Würden Bubenträume in Erfüllung gehen, es gäbe auf Erden vor allem diese vier Berufsbilder: Lokomotivführer, Autorennfahrer, Feuerwehrmann und Guetslifabrik-Direktor. Peter Bigler ist Guetslifabrik-Direktor. Pardon, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Biscuits Wernli AG mit Sitz vor den Toren Oltens.

Seinen Beruf sieht man ihm eigentlich gar nicht an. Denn die Vorstellung, seien wir ehrlich, ist dahingehend: Wer wie der Direktor eines biscuitproduzierenden Unternehmens tagtäglich den süssesten Versuchungen zu widerstehen hat, der wird hundertprozentig irgend einmal schwach. Und das rächt sich. In Pfunden, schwerem Atem, hohem Blutdruck. Wenn nicht noch schlimmer. Von alledem, wie gesagt, überhaupt keine Spur im Falle Bigler, der, dies zur Ergänzung, allerdings auch erst seit Mai an der Spitze des Trimbacher Traditionshauses steht. Vorderhand fit wie ein Turnschuh also spurtet der 49-Jährige vom Erdgeschoss hoch in sein Büro, wo schon die erste Exquisitmischung Wernli-Guetsli auf Kostprobierer wartet.

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Nein, sagt der hochgeschossene Manager, die kleinen Sünden könnten ihm nicht wirklich etwas anhaben und nein, den Traum von der eigenen Guetslifabrik habe er als Bub nicht geträumt. Allerdings: «Das Händele habe ich doch schon in die Wiege gelegt bekommen, und weil mein Vater im Oberaargau Konsumverwalter bei Coop war, hat mich die Lebensmittelbranche stets auch fasziniert.»

Trotz allem kein «Militärgrind»

Die Lehre als kaufmännischer Angestellter indes machte er dann doch in einer anderen Branche in der papierenen. Weil es in der Nachbarschaft damals genau zwei Betriebe gegeben habe, die für einen KVler in Frage gekommen seien: Von Roll und eben Tela. Eine gute Wahl sei letzteres gewesen, ist Peter Bigler heute noch überzeugt, nicht alleine der Ausbildung wegen, sondern auch der Kontakte wegen, die sich im Laufe der Stifti ergeben hätten. «Damals war es noch gang und gäbe, dass so ziemlich jeder Chef auch im Militär ein Kader gewesen ist. Entsprechend hat man mich ermuntert, nach der RS weiterzumachen.»

Dort, in der Offiziersschule, aber auch später in seiner Funktion als Kadi, habe er in Sachen Führungsverantwortung sehr viel lernen können. Hptm Bigler, Uem Of Stab Mech Div 4 a.D. (1300 Diensttage) redet sich zunehmend ins Feuer, kommt er auf die insgesamt drei Jahre zu sprechen, während deren er vor allem «Tenü grün» trug.

Da liegt die Frage nahe: Ist Peter Bigler, der von sich selber sagt, er könne Unpünktlichkeit und Schlampigkeit nicht ausstehen, ein «Militärgrind»?

Der überlegt, schüttelt den Kopf und antwortet bestimmt: «Nein, das glaube ich nicht. Einer, der motiviert, der gerne führt, mit Leuten zusammenarbeitet und es liebt, wenn etwas geht, das ist Peter Bigler. Aber ein «Militärgrind»? Nein, das bestimmt nicht».

Sportliches Kurzarmhemd, leichte Sommerhose und dreigestreifte Sneakers; Bigler, der schon bei namhaften Unternehmen wie Haco Gümligen oder Ricola in obersten Chargen tätig gewesen ist, vermittelt mit seinem Auftreten und im Gespräch zweierlei: Dynamik und Umgänglichkeit. Er ist keiner, der den Chef um jeden Preis markiert. Sein Tonfall ist freundlich, aber bestimmt, Phrasendrescherei nicht sein Ding. Kommunikation dagegen schon.

Gerne erzählt er davon, wer ihn auf seinem Weg durch den Berufsalltag zu welchem Zeitpunkt in welcher Form beeindruckt hat. Immer seien dies Unternehmer gewesen, die gewusst hätten, wie man sich gegenüber seinen Mitarbeitern zu verhalten habe. Patrons, die ein familiäres Klima im Betrieb zu verbreiten im Stande gewesen seien. Wiesendangers bei Wida zum Beispiel, Richterichs bei Ricola auch. Aufrichtigkeit und Anstand, dies seien zwei wichtige Bestandteile jener Unternehmenskultur, die auch er als Chef vertreten will. «Bis man seine eigene Handschrift im Unternehmen lesen kann, braucht es allerdings seine Zeit», sagt der Frühaufsteher, der sich seine Fitness mit Vorliebe auf schmalen Reifen erstrampelt.

Ein Slogan, nicht totzukriegen

Nebenbei, seine drei Grundsätze im Umgang mit Angestellten lauten: Erstens: Die Würde des Mitarbeiters wird stets gewahrt. Zweitens: Ehrlichkeit währt am längsten. Drittens: Ist die Leistung top, verdient sie auch Anerkennung.

