Wenn ein Konzernleitungs-Mitglied beschattet wird, dann muss der CEO das wissen. Wenn er es nicht wusste, «ist das entweder ein 'Wunder' – oder er kennt die Vorgänge in seiner Firma nicht»: Oswald Grübel, «Grand Old Man» der Schweizer Grossbanken-Szene, äussert sich in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» sehr kritisch über seinen indirekten Nachfolger Tidjane Thiam

Die Verteidigungslinie, wonach der CEO nichts wusste von der Beschattung des Ex-Konzernleitungs-Mannes Iqbal Khan, werde von der Öffentlichkeit leider anders wahrgenommen: «Und das schadet dem Schweizer Finanzplatz. Die ausländischen Medien platzen vor Schadenfreude. In einem Geschäft, in dem vor allem Kompetenz verlangt wird, gibt es nichts Schlimmeres, als lächerlich dazustehen.» Oswald Grübel hatte die Credit Suisse von 2004 bis 2007 und die UBS von 2009 bis 2011 als Konzernchef geleitet.

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«In dem Moment, wo der CEO zuerst an sich denkt, wird das Unternehmen nicht mehr erfolgreich sein und geht letztlich unter.»

Oswald Grübel

Dass sich wichtige Aktionäre trotzdem hinter Thiam stellen, erwachse aus einer defensiven Haltung: «Die Aktionäre wollen lieber Ruhe haben. Sie nehmen in Kauf, dass zwei der besten Manager gehen müssen, halten aber am CEO fest. Das kommt aus einer defensiven Haltung heraus. Sie haben alle bereits enorme Verluste auf ihren Beteiligungen und möchten keine weiteren Unruhen, die ihre Hoffnungen stören.»

Grübel hatte bereits Ende September in der «Schweizer Illustrierten» recht offen angedeutet, dass der CEO entlassen werden sollte – wenn die Darstellung stimmt, dass die ganze Affäre in einem privaten Gezänk zwischen Thiam und Khan wurzelt.

Verrückt!

Jeder verantwortungsvolle CEO müsse stets Prinzipien über Karriere stellen, so Grübel nun in der NZZaS: «Für den Chef kommt das Unternehmen immer an erster Stelle. In dem Moment, wo der CEO zuerst an sich denkt, wird das Unternehmen nicht mehr erfolgreich sein und geht letztlich unter.»

Grübel nutzte das Interview in der «NZZ am Sonntag» auch, um eine Abkehr von den Negativzinsen zu fordern. «Minuszinsen sind etwas Wahnsinniges. Das heisst doch: Geld ist nichts mehr wert. Man will Wirtschaftswachstum mit ständig abwertenden Währungen erzeugen. Verrückt!» Eine Folgerung auch: «Solange wir Minuszinsen haben, wird die Finanzbranche weiter schrumpfen.»

Keine CS- und UBS-Aktien

Es brauche Mut, an der Börse zu investieren: «Wenn alle sagen, die Welt geht unter, muss man kaufen. Sagen alle, es geht nur noch höher, muss man verkaufen. Ist der Markt überkauft, verkaufe ich. Ist er überverkauft, kaufe ich.»

Derzeit sei er «eher ein Käufer», sagte Grübel – wobei er etwas kryptisch hinzusetzte: «Es wird noch etwas weiter runtergehen.»

CS- und UBS-Aktien halte er derzeit nicht, sie seien auch nach Jahren des stetigen Rückgangs nicht günstig: «Nur weil eine Aktie, die einst bei 80 war, jetzt bei 10 ist, heisst das noch lange nicht, dass sie günstig ist, denn heute gibt es drei- bis viermal mehr Aktien von den gleichen Banken.»

(rap)

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