Marc Trauffer empfängt uns in seinem neusten Zuhause, der «Trauffer Erlebniswelt» inklusive Bretterhotel. Beides hat er vor gut einem Jahr in Hofstetten bei Brienz eröffnet. Auf dem Weg zum Gesprächsraum stoppen ihn mehrere Besucher, sie posieren mit dem bekannten Volksmusiker für ein Selfie und freuen sich über ein Autogramm. «Das gehört dazu», sagt Trauffer.
Vor dem Start des Gesprächs haben die Journalistin und der Journalist eine Überraschung für Trauffer: Sie packen zwei alte Holztiere aus, die dem Schein nach der Produktion seines Familienbetriebs entstammen, der Trauffer Holzspielwaren AG.
Sind das wirklich Holztiere aus Trauffer-Produktion?
Das eine Holztier ist ein Trauffer-Stier. Der dürfte 25 bis 30 Jahre alt sein. Das andere ist eine Tilsiter-Kuh der Firma Fuchs Holzschnitzereien, die ebenfalls hier in Hofstetten bei Brienz beheimatet ist. Sie gehört mittlerweile zu unserem Betrieb. Die Kuh ist aber so alt, dass sie Hans Fuchs noch selbst gefertigt hat.
Und wie viel sind sie wert?
Ich sag mal so: Wenn Sie die beiden Holztierchen verkaufen, können Sie damit noch nicht in die Ferien verreisen.
Marc Trauffer erkennt es sofort: ein Trauffer-Stier und eine Tilsiter-Kuh der Firma Fuchs Holzschnitzereien.
Dann behalten wir sie. Was löst der alte Trauffer-Stier für Gefühle bei Ihnen aus?
Ich erinnere mich sofort daran, was sich alles geändert hat. Zum Beispiel mussten wir das Halsband aufgrund der europäischen Spielzeugnormen austauschen, was eine sehr schwierige Aufgabe war. Und auch die Farben mussten wir wegen des Lebensmittelgesetzes wechseln. Das zeigt mir, was sich in den letzten zwanzig Jahren so alles getan hat.
Und welche Kindheitserinnerungen kommen hoch?
Davon habe ich Tausende. Ich habe als Kind viel mit Holzkühen gespielt – auch mit solchen von der Konkurrenz im Dorf. Damit ging unsere Familie immer locker um, deshalb durfte ich das Geschäft der Familie Fuchs auch übernehmen. Mit diesen Holzkühen bin ich aufgewachsen. Aber eigentlich war ich ein Playmobil-Kind.
Wie war es bei Ihren zwei Kindern, als sie noch jünger waren?
Sie haben mit allem Möglichen gespielt. An Spielzeugen hat es ihnen sicher nicht gemangelt, schliesslich ist ihr Papa in dieser Branche tätig. Sie durften mit den neuesten Spielzeugen spielen, die ich von Messen mitgebracht hatte.
Der Name Trauffer steht für diese Holzkühe. Darum, analog zu einem Musikhit von Ihnen: Haben Sie manchmal auch «Müeh mit de Chüeh»?
Immer mal wieder. Zum Beispiel mit Lieferungen der Kühe, mit der Herstellung der Kühe, mit dem Finden von Mitarbeitenden, die die Kühe schnitzen. Ich habe also manchmal «Müeh mit de Chüeh», aber sicher keinen Überdruss.
Was meinen Sie konkret damit, dass Sie Mühe mit der Herstellung haben?
Ich wurde 2008 Geschäftsführer, und 2011 übernahm ich als alleiniger Inhaber. Damals hatten wir 15 Angestellte. Seither befinden wir uns in einem stetigen Wachstum, das zwar durch die Pandemie etwas eingebremst wurde.
«Ich bin seit meinem 33. Lebensjahr Alleinaktionär, daran rüttle ich nicht. Ich will nicht mit fremden Investoren arbeiten.»
Und jetzt läuft es besser?
Es hat wieder angezogen. Dadurch fehlt uns das Geld, denn Wachstum braucht Investitionen. Darum können wir nicht so agieren, wie wir eigentlich gerne möchten. Aber selbst bei diesem «Hoselupf» ist es für mich keine Option, Investoren ins Boot zu holen.
Warum nicht?
Ich bin nicht bereit, die Zügel aus der Hand zu geben. Ich bin seit meinem 33. Lebensjahr Alleinaktionär, daran rüttle ich nicht. Ich will nicht mit fremden Investoren arbeiten.
