andere prominente Abnehmer. Der Betrieb belieferte zunächst die Swissair und heute einen Zwischenproduzenten der Swiss und weiterer internationalen Fluggesellschaften mit Frischkäse. Rund 1000 kg des Kräuterkäses werden pro Woche als Sandwichfüllung verarbeitet und den Fluggästen als Imbiss serviert.

Weitergehende Exportziele habe man aber nicht, versichert Geschäftsführer Fraefel. Das Hauptabsatzgebiet sei die Schweiz. Im vergangenen Jahr generierte das Unternehmen einen Umsatz von 3,8 Mio Fr., für das Jahr 2004 rechnet Fraefel bereits mit 5,5 Mio Fr. Der Gewinn soll sich derzeit auf rund 60000 Fr. belaufen. Doch: «Parallel dazu müssen wir Abschreibungen in der Höhe von 250000 Fr. vornehmen und die Bauschulden tilgen.» Vom Gewinn wird vorerst deshalb nichts übrigbleiben, auf grossartige Dividenden brauchen die rund 200 Aktionäre 50 Bauern aus der Region und 150 Sympathisanten aus der ganzen Schweiz nicht zu hoffen: «3% sind das erklärte Ziel», erklärt Fraefel.

Das Businesskonzept der Napfmilch funktioniert heute offensichtlich. Aber was ist morgen? Dazu sagt Fraevel: «Wir haben als kleines Unternehmen, in dem die Menschen wichtiger sind als Maschinen, dieselben Anforderungen zu erfüllen wie eine Grossfabrik.» Eine anspruchsvolle Aufgabe. Das grösste Risiko dabei: Ein Qualitätseinbruch. Die Napfmilch setzt darum auf umfangreiche Qualitätskontrollen und ein externes Beratungsunternehmen, das neue Produkte auf Konsistenz, Haltbarkeit und Qualität überprüft. Zudem sollen die fünf Fachspezialisten aus dem elfköpfigen Verwaltungsrat mögliche Gefahren aufdecken und das Risiko minimieren. Das Wichtigste jedoch sei das gegenseitige Vertrauen, das alle Beteiligten zu sich selber und in das Gelingen des Projektes hätten. «Wir haben schon so viel geschafft», meint der Initiant sowie Bio- und Kräuterbauer Isidor Kunz, «wir werden auch diese Aufgabe erfolgreich meistern.»

Firmen-Profil

Firma: Napfmilch AG, Hergiswil LU

Gründung: 1998 durch Isidor Kunz und 50 Bauern

Geschäftsführer: Heinz Fraevel

Umsatz: 3,8 Mio Fr.

Beschäftigte: 6 Vollzeitstellen und 7 Teilzeitangestellte

Aktionäre: 200, darunter 50 Bauern

Produkte: Frische Milchprodukte wie Biomilch,Jogurt, Käse oder Quark

Kunden: Grossverteiler wie Coop, Manor, Migros, Emmi und Verarbeiter von Milchprodukten

Internet: www.napfmilch.ch