Standortwechsel. Im klimatisierten Präsentationsraum zieht Peter Bigler Bilanz seiner ersten 100 Tage als Herr im Hause Wernli (Lagebeurteilung, Organisationsstrukturen kennen lernen und verbessern, Innovationsteam einsetzen und leiten), um dann schnurstracks das Gespräch auf das neuste Aushängeschild des Solothurner Biscuitproduzenten zu lenken. Das «Petit Flirt», ein mittig gefülltes Spritzgebäck in drei Varianten, edel präsentiert in einer so der Werbespot neuartigen Biscuit-Box aus Luft und Liebe! «Biscuits?» fragt die Stimme im Off und antwortet sich gleich selber: «Wernli!». Ein Slogan, mit Verlaub, so trocken wie ein liegen gebliebenes Vogelnäschtli. Kurz und prägnant, auf den Punkt gebracht, erwidert der Marketingmann Bigler: «Wenn schon Biscuits, dann solche von Wernli». So funktioniert Werbung heute.

Fast wehmütig erinnert man sich da vorausgesetzt, der eigene Name lautet nicht wie einer der nun folgenden an die Zeiten, als jedem Zeitgenosse namens Wernli oder Werni beim Kennenlernen mit dem Kalauer «... hätt me eifach gernli» gekontert worden ist, in Anlehnung an den aus den 70er Jahren stammenden Werbeslogan «Me hätt de Wernli eifach gernli». Bereits vor über zehn Jahren aus dem Verkehr gezogen und eingemottet, klingt die Botschaft denn auch heute noch mit, wird das rote, in Form eines Petit Beurre gehaltene Firmenlogo ins Bild gerückt. «Da können Sie drauf wetten», lacht Peter Bigler, «wenn ich jemandem sage, dass ich bei Wernli arbeite, dann bringt dieser garantiert den dazugehörenden Spruch.» Und so schnell dürfte sich das wohl auch nicht ändern. Da können sich die Werber noch so sehr nach neuen Botschaften verrenken, den Wernli, den hat man einfach gernli.

Ein Verkäufer durch und durch

Und den Bigler? Welchen Slogan würde der dreifache Vater sich werbewirksam auf den Leib schreiben? Der Wernli-Chef muss nicht lange überlegen, er mag es spontan: «Bigler: Der Macher mit Sportsgeist». Seine beiden Hände zeichnen im leeren Raum einen Rahmen um die Botschaft, die kein leeres Versprechen sein soll. Er liebe den Wettkampf, den direkten Vergleich, die Herausforderung, er suche aber auch das Miteinander, sagt der Rennradler, der Anlässe wie etwa einen Gigathlon gerne mit den eigenen Firmenteams in Angriff nimmt. Was ein spannendes Wettrennen und eine dynamische Firma seiner Ansicht nach gemein haben: Den «Drive». Und die Motivation, mit der man ein Ziel in Angriff nimmt.

Bisher, und darüber ist er froh, habe er stets das Glück gehabt, mit Produkten zu arbeiten, hinter denen er voll und ganz habe stehen können. Und mit den Biscuits von Wernli verhalte sich das nunmehr nicht anders. Sagts und lässt Daumen und Zeigefinger unschlüssig über dem zum Kaffee gereichten Konfekt kreisen. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Das gilt auch für Guetslifabrik-Direktoren. Als solchem allerdings fehlt Peter Bigler, dem Dynamisator, die Zeit zum Zögern. Immerhin steht im nächsten Jahr mit dem 100. Geburtstag auch ein wichtiges, entsprechend zu kommunizierendes und zu gestaltendes Firmenjubiläum vor der Tür. Die Fingerklammer pickt sich schnell ein knusprigcremiges Japonais vom Teller. Wernlis Klassiker, Biglers Liebstes.



Profil

Name: Peter Bigler

Funktion: Vorsitzender der Geschäftsleitung Biscuits Wernli AG

Alter: 49

Wohnort: Bolligen BE

Familie: Verheiratet, drei Kinder

Karriere:

1984-1988 Haco AG, Gümligen, Leiter Aussendienst

1988-1992 Biscuits Wernli AG, Oensingen, Verkaufsleiter Schweiz

1992-2004 Ricola AG, Laufen - zuletzt Mitglied der Geschäftsleitung

Seit Mai 2004 Vorsitzender der Geschäftsleitung Biscuits Wernli AG



Firma: Wernli

Der bekannte Schweizer Biscuitproduzent wurde vor 99 Jahren durch Friedrich Johann Wernli in Trimbach bei Olten gegründet. Mitte der 70er Jahre wurde das Unternehmen vom deutschen Keks-Riesen Bahlsen übernommen, 1999 ging Wernli über in die von Nordeck Holding; hinter ihr steht Gisbert von Nordeck, Ehemann der verstorbenen Bahlsen-Erbin Andrea Bahlsen. Heute hat Wernli in der Schweiz 270 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 85 Mio Fr. Zu den bekanntesten Biscuitsorten von Wernli gehören Choco Petit Beurre, Japonais und Jura Waffel.