Roger Moore würde sich im Grab umdrehen, wenn er mitbekommen würde, was derzeit in seinem geliebten Skiort Crans-Montana abgeht – und auch international für Schlagzeilen sorgt. Seit dieser Woche stehen die Bergbahnen still, nichts geht mehr. Und das trotz optimalen Bedingungen für Skifahrer.

Hintergrund der Skilift-Schliessung ist ein finanzieller Streit zwischen der Bergbahngesellschaft Crans-Montana Aminona und der Gemeide Crans-Montana um eine Summe von 800'000 Franken. Laut Bergbahn-Direktor Philippe Magistretti sollen die Steuergelder es dem Unternehmen erlauben, unprofitable, aber für die Region touristisch wertvolle Projekte – wie Weltcup-Rennen – zu realisieren und das Skigebiet länger offenzulassen.

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Unmittelbar nach dem Abstellen der Lifte konterte die Gemeinde, sie verstehe den Entscheid, der dem Image der Region enormen Schaden zufüge, nicht. Die Gemeinde unterstütze die Bergbahnen finanziell bereits erheblich.

Touristische Sticheleien

Die kleine Krise im Wallis hat bereits einen anderen Touristiker auf den Plan gerufen – im Oberengadin. In einem Videoclip ruft Markus Moser, Geschäftsführer der Corvatsch Bergbahnen, alle Gäste von Crans-Montana dazu auf, ihre geplanten Ferien statt im Engadin statt im Wallis zu verbringen. «Wer eine gültige Hotel- oder Ferienwohnungs-Reservation von Crans-Montana vorlegen kann, bekommt bis Saisonschluss am 6. Mai einen Wintersporttag im Skigebiet Corvatsch und Diavolezza geschenkt», so Moser.

Mosers Stichelei gegen seinen Amtkollegen Magistretti kann auch als Stichelei zwischen zwei schwerreichen Investoren gelesen werden.

Tschechischer Milliardär gegen griechische Dynastie

Denn in Crans-Montana hat der tschechische Milliardär Radovan Vitek das Sagen – auch bei den Bergbahnen. Laut «Bilanz» beträgt sein Vermögen auf über drei Milliarden Franken. Gemäss «Tages-Anzeiger» ist das Immobilien-Portfolio seiner CPI Property mit Sitz in Luxemburg rund 7,5 Milliarden Euro schwer.

Demgegenüber ist das Oberengadin – und insbesondere die Bahnen am Corvatsch – der Turf der griechischen Reeder-Dynastie Niarchos. Die Familie um die beiden Brüder Philip (63) und Spyros (62) ist ebenfalls gut drei Milliarden Franken schwer und nicht aus dem Engadin wegzudenken. Ihnen gehören Immobilien, Kunst, Hotels und eine Pferdezucht. Sie sind die grössten privaten Grundstückbesitzer in St. Moritz und zählen zu den bedeutendsten Arbeitgebern im Kanton Graubünden.

Als Besitzer des legendären Dracula Clubs, des «Kronenhofs» in Pontresina sowie von 32 Luxusresidenzen und dem Fünfsternehotel Kulm in St. Moritz beschäftigen sie rund 1000 Mitarbeiter. Und: Ohne ihren Vater Stavros gäbe es die Bahnen auf den Corvatsch erst gar nicht. Bis heute ist die Familie eine wichtige Aktionärin des Unternehmens, das seit letztem Jahr auch die Bahnen auf die Lagalp und auf die Diavolezza betreibt.

«Ernüchternde Lektion»

Niarchos gegen Vitek – Moser gegen Magistretti: Tourismus-Politik à la Suisse. Für die Nachrichten-Agentur «Bloomberg», die den Streit in Crans-Montana in die Welt getragen hat, ist er kein gutes Vorzeichen für die Olympia-Kandidatur von Sion im Jahr 2026 und die Kandidatur von Crans-Montana um die Alpin-WM im Jahr 2025.

«Eine solche Schliessung von Skiliften ist für die Schweiz völlig neu", zitiert die Agentur den Lausanner Uni-Professor Jean-Loup Chappelet, Experte für öffentliche Institutionen und zuvor Direktor des Internationalen Olympischen Komitees. Und er warnt: «Schweizer Organisatoren von Sportanlässen brauchen einen Plan B, wenn sie sich auf bestehende Anlagen in Privatbesitz verlassen.» Das sei, so Chappelet weiter, «eine ernüchternde Lektion».

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