Sie pendeln zwischen ihrem Arbeitsort Genf und Wohnort London. Bleibt Ihnen noch Zeit, Spiele Ihres Lieblingsklubs SC Bern anzuschauen?

Peter Braunwalder: Wenn immer ich kann, besuche ich natürlich die Spiele. Umso mehr habe ich mich dieses Jahr über das Abschneiden in den Play-offs geärgert.

Wie im Eishockey wird auch im Bankenbusiness mit harten Bandagen gekämpft. Jüngstes Beispiel im Konzentrationsprozess ist die Fusion der Privatbankentöchter des Credit Suisse Group (CSG).

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Braunwalder: Das ist eindeutig ein weiterer Schritt in Richtung Konsolidierung. Für mich ist dies eine logische Entwicklung, die weitergehen wird.

Was sind die strategischen Absichten der CSG mit dieser Fusion?

Braunwalder: Ich glaube, es ist ein Schritt der Vernunft. Auch eine Grossbank kann es sich heute nicht mehr leisten, so viele kleinere Players um sich herum zu halten. Zudem: Die Bank hat mit der Umsetzung einer «One Brand»-Strategie begonnen, und die Fusion ist die Logik davon. Ich glaube nicht, dass das neue Gebilde unbedingt in Richtung IPO geht. Es sollen erst einmal Synergien geschaffen werden.

Auch Auslandsbanken in der Schweiz wollen am Konzentrationsprozess beteiligt sein. Immer wieder hört man Übernahmeabsichten, auch von Ihnen. Passiert ist aber insgesamt nicht viel. Warum?

Braunwalder: Die Akquisitionen sind schwieriger geworden. Verwaltetes Geld wird genaustens analysiert auf regulatorische, geografische und anlagetechnische Voraussetzungen. Je nach Resultat ist die zu verkaufende Institution sehr oder gar nicht interessant für einen bestimmten potenziellen Käufer. Die Konzentration auf die verwalteten Vermögen wird zudem immer höher. Banken um die 50 Mrd Fr. an Assets und darunter haben immer mehr Mühe, mitzuhalten. Die kritische Grösse wird immer höher gesetzt.

Was hat das für Folgen?

Braunwalder: In Zukunft wird es tendenziell nur noch grosse globale Player geben, die sich primär um das Relationship Management kümmern, wie etwa die HSBC, und teilweise Produkte einkaufen, Stichwort: Offene Architektur. Daneben wird es viele kleinere Players geben, die unter Umständen einzigartige Weltklasseprodukte anbieten können. Die werden überleben. Alle Institute, die dazwischen liegen und keinen bestimmten Zusatzwert bieten, werden eigenständig nicht überleben.

Von welchem Zeithorizont sprechen Sie?

Braunwalder: Das wird sich in den nächsten 10 bis 15 Jahren ereignen. Daneben wird sich auch das Umfeld verändern. Offene Architekturen im Produkteangebot etwa werden an Bedeutung gewinnen. Da haben die grossen Banken einen Vorteil.

Was beabsichtigen Auslandsbanken mit Akquisitionen in der Schweiz?

Braunwalder: Für typische Auslandsbanken, die im Ausland entstanden sind und irgendwann eine Niederlassung in der Schweiz eröffnet haben, wären Akquisitionsschritte hierzulande eine typische Vergrösserung der Masse. Dagegen betrachte ich die HSBC Private Bank (Suisse) eher als Schweizer Bank, die einer ausländischen Institution gehört. Denn wir haben mit Republic 1999 eine Schweizer Bank gekauft und treten jetzt mit dem eigenen Namen auf. Bei uns hätten Akquisitionen eher den Sinn, uns zu komplementieren mit einem Markt, in dem wir noch nicht so stark sind.

Könnten Sie sich eine Akquisition in der Schweiz mit einem Vermögensverwalter, der bis zu 50 Mrd Fr. verwaltet, vorstellen?

Braunwalder: Absolut. Das wäre ein gemeinsamer Entscheid, den ich mit meinen Vorgesetzten in der HSBC-Gruppe fällen würde.

Welche müssen sich anstrengen?

Braunwalder: Wenn jemand heute 4% bis 5% der verwalteten Vermögen für eine Bank zahlen würde, dann wäre das viel, 2% dagegen wenig. Der Preis hängt, wie vorhin erwähnt, von einer eingehenden Analyse der verwalteten Gelder ab. Deposits etwa sind weniger Wert als Verwaltungsmandate.

Würden Sie die Bank Sarasin kaufen?

Braunwalder: Sarasin ist sicher eine interessante Bank, die viele Aspekte, die ich mir vorstelle, erfüllen würde. Wir haben aber keine Kontakte.

Wie lief das 2006 in Sachen Neugeld?

Braunwalder: Der Neugeldzufluss in den ersten drei Monaten übertraf denjenigen des 1. Quartals 2005.

Und wie sehen Sie den weiteren Verlauf der Märkte im Jahr 2006?

Braunwalder: Ich habe das Gefühl, dass es im 2. Halbjahr zu einer Beruhigung kommen könnte. Wir sind nicht wahnsinnig euphorisch in dieser Beziehung.

Asien gilt als der grösste Wachstumsmarkt im Private Banking. Wo sehen Sie das grösste Wachstum in der Region?

Braunwalder: China, die Region South-East Asia, dann sicher auch Indien. Für uns spielt aber auch der Mittlere Osten eine sehr grosse Rolle, wie auch Osteuropa.

Wo verwalten Sie asiatisches Geld, in Asien oder in der Schweiz?

Braunwalder: Ein grosser Teil wird in Hongkong und in Singapur verwaltet, wie bei den Schweizer Grossbanken auch.