Das schränkt Sie aber ein.
Dadurch kann ich nur das Geld ausgeben, das ich erwirtschafte. Deshalb können wir nicht so schnell wachsen. Es ist aber auch ein gesünderes Wachstum.
Eigentlich war es gar nicht vorgesehen, dass Sie den Familienbetrieb übernehmen.
Richtig. Als junger Musiker war ich mit meiner Band in der ganzen Schweiz unterwegs. Überall traf ich dann die Trauffer-Kühe an. Erst dadurch erkannte ich deren Wert und das Potenzial. Alle kannten die Kühe, aber niemand wusste, wer sie herstellte. Die Marke Trauffer war inexistent.
Marc Trauffer ist seit 2008 Geschäftsführer der Trauffer Holzspielwaren AG. 2011 übernahm er das Familienunternehmen als alleiniger Inhaber. Letztes Jahr eröffnete der Tausendsassa gemeinsam mit seiner Frau Brigitte das Bretterhotel mit Erlebniswelt in Hofstetten bei Brienz. Mittlerweile beschäftigt er in seinem Betrieb 192 Angestellte. Gleichzeitig ist Trauffer einer der bekanntesten Schweizer Mundartmusiker. Insgesamt sieben Studioalben hat der «Alpentainer» in seiner bisherigen Solokarriere rausgebracht – das letzte Album «Glöggelä» erschien im Oktober 2022.
Heutzutage ist das anders. Wie haben Sie diese Marke aufgebaut?
Wir haben den Brand konsequenter nach aussen kommuniziert. Kommunikation ist sicher etwas, das ich kann. Wir haben die Marke auch stets strikt von meinem musikalischen Schaffen getrennt. Uns ist es gelungen, in relativ kurzer Zeit eine Marke aufzubauen, die für Qualität steht.
Worin drückt sich diese Qualität aus?
Ich habe am Produkt selbst nicht viel geändert, ausser dass ich es an die heutigen Normen herangeführt habe. Die Holzkuh bleibt eine Holzkuh.
Eine Plastikkuh war nie ein Thema?
Nein.
Das wäre aber billiger.
Ja, Plastikkühe wären viel billiger, aber viel dümmer.
Weshalb?
Wir stehen für Nachhaltigkeit. Wir sind unverpackt, und das aus Überzeugung. Aktuell spricht man vom Trend der nachhaltigen Spielzeuge. Fakt ist: Wir stehen seit dreissig Jahren im Führerstand der nachhaltigen Spielwaren. Nachhaltigkeit ist in unserer DNA vollkommen verankert.
Wie zeigt sich das konkret?
Holz könnten wir beim Händler mit genau der geforderten Trocknungsrate bestellen. Das Holz wird aber in jedem Werk mit dem Einsatz von Heizöl getrocknet. Das will ich nicht. Lieber staple ich Holz als gebundenes Kapital drei Jahre lang auf dem Vorplatz vor unserem Betrieb. Ich bin davon überzeugt: Die Holzkuh ist perfekt, so wie sie ist. Darum gehört sie auch nicht hinter Plastik.
Sind das denn weiterhin Anforderungen, die Kunden an Sie stellen?
Ja, sicher. Bei gewissen Grossisten habe ich deswegen zweimal eine Auslistung in Kauf genommen. Einem ganz grossen Händler habe ich gar den Vertrag gekündigt.
Wem?
Das behalte ich für mich. Aber dieser Entscheid war eine meiner ersten Amtshandlungen. Der Händler hat die Kühe mit einer Schrumpffolie verpackt. Darüber nervte ich mich immer. In dieser Verpackung sah unsere Holzkuh einfach nicht wertig aus – geschweige denn, dass das ökologisch war. Dagegen wehren wir uns.
Wer kauft eigentlich Ihre Kühe?
Die Holzkuh ist für Kinder ab dem Alter von 1,5 bis 98 Jahren. Sie wird von der Zahnärztin, dem Akademiker und der Anwältin bis hin zur Landwirtin im Emmental und dem Metzgermeister aus Hinterbuchsingen gekauft. Dazu kommen natürlich die Touristen und Touristinnen aus aller Welt. Es interessieren sich eigentlich alle für unsere Kühe.
Der Hipster-Trend mit nachhaltigem Spielzeug spielt Ihnen ebenfalls in die Karten.
Ja, auch urbane junge Familien haben erkannt, dass unsere Kuh ein super Produkt ist.
