Es gibt manchmal Gelegenheiten, die man einfach beim Schopf packen muss. Dies hatte sich Peter Perret gesagt, als er Anfang der 90er Jahre im südlichen Piemont Freunde besuchen ging und ihm im Hügelgebiet der Gemeinde Cassinasco bei Canelli ein kleines Rebgut mit 2,6 ha Rebland zum Kauf angeboten wurde. «Ohne lange zu zögern, habe ich zusammen mit einem Freund Haus und Land gekauft mit der Absicht, es zunächst als Ferienhaus zu nutzen und später, nach der Pensionierung, hier mehr Zeit zu verbringen», erzählt Perret. An die Möglichkeit, sich selber als Winzer zu betätigen, habe er damals noch nicht gedacht.

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Mit der Sache vertraut

Doch dann kam alles anders. Nur wenige Jahre später, 1994, bot sich Perret die Gelegenheit, in der Nachbargemeinde Loazzolo aus einer Konkursmasse ein Weingut mit grossen Kellerräumlichkeiten günstig zu ersteigern. Er ging über die Bücher und beschloss, sich früher als ursprünglich vorgesehen im Piemont niederzulassen: Als Winzer.

Aufgewachsen auf einem Bauernhof in Hinteregg im Zürcher Oberland, war und ist Perret mit der Landwirtschaft vertraut. Als ausgebildeter Winzer und Önologe sowie als langjähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsanstalt Wädenswil kannte er zudem die Materie seiner zukünftigen Tätigkeit bestens. «Ich war ein Theoretiker und habe eigentlich nie daran gedacht, selbst einen Weinbaubetrieb zu führen», erinnert sich Perret. «In der Schweiz wäre dies wegen der hohen Landpreise völlig ausgeschlossen gewesen. Hier im Piemont dagegen boten sich gute Voraussetzungen, um diesen Schritt zu wagen.»

Früher als geplant gab Peter Perret seine geliebte Tätigkeit an der Forschungsstelle auf, um im Hügelgebiet des Südpiemonts als Viticoltore Piero Perret eine neue Existenz aufzubauen. Zusammen mit einigen Freunden gründete er eine Aktiengesellschaft, in der er und seine Frau Gabriela die Aktienmehrheit halten. Während er für den Rebbau und die Kelterung verantwortlich ist, kümmert sie sich um den Verkauf, das Marketing und die Administration.

Konsequent IP

Seit Perret vor sechs Jahren seinen Wohnsitz nach Loazzolo verlegt hat, wurde nicht nur in den Keller investiert, sondern auch weitere 2 ha Rebland dazugekauft und knapp 3,4 ha gepachtet. 8 ha sind es nunmehr, die Piero Perret zusammen mit einem Festangestellten nach den Richtlinien der Integrierten Produktion bewirtschaftet. Auf den Einsatz von Insektiziden, Herbiziden und Botrytiziden wird verzichtet. Die eigenen Rebberge sind terrassiert, was nicht nur die Arbeit im steilen Gelände erleichtert, sondern auch zusammen mit der ganzjährigen Begrünung die Bodenerosion minimiert. «Die Arbeit im Rebberg ist von entscheidender Bedeutung für die Qualität des später erzeugten Weines», erläutert Perret. «So schneiden wir konsequent überschüssige Trauben weg. Dadurch gelingt es uns, auch in weniger günstigen Jahren qualitativ hochwertige Weine zu erzeugen.»

Trotz der inzwischen reichhaltigen Palette verschiedener Gewächse, die Piero Perret in seinem Gut Bricco Sori erzeugt, ist die gemeinsame Handschrift nicht zu übersehen. Den Weinen ist stilistische Klarheit und Eleganz eigen. Dies gilt sowohl für den Barbera und den Dolcetto, die beiden im Umland von Canelli verbreiteten roten Sorten, wie auch für den Moscato, den weissen Klassiker der Gegend, aus dem meist perlig-aromatische Dessertweine gekeltert werden.

Perret erzeugt drei verschiedene Barbera dÔAsti: Den fruchtbetonten aus dem Stahltank, den in gebrauchten Barriques ausgebauten Riserva sowie die Barrique-Version für Kunden, die eher moderne Weine mögen. «Ich bin kein Freund von Weinen, die von den Röstaromen dominiert werden», kommentiert Perret. «Ich verwende die Barriques mit Bedacht zurückhaltend, da es nicht mein Ziel ist, den Wein mit Holznoten zu verfremden.»

Mit ihrer kräftigen Struktur und ihrer präsenten, harmonisch eingebundenen Säure sind Perrets 2001er-Barbera-Weine ausgezeichnete Essensbegleiter. Weine, die man nicht in kleinen Schlückchen nippt, sondern mit Vergnügen trinkt. Dies gilt auch für den 2003er Dolcetto d'Asti, obwohl er dem heissen Jahr entsprechend mit 13 Volumenprozent einen leicht höheren Alkoholgehalt als üblich aufweist. Als önologische Fingerübungen sind die beiden aus überreifen Dolcetto-Trauben des Jahrgangs 1999 erzeugten Weine «Il Fërvor» und «Il Rapulé» zu verstehen (Letzterer ist mit 20% Nebbiolo verschnitten), beides Weine, die nicht den Typus des süffigen Alltagsweins repräsentieren, als der der Dolcetto geschätzt wird. Mit ihrem vollmundig-muskulösen, aber keineswegs plumpen Charakter sind sie dazu prädestiniert, kräftige Schmorgerichte zu begleiten.

Moscato darf nicht fehlen

Von den weissen Sorten gehört der Moscato ins Repertoire jedes anspruchsvollen Winzers der Gegend. Da Piero Perret seine Moscato-Trauben ein bisschen später liest als seine Kollegen, ist «La Moscata» um einen Hauch süsser, vermag dafür aber auch ein wenig besser zu altern als die meisten Moscato d'Asti, die man innert eines Jahres ausgetrunken haben sollte. Mit dem «Va beng!», einem Passito-Wein aus spätgelesenen Moscato-Trauben, die in einem speziellen Kühlraum während zwei Monaten angetrocknet und dann bei 170 Grad Oechsle abgepresst werden, hat Perret bewiesen, dass er als Winzer alle Register zu ziehen versteht. Das süsse Elixier besticht durch vielschichtige Fruchtigkeit, Fülle und säuregestützte Frische.

Abgerundet wird das derzeitige Weinsortiment durch zwei gut strukturierte, sortentypische Chardonnay-Weine, der eine im Stahltank, der andere während drei Monaten in Barriques ausgebaut, und die «La Sernia» genannte neuste Kreation: Einen reinsortigen Viognier, der sich mit einem nach Pfirsichen und Lindenblüten duftenden Bukett und im Gaumen vollmundig-dicht präsentiert.

Vini Bricco Sori di Piero Perret, Regione Caffi 13, I-14050 Loazzolo (AT). Tel./Fax 0039 0141 826 887. Die Weine sind direkt ab Gut erhältlich oder in der Schweiz bei Vini Bricco Sori S.A., Speerstrasse 14, Postfach, 8820 Wädenswil. Tel 01 680 17 44. Fax 01 680 17 48.