Zählt der Brand «Switzerland» bei den asiatischen Kunden?

Braunwalder: Als Gewichtung schon, aber nicht speziell bei uns. Wir gelten als asiatische Bank, da HSBC 1865 in Hongkong und Schanghai gegründet wurde.

Die asiatischen Kunden wollen ihr Geld tendenziell vor Ort buchen, also in Boo-king Centers. Fahren demnach die Schweizer Banken, die in Asien nur Repräsentanzen eröffnen, eine falsche Strategie?

Braunwalder: Nicht unbedingt. Sie versuchen vor allem das Geschäft aufzufangen, das von China in die Schweiz geht. Es ist natürlich eine kostengünstigere Strategie.

Die HSBC hat die Strategie, erst mit dem Kommerzgeschäft und Investment Banking Präsenzen aufzubauen, erst dann kommt das Private Banking. Das ist völlig anders als bei Schweizer Grossbanken.

Braunwalder: Ja, weil sie keine kommerziellen Banken mehr sein wollen. Sie verstehen sich als Investment und Wealth Manager. Nur in der Schweiz betreiben sie noch ein Retailgeschäft. Das wird die Strategie bleiben. Deshalb werden die Schweizer Grossbanken auch zu keinen globalen Giganten werden wie Citigroup oder HSBC. Aber sie sind erfolgreich.

Hat die UBS den besten globalen Brand im Private Banking?

Braunwalder: Ich glaube, das muss man neidlos so anerkennen.

Zum Thema Bankgeheimnis: Zählt das noch etwas bei Kunden?

Braunwalder: Nach all den Diskussionen in den Medien, die auch im Ausland geführt wurden, hat sich das Bewusstsein der Kunden etwas neutralisiert und relativiert. Aus Sicht der Bank unterstütze ich das Bankkundengeheimnis nach wie vor. Ich empfinde es als eine Verletzung eines Grundrechtes, wenn der Fiskus überall hineinblicken kann. Handkehrum muss man sich fragen: Ist das Bankkundengeheimnis noch wahnsinnig wichtig für unser Geschäft? Ich würde sagen: Weniger. Das meiste Geld, das vom Ausland in die Schweiz fliesst, ist ja heute versteuert.

Der Druck aufs Bankgeheimnis kam ja auch aus einem Land, aus dem ihre Bank stammt: Vom Finanzplatz London.

Braunwalder: Die Sanktionsdrohungen der englischen Regierung vor drei Jahren waren völlig inakzeptabel. Man kann ja heute noch in England einen Trust eröffnen, obwohl nicht bei der HSBC, ohne den Eigentümer bekannt geben zu müssen.

Das Trust-Geschäft, bei dem Vermögenswerte treuhänderisch auf Personen übertragen werden, könnte in der Schweiz aktuell werden. Der Bundesrat beantragte dem Parlament die Ratifikation des Haager Trust-Übereinkommens.

Braunwalder: Es ist unglaublich wichtig, dass die Schweiz das Vehikel eines Trusts ratifiziert. Ich bin überzeugt, es würde sehr viel Trust-Geschäft, unter anderem auch von den Kanal-Inseln, in die Schweiz fliessen und sich eine richtiggehende Industrie mit entsprechenden Arbeitsplätzen entwickeln. Es ist ein legales und sauber strukturiertes Geschäft.

Wie beurteilen Sie das regulatorische Umfeld in der Schweiz?

Braunwalder: Es belastet natürlich stark. Die Kosten sind deswegen massiv gestiegen. Ich hoffe, dass mit den Bankenkommissions-Zuzügen von Eugen Haltiner und Charles Pictet etwas Ruhe einkehrt. Die Schweiz war in den letzten Jahren international ein Vorreiter der Good Governance. Man dürfte das jetzt auch von den anderen erwarten. Wir könnten durchaus etwas selbstbewusster werden.

Sie haben bei HSBC mit dem legendären Sir John Bond einen sehr kostenbewussten Chairman.....

Braunwalder: ... der abends überall noch die Lichter auslöscht, ja...

Wie stellen Sie sich zu den hohen Managemententlöhnungen in der Schweiz?

Braunwalder: Ich bin der Meinung, dass Manager, die nicht im Besitz der eigenen Bank sind, im Prinzip keine zweistelligen Millionenbeträge verdienen sollten. Da zitiere ich auch Sir John Bond. Dort, wo die Manager nicht Besitzer sind, hat man sicher ein bisschen übertrieben. Die Verantwortung tragen aber die Kompensationskomitees der Verwaltungsräte, die für die Entlöhnungen zuständig sind.

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Steckbrief

Name: Peter Braunwalder

Funktion: CEO HSBC Private Bank (Suisse) SA

Alter: 55

Wohnorte: Genf und London

Familie: Verheiratet, einenSohn

Karriere

- 1982-1986 Ausbildung bei UBS nach Ökonomie-Lizentiat Universität Bern

- 1986-1991 CEO UBS Philipps and Drew, Tokio

- 1991-2002 Managing Director UBS Private Banking, London und Zürich

- Seit 2002 CEO HSBC Private Bank (Suisse) SA, Genf

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Die Bank

Die HSBC Private Bank (Suisse) ist gemessen an den verwalteten Vermögen die grösste Auslandsbank der Schweiz. Bezüglich Bilanzsumme rangiert sie unter allen in der Schweiz anwesenden Banken auf Platz 6. Die Muttergesellschaft HSBC in London ist gemessen am Börsenwert die grösste Bank Europas. Sie kaufte 1992 mit der Zürcher Guyerzeller Bank bereits ein Schweizer Institut.

Daniel Hügli
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