Wenn wir das ganze Trauffer-Universum anschauen: Welches ist das grösste Standbein?
Ich war noch nie jemand, der auf möglichst viel Gewinn am Ende des Jahres aus ist, denn ich habe ein super Leben mit einem schönen Auto und einem schönen Zuhause. Was brauch ich denn mehr? Darum habe ich meine Bereiche nie einzeln geführt und betrachtet. Die Betreiberin des Bretterhotels und der Erlebniswelt ist die Trauffer Holzspielwaren AG. Und wenn ein Fan eine CD von mir online kauft, dann macht der Betrieb den Versand. Alles funktioniert als Gesamtheit.
Aber die Holzkühe sind sicher Ihr bestes Ross im Stall, oder?
Es ist sicher so, dass wir mit den Holzkühen in den letzten Jahren etwas aufholen konnten, weil die Marke stärker geworden ist. An ihnen verdienen wir aber nie das, was ein Unternehmensberater empfehlen würde. Ich war mal im Final für einen Jungunternehmerpreis. Dort legte mir die gesamte Jury ans Herz, die Produktion ins Ausland zu verlegen. Denen sagte ich, dass sie das Produkt und die Firma nicht begriffen haben – wohl darum habe ich den Preis nicht gewonnen (lacht). Aber unsere Firma gibt es immer noch, auch wenn die Einnahmen aus den Holzkühen nicht ausgereicht haben, um das Hotel und die Erlebniswelt aufzubauen.
Woher kam dann das Geld?
Von meinen gesamten Ersparnissen. Ich schoss dafür meine ganze Firma, mein privates Haus, eigentlich alles, was ich besitze, ins Risiko. Den Entscheid fällten wir – ziemlich übermütig – kurz vor Pandemiebeginn im Januar 2020. Wenn es nicht geklappt hätte, wäre alles aus gewesen. Ich war aber davon überzeugt, dass es funktionieren kann.
Und funktioniert es?
Die Geschäfte laufen sehr, sehr gut. Viel besser, als wir gedacht und budgetiert haben.
Wie ist denn die Auslastung des Bretterhotels?
Über das ganze Jahr gesehen beträgt sie 94 Prozent. Das ist exorbitant hoch. Aber: Neue Besen kehren gut. Die richtige Abrechnung machen wir dann in vier bis fünf Jahren.
Und wie läuft der Eventbereich?
Der überdreht aktuell komplett. Wir haben bis zu acht Veranstaltungen pro Tag in unseren drei Eventräumen. Insgesamt haben wir bereits über tausend Events durchgeführt – vom Schnitzkurs bis zur Hochzeit mit 180 Gästen.
Damit konnten Sie definitiv nicht rechnen.
Als kompletter Neuling im Gastgewerbe habe ich mich komplett verkalkuliert. Meine Frau Brigitte und Vanessa (Vizedirektorin Vanessa Merlo, Anm. d. R.) sind mit 38,5 Vollzeitstellen gestartet, jetzt sind es 90 Mitarbeitende. Céline (Eventverantwortliche Céline Landmesser) stand nach zwei Wochen in meinem Büro und forderte einen Angestellten. Ich dachte: Du wirst doch drei Eventräume alleine betreuen können. Heute besteht unser Eventteam aus sieben Mitarbeitenden.
Das klingt zu schön, um wahr zu sein.
Das war nicht immer so. Im April vor einem Jahr hätte ich alles «billig gäh». Wenn ich mit zwei blauen Augen, meinem Haus und dem Betrieb hätte aussteigen können, hätte ich das damals getan. Das war keine einfache Zeit mit den extrem hohen Mehrkosten beim Bau von rund 1,5 Millionen Franken während der Pandemie. Wir wussten damals nicht, unter welchen Corona-Massnahmen wir Hotel und Erlebniswelt eröffnen können. Damals dachte ich ein paarmal: Alles, was du dir erarbeitet hast, fährst du jetzt gerade gegen die Wand.
Warum ist es dennoch gut gekommen? Oder im Marketingsprech ausgedrückt: Was ist euer Unique Selling Point?
Wenn wir das wüssten, würden wir die Idee als Konzept weitervermitteln. Wir hatten viele Berater aus dem Umfeld während des Baus. Jeder rät dir: Spezialisiere dich. Ich habe aber immer gesagt: Wir sind in Hofstetten, das ist keine einfache Region, um in den Zwischensaisons zu überleben. Darum haben wir nur eine Chance, wenn wir eine eierlegende Wollmilchsau sind und alles können.
