Keine vier Jahre, nachdem der damalige französische Wirtschaftsminister und heutige Staatspräsident Nicolas Sarkozy den Streit zwischen Nestlé Waters und den französischen Gewerkschaften geschlichtet und Nestlé vom Verkauf der Marke Perrier abgehalten hatte, ist Nestlé wegen Perrier erneut in Bedrängnis. Ausgelöst hat den Konflikt die südfranzösische Gemeinde Vergèze, welche die Perrier-Quelle, in «Source Perrier-Les Bouillens» umbenannte. Mit der geografischen Bezeichnung Les Bouillens wird die Marke de facto örtlich festgenagelt.

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Der Nahrungsmittelmulti hatte die Marke Perrier, benannt nach dem Arzt Louis Perrier, der die Quelle Les Bouillens 1898 gekauft hatte, 1992 für 2 Mrd Euro übernommen.

Ein Verwaltungsgericht in Nîmes hat vergangene Woche die Klage von Nestlé gegen die Namensänderung abgelehnt. Nestlé-Sprecherin Nina Backes begründet die Klage: «Die Verbindung der Marke Perrier mit dem Ortsnamen Le Bouillens ohne Einwilligung des Unternehmens ist nicht hinnehmbar.»

Marke lokal fixiert

Was sie nicht sagt, ist, dass Nestlé nun nicht mehr wirkungsvoll drohen kann, die Perrier-Flaschen anderswo abzufüllen. Denn bei einem Rückzug aus Vergèze oder einem Verkauf der legendären Quelle, in deren Infrastruktur Nestlé 80 Mio Euro investiert und deren Produktivität sie die letzten Jahre um 20% verbessert hat, würde der Konzern die Marke Perrier – weil sie jetzt an Les Bouillens gebunden ist – verlieren. «Auf dem Spiel stehen Eigentumsrechte der Marke Perrier», sagt die Nestlé-Sprecherin weiter.

Nestlé will Rekurs einlegen

Da Nestlé die Begründung des Urteilsspruchs noch nicht vorliege, habe man den Rekurs noch nicht eingereicht. Auf jeden Fall werde Nestlé jedes Urteil anfechten, das die Eigentumsrechte der Marke Perrier angreife. Mutmassungen in französischen Medien, dass Nestlé den Fall notfalls bis zum EU-Gerichtshof in Luxemburg weiterziehe, weist die Sprecherin zurück. Das stehe derzeit nicht zur Debatte. «Nestlé wird den weiteren Verlauf des Prozesses verfolgen und entsprechend entscheiden.»

Auf die Frage, ob Nestlé allenfalls wieder Sarkozy als Troubleshooter einschalten wolle, erklärt Backes, dass die beiden Auseinandersetzungen nicht miteinander verglichen werden könnten.

Wasser ist Zukunftsgeschäft

Aus Sicht der Gemeinde Vergèze ist es ihr Recht, die Quelle umzutaufen. Mit dem Coup macht die Gemeinde für Nestlé einen Rückzug sehr teuer. Der Wert der Marke Perrier beträgt gemäss neusten Berechnungen rund 568 Mio Dollar. Sie ist damit nach Evian und Aquafine die drittwertvollste Wassermarke (siehe Tabelle). Für Nestlé Waters ist Perrier die wertvollste Marke, auch wenn andere traditionelle Mineralwasser wie San Pellegrino, Vittel, Contrex, Aqua Panna ebenfalls sehr bekannt sind. Im Moment sind es vor allem die jungen Nestlé-Mineralwasser, die überdurchschnittlich wachsen. So hat Nestlé Pure Life (in Europa unter dem Namen Nestlé Aquarel bekannt) mit einem Plus von 30% nach Nespresso am meisten zum organischen Wachstum des Konzerns beigetragen. Im Gegensatz zu den höherpreisigen Wassern wie Perrier war Nestlé Pure Life nie an eine bestimmte Quelle gebunden, sondern wird weltweit von vielen Quellen gespeist.Total steuert Nestlé Waters mit 9,6 Mrd Fr. (2006) 10% zum Konzernumsatz bei. Das Portfolio umfasst 72 Wasserbrands. Nestlé Waters beschäftigt 32000 Angestellte.

Für den Nahrungsmittelkonzern ist das Wasser ein Zukunftsgeschäft. Branchenschätzungen gehen davon aus, dass sich der Markt für abgefüllte Mineralwasserflaschen bis 2012 verdoppeln wird. Nestlé will stark in Innovationen im Wasserbereich investieren. Vor Jahresfrist sagte Nestlé-Waters-Chef Carlo Donati, der Umsatzbeitrag der innovativen Mineralwasserprodukte solle sich bis 2010 verdoppeln. Dennoch blieben natürlich abgefüllte Flaschenwasser wie Perrier das Kerngeschäft von Nestlé Waters.

In dieses Kerngeschäft passt auch die Übernahme von Henniez auf dem kleinen Heimmarkt des Konzerns. Bisher sieht es nicht so aus, als ob sich Nestlé mit Henniez gleich ein paar üble Flaschengeister miteingekauft hat.Mit der Übernahme des Waadtländer Familienunternehmens ist Nestlé mit einem Marktanteil von 25% Marktleader im Schweizer Mineralwassermarkt. Hier hatte sich Nestlé bisher auf den Import ihrer Weltmarken (Umsatz 77 Mio Fr.) beschränkt.

Dank Henniez, der stärksten Schweizer Wassermarke (Umsatz 152 Mio Fr.), verdreifacht Nestlé den Mineralwasserumsatz und übertrumpft damit auch Konkurrentin Coca-Cola, die vor einigen Jahren das Valser-Wasser aufgekauft hat.

Von Gland nach Henniez?

Es wird damit gerechnet, dass der Sitz von Nestlé Waters Schweiz von Gland nach Henniez verlegt wird. Allerdings macht Nestlé dazu noch keine Angaben. Nestlé-Sprecherin Backes sagt zur «Handelszeitung»: «Der Integrationsprozess von Henniez ist noch nicht abgeschlossen und in diesem Zusammenhang entstehende Gerüchte werden nicht kommentiert.»