Der neue CEO sitzt am Tisch, als stünde er unter Starkstrom. Seit ein paar Tagen erst im Amt, scheint Remo Brunschwiler voller Ungeduld und Tatendrang. «Die Firma ist noch nicht fertig geformt», sagt er, «sie hat gute Ansätze, aber sie ist zu breit positioniert, wir werden uns künftig auf einzelne Kernbereiche konzentrieren.»

Brunschwiler hat die Nachfolge von Juhani Anttila angetreten, der Anfang Jahr neuer CEO bei Ascom wurde. Obwohl dem breiten Publikum eher unbekannt, ist Swisslog ein weltweit tätiges Unternehmen und bietet integrierte Supply-Chain-Lösungen über den gesamten Wertschöpfungsprozess an: Vom Einkauf über die Produktion bis zur Distribution. Die Leistungspalette umfasst Logistiklösungen, Automation, Software und Consulting.

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Swisslog mit Hauptsitz in Buchs beschäftigt in 23 Ländern derzeit rund 3400 Mitarbeiter. Remo Brunschwiler will sich künftig auf zwei Kernbereiche konzentrieren: Auf die Konzeptionierung, das Design, die Errichtung und technische Ausstattung inklusive Software von Verteilzentren und auf die innerbetriebliche Logistik für Spitäler und Apotheken.

Bewegung, vorwärts machen, scheint sein Lebensmotto zu sein. Aufgewachsen ist Brunschwiler in Riehen bei Basel. Nach der Matura wollte er zuerst Turnlehrer werden. Zwar hatte er von Anfang an nebenbei noch Wirtschaft studiert, «aber mein Vater war Lehrer, viele meiner Vorfahren waren Lehrer, es schien auch mein Weg zu sein». Die Ausbildung zum Turnlehrer hat er abgeschlossen, aber irgendwie war ihm dieser Beruf dann doch zuwenig dynamisch.

Es zog ihn in die Wirtschaft, aber auch da zuerst zur Bewegung: Seine erste Semesterarbeit handelte von den Hansestädten und ihren Verkehrs- und Handelsbeziehungen, seine Licarbeit schrieb er über ein Marketingaudit der damaligen Basler Crossair. «Ich bewege mich zwar heute noch viel», sagt er, «spiele Tennis, fahre Ski, gehe joggen, mache Fitness, aber in der Wirtschaft ist mein Bewegungsdrang schon am richtigen Ort.» Brunschwiler um noch einen Moment beim Sport zu bleiben ist bekennender FC-Basel-Fan. «Es ist schon eine Leistung», anerkennt er, «was dieser Klub an Klima und Begeisterung in die Stadt bringt.»

Schritt nach vornin Italien

Den Einstieg in seine Wirtschafts-Karriere machte Remo Brunschwiler bei der damaligen Ciba-Geigy. Nach zwei Jahren strategischer Planung im Basler Stammhaus zog es ihn als Produktmanager in die italienische Niederlassung nach Mailand. «In Italien», erinnert er sich mit einer Mischung aus Faszination und Respekt, «stiess ich auf eine vollkommen andere Wirtschaftskultur.» Nach einem seiner ersten Meetings in Italien sandte er ein Memo an seinen damaligen Chef, in dem er bezweifelte, dass «man so ineffizient wie die Italiener überhaupt etwas erreichen kann». Der Chef reagierte gelassen. Inzwischen weiss Brunschwiler, dass andere Kulturen zwar anders sind, aber dass ihr Wirtschaftsverhalten trotzdem funktionieren kann. «Die Italiener schienen mir in ihren Gedankenprozessen viel zirkulärer als wir Schweizer, da muss man erst lernen, dass es auch so geht.» Aber auch seine eigene Karriere, so scheint es heute, hat gewisse zirkuläre Elemente in sich.

In dieser Zeit in Italien tat Brunschwiler einen ganz entscheidenden Schritt nach vorne, als er nämlich entschied, sich in der Kaderschmiede Insead in Fontainebleau einem MBA-Programm zu unterziehen. «Dort habe ich gelernt, innert sehr kurzer Zeit ein grosses Arbeitspensum zu bewältigen», erinnert er sich an die harten Trainings. «Fontainebleau bedeutet wahnsinnig viel Arbeit, so viel, dass man gar nicht anders kann als einen effizienten Arbeitsstil zu entwickeln und sich ökonomisch zu organisieren. Am Insead wurde auch das analytische Denken und das strukturierte Angehen von Problemen stark gefördert.»

