Axa-Winterthur hat Swiss Life den Kampf angesagt. Der Versicherer will die Prämien im BVG-Geschäft um 15% senken.

Rolf Dörig: Wir lassen uns nicht in einen Preiskampf ein. Wir halten an unserer Strategie, unseren Produkten und unserer Preispolitik fest. Letztlich kommt es auf das einzelne Angebot für den Kunden an und nicht auf allgemeine Ankündigungen. Unsere Kunden vertrauen uns und wissen, dass wir halten, was wir versprechen. Wir hatten beispielsweise im BVG-Geschäft bezüglich Vollversicherung immer eine glasklare Linie, und wir haben in der Einzelversicherung noch nie laufende Renten gekürzt.

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Kann Axa-Winterthur ihre Versprechen nicht einhalten?

Dörig: Das habe ich nicht gesagt. Ich weiss nur, wie wir rechnen und dass am Schluss die Rechnung für alle aufgehen muss.



Axa bereitet Ihnen kein Kopfzerbrechen?

Dörig: Nein. In der Schweiz sind wir mit einem Marktanteil von knapp 30% klare Nummer eins und werden unsere Position behaupten. Wir wissen, was wir zu tun haben. Die Situation ist für uns nicht völlig neu. Die grossen europäischen Gesellschaften wie Generali, Allianz und Axa sind seit Jahren in der Schweiz tätig, sind unsere direkten Konkurrenten und haben immer wieder neue, innovative Produkte auf den Markt gebracht. Wir brauchen uns überhaupt nicht zu verstecken. Wir geniessen als Nummer eins hohes Vertrauen.



Alle Versicherer wollen in der Schweiz, einem gesättigten Markt, wachsen. Wie stark Swiss Life?

Dörig: Unser Ziel ist zwischen 2 und 4 %.



Inwiefern spielt die Grösse eine Rolle?

Dörig: Die Grösse ist zwar wichtig, aber in unserem Geschäft nicht matchentscheidend. Wir müssen hervorragende Produkte anbieten, eine klar definierte Nische besetzen, das Kundensegement klar fokussieren, auf einen Topservice setzen und das Geschäft effizient abwickeln. Swiss Life ist in ihren Nischen und mit ihren Produkten gut positioniert.



Aber wenn es um die Effizienz der Abwicklung geht, ist die Grösse eines Lebensversicherers zentral.

Dörig: Ja, dann kommen die Skaleneffekte zum Tragen.



Und da hat Swiss Life Nachholbedarf.

Dörig: Wir sind noch nicht dort, wo wir gerne sein möchten. Wir sind dabei, die IT-Plattformen zusammenzuführen und die Prozesse zu vereinfachen, damit wir mit den Besten mithalten können. Durch diese Synergien schaffen wir zusätzliche Effizienz.



Ein Problem ist der Kostensatz.

Dörig: Diesen wollen wir durch die deutliche Effizienzsteigerung in der Abwicklung deutlich senken.



Ist Swiss Life genügend gross, um profitabel zu geschäften?

Dörig: Die Zielsetzung, wonach man lediglich um der Grösse willen wachsen muss, ist in meinen Augen falsch. Entscheidend sind vielmehr die Profitabilität, die Innovationskraft, die Qualität der Produkte und der Dienstleistungen. Die Grösse spielt lediglich punkto effizienter Abwicklung der Geschäfte eine Rolle. Sobald wir unsere IT-Projekte bis 2009/10 beendet haben, sind wir in jeder Beziehung konkurrenzfähig, auch als mittelgrosse Gesellschaft. Wir konzentrieren uns auf unsere Märkte in Kontinentaleuropa und sind überzeugt, dass wir so genügend wachsen können.



Also kein Wachstum mittels einer Fusion?

Dörig: Wir setzen auf Partnerschaften, damit wir unsere Produkte besser vertreiben und so von einem Skaleneffekt profitieren können. Ansonsten wollen wir eigenständig bleiben.



In den Augen der Analysten würde eine Fusion zwischen Swiss Life und Generali Sinn ergeben. Was halten Sie davon?

Dörig: Ich kenne diese Gerüchte, die sich seit Jahren halten. Ich betone nochmals:Swiss Life ist mit ihrer Strategie in der Lage, sehr profitabel zu arbeiten und eigenständig zu bleiben.



Sie wollen also eigenständig bleiben?

Dörig: Wir sind überzeugt, dass wir eigenständig bleiben können, weil wir mit unserer Strategie attraktiven Mehrwert schaffen.



Finden gegenwärtig Übernahmegespräche zwischen Swiss Life und einem internationalen Grosskonzern statt?

Dörig: Nein.



Sie sprechen von Partnerschaften. Welche?

Dörig: Mit grossen Banken oder Brokern, die über ihre Vertriebskanäle unsere Produkte verkaufen. Damit lassen sich attraktive Renditen erzielen. Wir sind aber kein Global Player, der verkündet: Wir wollen zum grössten Lebensversicherer Europas werden.



Sondern?

Dörig: Wir sind als Nischenplayer klar auf Kontinentaleuropa fokussiert und wollen in diesem Markt zu den führenden Anbietern von Vorsorgeprodukten gehören.



Swiss Life ist an der Börse günstig bewertet. Stellt das für Sie ein Problem dar?

Dörig: Die Bewertung des Marktes ist letztlich immer die Realität. Ein Problem ist das nicht, doch selbstverständlich hätten wir sehr gerne einen höheren Aktienkurs, denn dieser reflektiert den Wert eines Unternehmens und seine Zukunftschancen. Und da glaube ich, dass Swiss Life verglichen mit Konkurrenten nach wie vor moderat bewertet ist.



