Donald Trump (79) will es jetzt durchziehen. Der US-Präsident hat nach mehrfachen Drohungen am späten Donnerstagabend ernst gemacht und Mega-Strafzölle auf Pharmaprodukte angekündigt. Bereits am 1. Oktober werden die USA Arzneimittel mit einem Zoll von 100 Prozent belegen, schrieb Trump auf seinem eigenen Social-Media-Dienst Truth Social. Er hat aber eine Hintertür offengelassen für Firmen wie Novartis und Roche. Blick beantwortet die drängendsten Fragen:
1. Welche Produkte sind vom neuen 100-Prozent-Zoll betroffen?
«Wir werden einen Zollsatz von 100 Prozent auf alle Marken- oder patentierten Medikamente erheben», schrieb Trump auf Truth Social. Ausgenommen scheinen Generika. Und eine weitere, entscheidende Ausnahme gibt es: Firmen, die in den USA eine Produktionsstätte errichten, bleiben verschont. Als «Bauen» definiert Trump ausdrücklich den Spatenstich oder eine bereits laufende Bauphase. Entscheidend wird am Ende die Frage sein, ob tatsächlich schon der symbolische Baubeginn genügt – oder ob die Pharmaunternehmen konkrete Produktionspläne für den US-Markt vorlegen müssen, um den Strafzöllen zu entgehen. Ebenso unklar bleibt bislang, ob die Zollbefreiung nur für Medikamente gilt, die in den USA produziert werden – oder ob betroffene Firmen pauschal von den Abgaben ausgenommen werden.
2. Werden Novartis und Roche betroffen sein?
Die Amerikaner haben noch keine weiteren Details zu den geplanten Pharmazöllen publiziert. Klar ist: Die Nervosität ist gross. Weil die zwei grossen Schweizer Pharmaunternehmen Roche und Novartis Milliarden-Projekte in den USA angekündigt haben, könnten sie als Ausnahmefälle dem 100-Prozent-Zoll entgehen.
Fakt ist: Novartis will in den nächsten fünf Jahren 23 Milliarden Dollar in zusätzliche Fabriken und Forschungslabors in Amerika investieren. Roche plant im selben Zeitraum Kapazitätserweiterungen in den USA für 50 Milliarden Dollar. Ende August hat Roche ausserdem den Spatenstich für eine neue Fabrik in North Carolina bekannt gegeben – das könnte den Baslern nun zusätzlich helfen.
Die Analysten bei der Bank Vontobel gehen in einer ersten Reaktion aufgrund der USA-Pläne von Roche und Novartis nicht davon aus, dass Trumps Zollhammer die Basler Pharma-Giganten betreffen werden. Unklar dagegen ist die Lage bei Galderma. Der Spezialist für Hautpflege und ästhetische Dermatologie produziert bestimmte Präparate wie Neuromodulatoren ausserhalb der USA und das neue Mittel Nemluvio werde nur teilweise in den USA hergestellt.
3. Welche Folgen hätten Pharmazölle für die Schweiz?
Die Auswirkungen wären riesig. Die Schweizer Wirtschaft ist stark von der hiesigen Pharmabranche abhängig. Sie erwirtschaftet rund 10 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Rund ein Viertel aller Exporte entfällt auf die von Konzernen wie Novartis und Roche getragene Industrie. Und gleichzeitig haben sich die USA zum entscheidenden Absatzmarkt entwickelt. Mittlerweile geht die Hälfte der Pharmaexporte ins Trump-Land.
Ökonom Johannes von Mandach (31) vom Wirtschaftsberatungsunternehmen Wellershoff & Partners veröffentlichte kürzlich ein Papier zur Schweizer Chemie- und Pharmabranche. Sein Befund: «Unser Wohlstand pro Kopf wäre ohne Chemie und Pharma im vergangenen Jahr gesunken», heisst es in der Studie. Beunruhigend daran: «Dabei handelt es sich nicht um einen einmaligen Sondereffekt, sondern um einen langfristigen Trend.»
4. Wie haben die Aktienmärkte reagiert?
In Asien haben die grösseren Indizes nach Trumps Tweet leicht nachgegeben. In der Schweiz ist der SMI positiv in den Tag gestartet und hat um 0,4 Prozent zugelegt. Die Anleger reagieren bei Novartis (+0,3 Prozent) und Roche (-0,1 Prozent) gelassen auf die Nachricht aus dem Weissen Haus. Die Galderma-Aktie hingegen verliert im frühen Handel 1,4 Prozent.
5. Warum macht das Trump überhaupt?
Trump will mehr Arbeitsplätze in den USA schaffen und deshalb Produktionsstätten nach Amerika holen. Darauf baut sein Strafzoll-Regime. Bei den Pharmazöllen geht es dem Republikaner auch um tiefere Medikamentenpreise. Und letztlich ist der US-Präsident gerade aktuell auf Zusatzeinnahmen durch Strafzölle fast schon angewiesen, denn Washington droht erneut ein «Shutdown» – die Regierungsbudgets können aktuell nicht gedeckt werden.