Am alten Traum, Biokunststoffe auf Stärkebasis herzustellen, forschen viele Naturwissenschaftler seit Jahren. Stärke ist ein billiger und überall verfügbarer Rohstoff. Damit lassen sich schon länger flexible, transparente und bioabbaubare Kunststoffe herstellen - aber alle hatten bis vor kurzem einen gravierenden Fehler: Sie waren nicht wasserfest. Ausser, man modifizierte sie chemisch, was entweder teuer oder aus materieller Hinsicht unbefriedigend war.

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Als Rolf Müller seinen früheren Studienkollegen Federico Innerebner eines Tages im Jahr 2001 anrief und ihm erklärte, er habe eine Lösung für das Problem gefunden, besuchte ihn dieser noch am selben Abend. Und er entschied gleichentags, mit Müller eine Firma zu gründen. Dieser hatte einen Weg gefunden, um Makromoleküle gezielt und einfach dreidimensional zu vernetzen. Auf diese Weise kann er Gel-Systeme an spezifische Erfordernisse anpassen - rein physikalisch und ohne Zusätze.

Für Lebensmittel und Galenik

Weil dieses Verfahren grundsätzlich für beliebige Makromoleküle anwendbar ist, lag das Potenzial sofort auf der Hand: Gele werden für so unterschiedliche Bereiche wie Lebensmittel, Galenik, Werkstoffe und Medizinaltechnik gebraucht. Ebenfalls sofort erkannt haben Müller und Innerebner, dass ihnen im Bereich Vertrieb und Marketing das nötige Know-how fehlte. Beim Aufbau ihrer Firma haben sie deshalb darauf geachtet, Beteiligungspartner zu finden, die die Märkte kennen und mit Novogel gemeinsam Entwicklung und Vermarktung betreiben. Ausserdem hatten sie das Glück, Personen zu finden, die sich mit Begeisterung für Jungunternehmer einsetzen, unter anderem den Investon Henri B. Meier, der ihnen als Coach und Strategieberater zur Verfügung steht.

Das Risiko, mit ihren Partnern dereinst auch den potenziellen grossen Reibach teilen zu müssen, erschreckt Innerebner nicht: «Ich habe kein Problem damit, zu teilen, wenn es etwas zu teilen gibt. Ein Problem habe ich mit Leuten, die verdienen wollen, wo noch nichts verdient wird, ohne eigene Risiken einzugehen.» Vorderhand zehrt die siebenköpfige Belegschaft von den eigenen Mitteln. Die Preissumme von 60000 Fr, die Novogel am Venturepreis 2004 mit dem ersten Platz gewann, war eine willkommene Anschubfinanzierung.

Dass sie aus wenig viel machen können, bewiesen die beiden Gründer aber bereits bei der Einrichtung ihrer Produktionsräume: Was anderswo ausgemustert wird, dient ihren Zwecken noch lange. In Sachen Infrastruktur habe man von der ETH profitiert: «Dank ihr waren wir innert drei Wochen nach der Gründung voll operabel.» Der Austausch mit der ETH ist weiterhin rege. Novogel nutzt gelegentlich die Labors der Hochschule, es werden gemeinsame Projekte und Studien durchgeführt.

Die Geschäftsräume im Technopark wurden ihnen zu interessanten Mietkonditionen von der ETH zur Verfügung gestellt. Nächstens zieht Novogel aber um ins Biotech Center an der Wagistrasse 4 in Schlieren, wo sich verschiedene Start-up-Firmen im Life-Science-Bereich angesiedelt haben. Einerseits lockt Novogel die Nähe zu Gleichgesinnten. Den Umzug hat Innerebner aber ganz allgemein bewusst früh angegangen: «Den Übergang vom ETH-Spin-off zum eigenständigen Unternehmen schaffen viele nicht. Wir haben ihn bewusst und im Voraus und geplant.»

Der Vorausplanung zum Trotz: «Es geht alles viel langsamer, als man denkt», sinniert Innerebner. Die Kunden hätten nicht auf sie gewartet. Insbesondere grosse Unternehmen hätten lange Entscheidungswege, und selbst Kleine könnten nicht von einem Tag auf den anderen ihre Produktionsweise umstellen - selbst wenn erhebliche Kosteneinsparungen zu erwarten seien. «Firmen wollen immer ihre Invesitionen schützen und springen deshalb nicht spontan auf neue Verfahren um, auch wenn diese vielleicht besser sind», stellt Innerebner fest, der in den USA einen grundsätzlich anderen Umgang mit neuen Technologien und Risiken ausmacht: «Dort sieht man die Chance, hier hat man Angst.»

Ambitiöse Ziele

Er bedauert, dass es in Schweizer Firmen meist keine klar definierten Prozesse für den Umgang mit Innovationen gibt, auch keine Innovations-Manager wie in den USA. Immerhin: Ein paar Verträge sind inzwischen unterschrieben. Innerebner rechnet damit, dass der Break-even Ende Jahr erreicht wird. Novogels Kurs für die nächsten Jahre ist gesetzt: «Marktführerschaft im Lebensmittelbereich, in Medizin, Pharmazeutik und polymeren Werkstoffen.»

Businessplan-Wettbewerb

«Venture»

Für Firmengründer in der Anfangsphase: Die ETH Zürich organisiert gemeinsam mit McKinsey & Company Schweiz alle zwei Jahre den Businessplan-Wettbewerb «Venture». Dieser führt die Teilnehmenden von der Geschäftsidee über den professionellen Businessplan bis hin zur Finanzierung und Gründung eines Unternehmens. «Venture» ist nicht nur ein Wettbewerb, sondern gleichzeitig eine Lehrveranstaltung und ein Kontaktforum für Gründungswillige und steht allen Interessierten mit Wohnsitz in der Schweiz offen.