Können Sie konkrete Beispiele nennen?
Wir haben unsere Hotelzimmer selbst entwickelt. Ein junges Pärchen, das im November ein romantisches Wochenende bei uns verbringen will, möchte nicht in einem Zimmer übernachten, in dem noch ein Kajütenbett steht. In den Ferienzeiten brauche ich aber in jedem Zimmer ein solches Kajütenbett, weil wir dann ein Familienausflugsziel sind. Also haben wir Betten gebaut, die sich für die Übergangssaison komplett in die Wand versenken lassen.
«Ich kann nicht von mir behaupten, ein guter Vater gewesen zu sein. Das ist etwas, das ich in meinem Leben mittragen muss.»
Gibt es noch ein anderes Beispiel?
Wir haben für unser Restaurant sehr gute Kritiken und einige Auszeichnungen erhalten. Eine Sterne-Bewertung haben wir aber abgelehnt, weil wir uns nicht in ein Schema pressen lassen wollen. Wir sind freundlich, offen und sagen einander Du. Das ist wohl einer unserer Erfolgsfaktoren. Wir haben ein Angebot, das für alle erschwinglich ist und allen Freude bereitet.
Zurück zum April 2023. Damals erschien auf dem Streaming-Dienst Oneplus eine Dokumentation über Sie, in der Sie sich auch von Ihrer verletzlichen Seite zeigten. Wie erging es Ihnen in diesem Tief, wie zeigte es sich nach aussen?
Das müssen Sie eher meine Frau oder meine Geschäftsleitungsmitglieder fragen. Da war ich wohl schon ein bisschen «bissiger». Ich habe vor nichts und niemandem Angst. Das ist auf der einen Seite gut, weil man so auch Risiken eingeht. Auf der anderen Seite kann diese Einstellung einen auch überfordern.
Damals traf wohl das Zweite zu.
Ich habe noch nie so gehadert mit allem wie im Frühling 2022. Das muss ich zugeben. Aber: Ich bin keiner, der einfach in der Ecke sitzt und weint.
Wie fanden Sie aus diesem Tief wieder heraus?
Von aussen haben alle das Gefühl, dass der Trauffer doch rund um die Uhr arbeitet. Dabei darf man nicht vergessen, dass hinter mir ein sehr starkes Team steht, welches mich in schwierigen Situationen super unterstützt. Wir sind eine sechsköpfige Geschäftsleitung – fünf Frauen und ich.
Nur Frauen? Können Sie nicht mit Männern?
Doch, ich arbeite auch super mit Männern zusammen. Die Konstellation hat sich so ergeben. Ich habe einfach die besten Personen für die jeweiligen Positionen ausgesucht. Ich hätte auch einen Buchhalter angestellt, es hat sich halt keiner beworben. Auf Ausbildungen habe ich noch nie etwas gegeben.
Wieso nicht?
Ich selbst drückte zuletzt bei meiner Lehrabschlussprüfung zum Maurer die Schulbank, bis ich vor zwei Jahren die Ausbildung zum Sommelier angefangen habe. Ich habe in meinem Leben schon so viele Bewerbungen mit wahnsinnigen Leistungsausweisen vor mir gehabt. Am Ende konnte ich einige davon aber trotzdem nicht gebrauchen. Es muss menschlich passen, dann funktioniert es auch im Betrieb.
Am Ende sind Sie der Chef, der allen Mitarbeitenden den Lohn zahlt. Da muss ein gewisser Druck vorhanden sein.
Sicher. Wir sind super gestartet. Im vergangenen Sommer und im Herbst stellten wir jede Menge Personal ein und wuchsen ums Doppelte. Am Ende des Monats drücke ich jetzt den Knopf, um die Lohnzahlungen für 192 Mitarbeitende freizugeben. Dabei muss ich jeweils schon kurz schlucken, schliesslich bin ich einst mit 15 Angestellten gestartet. Bei uns sind ganze Familien angestellt. Ich spüre die Verantwortung für sie.
Wie gehen Sie mit dem Druck um – wie finden Sie den Ausgleich?
Ich trinke eine Flasche Rotwein.
Was für eine?
Einen Spanier, eine Flasche Ribera del Duero. Und dazu eine grosse Zigarre von Heinrich Villiger. Und wenn der Druck wirklich zu stark wird, dann lade ich Freunde ein. Wir machen einen schönen Abend mit Pizza und Rotwein. Und dann geht es am nächsten Tag weiter.