Mit seiner italienischen Erfahrung als Manager von pharmazeutischen Produkten und mit dem druckfrischen MBA-Titel im Curriculum vitae stieg Brunschwiler nach zwei Jahren Milano zuerst mal in Zürich bei McKinsey ein und arbeitete sich dort ins neue Wissensgebiet der Logistik ein. Der zweite Beratungsschwerpunkt lag auf der pharmazeutischen Industrie. Die Vertiefung seines Know-hows über die Logistikbranche konnte er anschliessend bei Danzas in der Praxis sehr erfolgreich einsetzen. Daneben nahm Brunschwiler von McKinsey die Erfahrung mit, wie man Unternehmen strategisch neu positioniert. Aber zirkulär, wie Karrieren manchmal eben sein können, kam er nach acht Jahren McKinsey zuerst wieder auf sein ureigenes Motto zurück: Bewegung.

Bei Danzas zum Europäer geworden

1995 stieg Remo Brunschwiler ins Transportgewerbe um und baute als Mitglied der Geschäftsleitung und Verantwortlicher für das Geschäft auf Strasse und Schiene in ganz Europa das europaweit führende Transportunternehmen auf. «Damals bin ich ein Europäer geworden», erinnert er sich und erzählt, dass die Erfahrungen, die er als junger Manager in Italien machte, bei Danzas durch all die andern europäischen Kulturen um ein Vielfaches bereichert wurden.

«Die Spanier zum Beispiel können sehr dominant auftreten und mal auf den Tisch hauen, da muss man lernen, sich nicht beeindrucken zu lassen, oder die Franzosen haben mich gelehrt, möglichst nicht in ihrer Sprache mit ihnen zu verhandeln, obwohl ich gut französisch spreche. Es ist einfach besser, wenn sich beide auf das Gebiet einer Fremdsprache begeben, dann sind die Bedingungen für beide gleich.» Seit Danzas kennt Brunschwiler den ganzen europäischen Kontinent und speziell die EU wie seine Westentasche. «Trotzdem stehe ich heute einem Beitritt der Schweiz zur EU skeptischer gegenüber als noch vor einigen Jahren.»

Wer Remo Brunschwiler gegenübersitzt, der hat das Gefühl, dass dieser Manager von seinen Mitarbeitern den vollen Einsatz fordert. «Als Mensch bin ich gradlinig», sagt er, «manchmal ein wenig ungeduldig und direkt, in der Kritik, aber auch im Einstecken von Kritik. Ich will vorwärts gehen, die Dinge anpacken, auch wenn sie manchmal unangenehm sind.» Natürlich soll es auch Spass machen, bei Swisslog zu arbeiten. Grossen Wert legt Brunschwiler auf Teamarbeit. «Ich bin fest davon überzeugt, dass Teams mehr erreichen als Individuen. Am Schluss muss einer entscheiden, das ist klar. Aber bei der eigentlichen Lösungsfindung ist Teamwork in der Regel der bessere Weg.»

Karrieren und die entsprechenden beruflich bedingten Wohnortswechsel sind oft zirkulär wie die Diskussionen in italienischen Meetings. Aufgewachsen ist Brunschwiler in Riehen, dann hat er in Milano gelebt, dann in Paris, in Düsseldorf, in Zürich, heute lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern wieder in Riehen, nicht weit von seinem Elternhaus und lebt, soweit die Arbeit es zulässt, «ein ganz unspektakuläres gemütliches Familienleben».

Damals, als er noch Turnlehrer werden wollte, träumte er davon, eines Tages mit einem Jeep den Highway Nr. 1 zu fahren. Wer weiss, wenn das Leben zirkulär verläuft, wird dieser Traum vielleicht auch noch wahr. Unten im Keller seines Hauses steht jedenfalls eine Harley Davidson. Mit ihr fährt er hie und da ins Fitness. Vorläufig noch nicht weiter.

Seite 29: Tief in der Schuldenfalle

Steckbrief:

Name: Remo Brunschwiler

geboren: 1958 in Riehen BS

Zivilstand: Verheiratet, zwei Kinder

Wohnort: Riehen

Ausbildung: Lic.rer.pol., MBA Insead Fontainebleau

Funktion: CEO Swisslog, Buchs

Schlagworte:

BETTLEKTÜRE: «Wenn man privat nicht dazu kommt, auf Abenteuertrips zu gehen, dann reist man halt in Büchern. Ich lese gerne Bücher über Expeditionen, zum Beispiel über Reinhold Messners Antarktisdurchquerung.»

FERIENLEKTÜRE: «Wenn ich jetzt Zeit hätte, Ferien zu machen, dann würde ich nach Kuba reisen. Ich hab momentan aber keine Zeit, dafür lese ich ein Buch über das Leben von Fidel Castro.»

POLITISCHE LEKTÜRE: «Ich verfolge die internationalen politischen Entwicklungen sehr intensiv. Ich habe eben eine Biografie über Richard von Weizsäcker gelesen.»