Die nächtliche Stille in der weissen Berglandschaft wird um 3 Uhr früh jäh von kräftigen Dieselmotoren gestört: Ein PistenBully dröhnt den verschneiten Steilhang hinauf. Nebenan fräst zentimetergenau eine zweite Maschine die perfekte U-Form in die Halfpipe. Hightech im Schnee: In der Kabine steuern Bergbauern ihre 300000 Fr. teuren Maschinen per Joystick. Einen speziellen Fahrausweis brauchen sie nicht für den anspruchsvollen und gefährlichen Job, ein Autoführerschein genügt.

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Duopol beherrscht den Markt

Marktführer bei den Pistenfahrzeugen ist das Modell PistenBully. Weltweit haben sich die raffinierten Schneebagger von Kässbohrer mit über 50% Marktanteil, in Europa gar mit 60% Marktanteil, durchgesetzt. In Europa haben Kässbohrer und Prinoth den Markt unter sich aufgeteilt. Auch in der Schweiz beherrscht das Duopol die Branche. Nur ein paar Nischenplayer aus Finnland und Schweden spielen eine Nebenrolle in diesem Geschäft.

Kässbohrer hält nach eigenen Angaben 70% Marktanteil in der Schweiz und setzte letztes Jahr hier zu Lande mit 24 Mitarbeitenden 30 Mio Fr. um. Umsatzwirksam sind der Verkauf von neuen Maschinen, der Handel mit Occasionen und Ersatzteilen und ein ausgeklügelter Kundenservice. Prinoth reklamiert für sich in der Schweiz einen Marktanteil von gut 40% und erzielte mit dem Verkauf von neuen und gebrauchten Pistenfahrzeugen einen Umsatz von 13 Mio Fr. Ersatzteile werden über das Südtiroler Mutterhaus verrechnet, und der Service der Fahrzeuge wird zur Hälfte ausgelagert. Zehn Mitarbeitende sind in der Schweizer Niederlassung von Prinoth in Salgesch angestellt.

Die Schweizer Niederlassung von Kässbohrer in Möriken gehört zur deutschen Kässbohrer Geländefahrzeug AG im schwäbischen Laupheim, wo die Fahrzeuge auch produziert werden. Das börsenkotierte Unternehmen setzte letztes Jahr 154,4 Mio Euro um, erzielte einen Ebit von 16,8 Mio Euro und beschäftigte 427 Mitarbeitende. Die Firma verkauft ihre Produkte in 58 Länder. Hauptaktionäre sind die Deutsche Familie Merckle, die im Pharmageschäft tätig ist, sowie die Kreissparkasse Biberach.

Prinoths Mutterhaus heisst Leitner und befindet sich im südtirolischen Sterzing. Dort und in Perugia werden die Fahrzeuge hergestellt. Prinoth beschäftigt 145 Mitarbeitende und setzte letztes Jahr über 80 Mio Euro um. Die Leitner Group ist auch dick im Geschäft mit Seilbahnen, wo sie heute neben Garaventa/Doppelmayr den Markt weltweit beherrrscht. Hauptaktionär von Leitner ist der Südtiroler Bauunternehmer Michael Seeber.

Auch in der Branche der Pistenfahrzeuge grassierte das Konzentrationsfieber. Als Peter Jenny, Geschäftsführer von Kässbohrer in der Schweiz, vor 25 Jahren in diese Sparte einstieg, existierten noch zahlreiche, unabhängige Anbieter wie Ratrak, Meili, Fendt, Hämmerle, Bombardier, Kässbohrer, Leitner und Prinoth. Das war einmal: Als letzte grosse Übernahme hat Leitner 2000 die Prinoth geschluckt, den Namen für die Sparte Pistenfahrzeuge aber beibehalten. «In Westeuropa bewegen wir uns in einem gesättigten Markt, einem Verdrängungsmarkt», sagt Andreas Lambacher, Leiter Verkauf und Marketing bei Prinoth. «Hier geht es darum, einander Kunden wegzuschnappen.» Er hofft, in Osteuropa und Asien neues Volumen zu erobern.

Beziehungstäter am Werk

Jenny, Geschäftsführer von Kässbohrer, spricht von einem «Ersatzbeschaffungsmarkt». Er ist überzeugt: «Die Kundenpflege ist in diesem Verdrängungsmarkt matchentscheidend.» Denn die Produkte der beiden Konkurrenten Kässbohrer und Prinoth unterscheiden sich qualitativ nur wenig. Auch die Preisunterschiede sind gering. Ein Pistenfahrzeug kostet bei Kässbohrer zwischen 170000 Fr. und 450000 Fr. Diese Preisspanne habe sich in den letzten sechs Jahren nicht verändert. «Wir können nicht mehr verlangen, weil sich die Seilbahnen nach der Decke strecken müssen.»

Kässbohrer verkauft jährlich nur 45 bis 70 Maschinen in der Schweiz. Umso wichtiger sind deshalb Kundenpflege und Service, denn die Fahrzeuge werden erst nach fünf bis zehn Jahren ersetzt. «Der Verkäufer muss beste Beziehungen zum Direktor der Seilbahn, zum Betriebsleiter und Garagenchef bis hinunter zum einzelnen Fahrer pflegen», sagt Jenny. Dabei müssen unterschiedliche Mentalitäten in den verschiedenen Regionen berücksichtigt werden. Ein Verkäufer, der im Unterwallis erfolgreich sein will, müsse sich fliessend in der Ortssprache ausdrücken können, denn der welsche Kunde akzeptiere nur Französisch, auch wenn er Deutsch verstehe. Und ein Bergbauer, der sich Nacht für Nacht auf dem teuren «Everest Power» von Prioth zum König der Alpenarena aufschwingt, wird sich kaum von den Leistungen eines «PistenBully 300» von Kässbohrer überzeugen lassen. Jenny meint: «Es ist eben ein Beziehungsgeschäft.»