Postfinance Pay: Postfinance greift Kreditkartenfirmen mit neuem Bezahlsystem an

Die Postfinance will es noch einmal wissen. Nachdem sie im klassischen Kartengeschäft fest mit Mastercard zusammenarbeitet – alle Postfinance-Karten tragen nun auch das Logo der Kreditkartenfirma – und das eigene Einzahlungsschein-System aufgegeben hat, greift sie im E-Commerce noch einmal gross die Kreditkarten-Banken an. Codename: «Postfinance Pay». Startdatum: Mitte 2023. Postfinance-Manager David Kauer hat an der Branchenveranstaltung Swiss Payment Forum am Dienstagmorgen die Bombe platzen lassen und sein neustes Baby präsentiert. Was Privatkundinnen und -kunden interessieren dürfte: Das neue System soll Einkaufen und Bezahlen im Internet einfacher machen. Mit wenigen Klicks sollen Bezahlvorgänge in Online-Shops abgeschlossen werden, auch ohne Registrierung. Ein bisschen so wie bei Twint (doch dazu mehr später). Postfinance will den Händlern auch Daten liefern Was die Händler – und vielleicht auch ein paar Kundinnen und Kunden – interessieren dürfte: Das neue System soll mehr sein als nur Zahlungssystem. Die Postfinance will den Händlern künftig auch Daten über ihre Kundschaft liefern. So kann ein Weinhändler etwa das Geburtsdatum eines potenziellen Kunden abfragen, um sicherzugehen, dass dieser bereits 18 Jahre alt ist. Oder er bezieht über die Postfinance gleich die Postadresse dieses Kunden, damit dieser sie gar nicht mehr erst mühsam eintippen muss. Keine Angst: All das soll nur im Einverständnis der Kundinnen und Kunden geschehen, betont Postfinance-Manager Kauer. Der Kunde könne die Datenlieferung auch mit einem Opt-out verhindern. Und dann beispielsweise eine andere Adresse angeben. Im Gegensatz zu heutigen Kartenzahlungen sollen die Kunden der Postfinance künftig über deutlich höhere Limiten verfügen. Bis zu 20’000 Franken pro Monat. «Gigantische Limiten», kommentiert Kauer. «Sofern das Konto gedeckt ist.» Und «Tageslimiten, mit denen man zweimal um die Erde fliegen kann.» Und wer sich da um die Sicherheit seines Geldes sorgt, dem verspricht Kauer: «Für bis zu 100’000 Franken schützen wir unsere Kunden vor Cyberattacken.» Lanciert werde das neue Bezahlsystem Mitte des kommenden Jahres, kündigt Kauer an. «Ich bin guten Mutes, dass wir das Ding 2024 in jedem Online-Shop fliegen haben. Das ist meine Roadmap.» Die Gegner heissen Visa, Mastercard und Worldline Mit Postfinance Pay wiederholt sich ein wenig die Geschichte. Die Postfinance greift damit nicht nur andere Banken, sondern auch die grossen Kreditkartenfirmen an. Denn sie alle arbeiten derzeit an ähnlichen Lösungen. Auch Visa und Mastercard wollen E-Commerce-Zahlungen vereinfachen und als Payment-Partnerin vieler Banken arbeitet Worldline (ehemals SIX Payment Services) an entsprechenden Lösungen. Und so ist zu erwarten, dass sich der Handel in nächster Zukunft zwischen zahlreichen neuen Lösungen entscheiden muss. Und Kundinnen und Kunden der Banken erst recht. Und damit zu Twint. Auch die Payment-App war einst eine Postfinance-Tochter, bevor sie dann mit dem von den Banken entwickelten Paymit fusioniert wurde. Und auch Twint verspricht nichts weniger, als Zahlungen im E-Commerce zu vereinfachen. Und tut das auch ziemlich erfolgreich. Twint wäre der natürliche Partner, ist es aber nicht Warum also nicht einfach Twint nutzen? Dazu gibt es von Postfinance-Manager Kauer keine Antwort. Klar ist aber auch: Twint ist inzwischen ein Unternehmen, bei dem zu viele mitreden und zu viele Wünsche bereits auf dem Tisch liegen. Das reine Payment rückt dabei immer mehr in den Hintergrund, denn Geld verdienen will Twint vor allem als Marktplatz, auf dem Drittanbieter ihre Produkte und Dienstleistungen anbieten können. Wie wird Postfinance-Pay enden? Im besten Fall wie bei Twint: Post und Banken entwickeln parallel ähnliche Systeme und führen diese irgendwann zusammen. Im schlechtesten Fall liefern sich Postfinance und die Banken einen teuren Kampf und verlieren dennoch gegen die global operierenden Kreditkartenfirmen oder die IT-Giganten Google und Apple. Denn wenn es um Daten geht, kann mit letzteren beiden keine Bank mithalten.