Heute ist wahrscheinlich der schlimmste Tag in der Karriere der Schweizer Biotech-Unternehmerin Andrea Pfeifer. Ihr Unternehmen AC Immune hat an der US-Börse Nasdaq heute fast zwei Drittel an Wert eingebüsst.

Der Grund für den Crash ist eine Mitteilung von AC-Immune-Partner Roche: Der Pharmakonzern hat am Mittwoch bekannt gegeben, zwei Studien mit dem Wirkstoff Crenezumab zu stoppen. Die Studien waren bereits weit fortgeschritten, der Wirkstoff ein Hoffnungsträger für Roche und für AC Immune. Er sollte den lang ersehnten Durchbruch in der Behandlung von Alzheimer bringen. Nun sorgt er – zumindest bei AC Immune – für einen GAU.

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In einer Mitteilung lässt Chefin Pfeifer ausrichten, sie sei «extrem enttäuscht». Gleichzeitig gab sie ihrem Optimismus Ausdruck, dass sich der Wirkstoff Crenezumab in einer anderen Studie noch bewähren werde. Doch davon wollten die Investoren nichts hören: Sie wollten bloss ihre Aktien loswerden.

Hopp – und weg

Besonders heftig trifft der Kurs-Crash den deutschen Milliardär Dietmar Hopp, Mitgründer des Software-Riesen SAP. Über seine Beteiligungsgesellschaft Dievini Hopp hält der Biotech-Investor knapp 27 Prozent der AC-Immune-Aktien und ist damit der wichtigste Aktionär. Auch der Schweizer Multi-Investor Rudolf Maag muss mit happigen Verlusten umgehen. Er besitzt knapp 17 Prozent der Titel.

Drittgrösster Aktionär ist mit 7,5 Prozent die Investmentgesellschaft Fidelity, gefolgt von der Temasek Holding aus Singapur mit knapp 4 Prozent. Gründerin Pfeifer selbst hält 3,9 Prozent der Aktien.

Während die AC-Immune-Aktionäre nach dem Flop in Panik verfielen, liess das Studien-Aus die Roche-Aktionäre kalt. Die Titel des Pharma-Riesen bewegten sich am Mittwoch kaum. Der Konzern teilte mit, er wolle die Erforschung und Entwicklung anderer Alzheimer-Mittel fortsetzen.

Die Alzheimer-Erforschung ist eine Serie von Fehlschlägen

Der jüngste Flop reiht sich in eine lange Liste von Misserfolgen bei der Entwicklung von Therapien gegen Alzheimer ein. Sie kommt seit Jahren nicht vom Fleck. Allein seit 2016 fielen experimentelle Mittel von Eli Lilly, AstraZeneca, Johnson & Johnson und Merck durch. Auch Pfizer stellte im vergangenen Jahr die Entwicklung von Medikamenten gegen Alzheimer ein.

Mehr als 100 klinische Studien erbrachten bislang keine wirksame Therapie für die schnell fortschreitende Demenzerkrankung, bei der sich im Gehirn der Betroffenen giftige Eiweissklumpen ansammeln, welche die Nervenzellen schädigen. Die gegenwärtigen Medikamente können lediglich die Symptome lindern.

Weltweit leiden nahezu 50 Millionen Menschen an einer Demenz und jährlich werden 10 Millionen neue Erkrankungen diagnostiziert. Alzheimer ist die häufigste Form der Erkrankung.

Analysten hatten dem Wirkstoff Crenezumab, den Roches US-Tochter Genentech gemeinsam mit AC Immune entwickelt, Milliardenumsätze zugetraut.

Mit Material von Reuters

Marcel Speiser Handelszeitung
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