Und wie stellen Sie sicher, dass die Familie nicht zu kurz kommt?
Mein Sohn ist 21 und in der RS. Meine Tochter ist 19 und an der Hotelfachschule in Luzern. Sie sind beide ausgeflogen. Aber ich kann nicht von mir behaupten, ein guter Vater gewesen zu sein. Das ist etwas, das ich in meinem Leben mittragen muss. Als ich Vater wurde, war das zwar ein bewusster Entscheid mit meiner damaligen Frau, aber ich hatte damals alles andere im Kopf als die Familie.
Also keine Medaille fürs Familienleben?
Nein, und darauf bin ich nicht stolz. Das ist etwas, das ich heute vielleicht anders machen würde. Mit meinen Kindern rede ich offen darüber. Sie mögen mich ja trotzdem.
Haben sich Ihre Werte geändert?
Mittlerweile bin ich mit einer Frau verheiratet, die arbeitstechnisch manchmal fast extremer ist als ich. Zum ersten Mal bin ich es, der bremst. Das ist für mich eine neue Perspektive, die mich verändert hat. Ich kann das Rad der Zeit aber nicht zurückdrehen. Und gleichzeitig glaube ich auch, dass alles so kommen musste. In der Musik machte ich folgende Erfahrung: Meine Mutter, meine Ex-Frau, meine Freunde – sie alle sagten mir: Jetzt hör doch auf, Trauffer! Das bringt nichts mehr, du machst dich lächerlich.
Aber?
Mein sturer Kopf hat mir zwar hie und da ein Bein gestellt, doch er hat mir auch oft aus der Patsche geholfen. Der Wille für die letzten hundert Meter war da. Es wäre dumm gewesen von mir, hätte ich damals aufgehört.
Das heisst, Ihr Erfolg hängt von Ihrem Willen ab?
Bei mir ist 50 Prozent purer Wille und Einsatz. Und 50 Prozent pures Glück.
Sie sind: Spielzeugproduzent, Musiker, Hotelier und Alleinaktionär. Es sind immer Sie, Ihr Kopf steht im Zentrum. Nervt Sie das nicht?
Doch! Genau deshalb lancieren wir gerade eine neue Kampagne für die Uhrenmarke Trauffer – bewusst ohne mich. Wir arbeiten mit Schwingern und Skifahrerinnen zusammen.
Aber läuft Trauffer überhaupt ohne Sie als Werbeträger?
Es ist immer ein Eiertanz. Schaue ich in unserem Restaurant vorbei, und die Gäste sehen mich, dann erzählt mir der Service im Nachhinein, dass die Anwesenden einfach ein paar Prozent glücklicher gewesen seien. Weil das so ist, mache ich oft meinen «Götti-Walk»: Ich laufe durch das Restaurant und stehe für Selfies hin. Die Leute sind glücklich, und mir tut es nicht weh.
Aber das ist doch anstrengend?
Es ist manchmal ermüdend, der Trauffer zu sein. Und gleichwohl ist es fatal, wenn sich Musiker über ihre öffentliche Person beklagen. Fakt ist: Man kann nicht erwarten, dass man CDs und Konzerttickets verkauft und dann nirgends erkannt wird! Dafür zahlt meine Familie den Preis. Sie müssen mich mit der Öffentlichkeit teilen. Zum Glück können wir in den Ferien etwas weiter weg, dann kennt mich niemand mehr. Ich will nicht jammern. Ich kann nur dankbar sein für das, was in den letzten Jahren passiert ist.
Das alles braucht Energie – woher haben Sie die nur?
Von spanischem Rotwein! (lacht)
Anders gefragt: Sind Sie ein ADHS-Kind?
(lacht) Sehr wahrscheinlich hätten sie mir tonnenweise Ritalin gegeben, hätte es das damals bereits gegeben. Garantiert. Nein, ich mache es einfach gerne. Und zur Energie: Ich selbst habe gar nicht das Gefühl, dass ich so viel arbeite, wie andere sagen. Ich kann beispielsweise nicht gut rechnen, ich kann keine Sprachen, ich kann nicht gut singen. Aber ich kann richtig gut delegieren. Hotel, Restaurant, Holzkuhproduktion – ich bin nirgends operativ tätig!
Wie sieht ein normaler Alltag aus im Leben von Trauffer?
Zwanzig Jahre lang war ich jeden Tag der Erste im Büro, um sechs Uhr stand ich auf der Matte. Ich habe es gehasst, aber ich habe es durchgezogen. Heute mit dem Gastronomiebetrieb, in dem wir bis spät in die Nacht arbeiten, hat sich das verändert. Nun komme ich gegen neun Uhr ins Geschäft, und dann geht es los im Bienenhaus.
Trauffer und Gölä spielten letzten August als Büetzer Buebe zweimal im ausverkauften Stadion Letzigrund.
Holzkühe, Schweizer Musik – was bedeutet Heimat für Sie?
Heimat ist sehr individuell. Ich bin hier geboren, deshalb ist es für mich Heimat, wenn ich hier bin. Bin ich in Zürich, dann ist das Berner Oberland Heimat. Und wenn ich im Ausland bin, dann ist die Schweiz Heimat. Ich bin aber nicht sicher, ob ich hier alt werde. Es hängt davon ab, was mit meiner Firma mal passiert und ob meine Kinder mal einsteigen – was ich persönlich nicht hoffe.
Warum nicht?
Sie sind noch jung. Wir haben jüngst einen Vertrag unterschrieben, dass sie sogar im Falle meines Todes auf alles verzichten, bis sie dreissig sind. Ich will nicht, dass meine Kinder mit 21 Jahren bereits die Verantwortung tragen müssen. Damit könnten sie vermutlich nicht umgehen. Ich habe keinen Verwaltungsrat, ich agiere als Alleinaktionär. Aber für den Fall meines Todes habe ich einen Verwaltungsrat in der Hinterhand. Ich werde Trauffer meinen Kindern nur weitergeben, wenn ich merke, dass sie 1000 Prozent dafür brennen.
Also wünschen Sie sich keine vierte Generation?
Ich gebe nichts auf eine vierte Generation, nur damit es eine vierte Generation gibt. Meine Kinder müssen es wollen und können.
Kommt diese Haltung aus eigener Erfahrung – weil Sie erst später eingestiegen sind?
Hätte mich mein Vater gezwungen, nach Hause zu kommen, dann würden wir nicht hier sitzen.
Gegen Ende kommen wir noch zu Ihrer Musikkarriere. Die aktuelle Tournee ist fast vorbei, Sie spielen noch an zwei Open Airs. Wie schauen Sie zurück auf die Tour?
Unglaublich gut. Jedoch wurde es schwieriger.
Inwiefern?
Heute ist eine Tournee nicht mehr sofort ausverkauft. Dieses Mal habe ich gebibbert, an Weihnachten waren wir ticketmässig nirgends – wir reden von 40’000 Tickets. Es hat sich alles verschoben, die Welt ist kurzfristig geworden. Heute verkaufen wir in der letzten Woche noch 2000 Tickets für eine Show. Das macht die Planung richtig schwierig – für die Acts, für die Veranstalter. Aber das ist jetzt einfach so. Damit müssen wir umgehen. Und die 40’000 haben wir auch erreicht.
Wie sieht Ihre musikalische Zukunft aus?
Das weiss ich noch nicht. Zum Glück habe ich so viele andere Standbeine, ich muss nicht jedes Jahr auf Tournee. Musik ist für mich Freiheit – ich mache sie nur, wenn ich will. Und ich werde weiter Musik machen – ist ja logisch. Ich weiss nur noch nicht, wann und wie.
Gibt es Parallelen zwischen dem Leben als Musiker auf der Bühne, als Hotelier und als Spielzeugunternehmer?
Es gibt eine Parallele: Ich habe das grosse Privileg, dass ich in all meinen drei Teilbereichen für das Glück von anderen verantwortlich sein darf. Das ist mein höchstes Ziel. Ich möchte, dass meine Fans, die Besucherinnen und die Kunden glücklich sind, wenn sie nach Hause gehen.
Wenn Sie wählen müssten: Hotelier, Alpentainer oder Holzkuhmacher?
Ganz klar Holzkühe. Das ist meine Vergangenheit. Meine Realität. Meine Zukunft. Als Erstes würde ich die Musikkarriere beenden. Danach die Hotellerie. Sie ist neu und schön, jedoch nicht nur einfach. Aber die Holzkühe sind mein Leben.
Der Entertainer und Unternehmer Marc Trauffer mit der Journalistin Tina Fischer und dem Journalisten Michael Hotz.