Woran liegt das? Traut der Markt Ihrer Strategie nicht?

Dörig: Das glaube ich nicht. Die Aktienentwicklung der letzten drei Jahre spricht eine klare Sprache: Wir haben das Vertrauen der Investoren wieder gefunden. Die Börsenkapitalisierung hat sich auf rund 11 Mrd Fr. verdreifacht.



Sie könnten etwas zur besseren Attraktivität von Swiss Life beitragen. Die Dividendenausschüttung ist mit 1,8% bescheiden, verglichen mit Zurich FS und Swiss Re, die 3% und mehr ausschütten.

Dörig: Wir haben eine klare Politik, wonach wir ein Dividendenpapier werden wollen. Dies entspricht auch der Idee der Langfristigkeit eines Lebensversicherers und wäre für Investoren attraktiv.



Wann soll die Dividende erhöht werden? Bereits nächstes Jahr?

Dörig: Grundsätzlich haben wir das Ziel, die Dividende jedes Jahr zu erhöhen. Konkret hängt dies aber vom Geschäftsergebnis ab. Die Absicht ist klar, wir wollen ein Dividendentitel werden.



Steigt wegen des tiefen Marktwerts das Risiko, dass hinter Ihrem Rücken Private-Equity-Firmen oder Hedge-Fonds bei Swiss Life einsteigen?

Dörig: Einen solchen Schritt kann man nie ausschliessen. Es scheint mir aber wenig sinnvoll, den Aktienkurs deshalb künstlich in die Höhe zu treiben. Das sind kurzfristige Massnahmen, von denen in einem Jahr niemand mehr spricht. Uns geht es viel mehr darum, die Investoren von unserer langfristigen, nachhaltigen Strategie zu überzeugen.



Dennoch könnten eines Tages plötzlich Grossaktionäre am Tisch sitzen und Swiss Life eine neue Strategie aufzwingen wollen?

Dörig: An den Road Shows sind wir permanent im Gespräch mit Investoren, und ich schätze diesen Austausch sehr. Deshalb wäre ich überrascht, wenn ein Grossinvestor plötzlich 15% der Swiss-Life-Aktien vereinen würde, ohne zuvor mit uns das Gespräch gesucht zu haben. Ich habe nichts dagegen, wenn Grossinvestoren bedeutende Aktienpakete kaufen. Dies wäre nämlich Ausdruck davon, dass unsere Strategie und Arbeit auf Anklang stossen. Nicht schätzen würde ich dagegen, wenn kurzfristig orientierte Investoren mit rein finanziellen Interessen bei uns einfahren würden.



Rechnen Sie damit?

Dörig: Ich hoffe natürlich nicht. Aber es ist klar, dass wir auch auf solche Situationen vorbereitet wären.



Sie haben bis 2008 Ziele in Aussicht gestellt – 1 Mrd Fr. Reingewinn, 10% Eigenkapitalrendite, 500 Mio Fr. Basisergebnis im Versicherungsgeschäft, 23,7 Mrd Fr. Bruttoprämien –, die Sie praktisch alle schon

erreicht haben. Warum erhöhen Sie die Guidance nicht?

Dörig: Wir sind gut unterwegs, haben aber noch nicht alles erreicht. In gewissen Bereichen haben wir auch von Einmaleffekten und Sonderfaktoren profitiert. Zum gegebenen Zeitpunkt werden wir die Zielsetzungen anpassen.



Warum so vorsichtig?

Dörig: Die grosse Lehre der Krise der Versicherungswirtschaft vor fünf Jahren ist, dass man nicht zu viel versprechen soll. Was ändert sich nach einer Ankündigung wie «Wir wollen der grösste Lebensversicherer Europas werden» oder «Wir streben eine Eigenkapitalrendite von 25% an»? Deswegen verdienen wir noch keinen zusätzlichen Franken. Deshalb haben wir die Zielsetzungen bis 2008 so formuliert und halten auch daran fest.



Ist Swiss Life nach wie vor die richtige Besitzerin der Banca del Gottardo?

Dörig: Wenn man davon ausgeht, dass das wirtschaftliche Umfeld noch zwei bis drei Jahre attraktiv bleibt, dann profitiert auch die Bank. Sie hat zugegebenermassen ehrgeizige Zielsetzungen. Wir erwarten, dass sie diese erreicht und so einen substanziellen Gewinnbeitrag liefert. Und wir werden noch sehr stark von den Synergien profitieren.



Ein Verkauf ist definitiv vom Tisch?

Dörig: Nachdem wir die Bank vor zwei Jahren nicht verkaufen konnten, weil die Angebote unserer Überzeugung nach nicht den Wert der Banca del Gottardo reflektierten, haben wir sie in unsere Holdingstruktur integriert. Wie gesagt: Wir sehen weiterhin Potenzial und halten deshalb an der Bank fest.

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Zur Person:

Steckbrief

Name: Rolf Dörig

Funktion: CEO Swiss Life Gruppe

Alter: 50

Wohnort: Kanton Zürich

Familie: Verheiratet, drei Söhne

Ausbildung: Dr. iur., Rechtsanwalt

Karriere

1986–2000: Schweizerische Kreditanstalt/Credit Suisse (CS), verschiedene Führungsaufgaben

2000–2002: Konzernleitungsmitglied CS Group

2002: Chairman Schweiz CS Group

Seit 2002: CEO Swiss Life Gruppe

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Swiss Life Gruppe

Vorsorge: Die Swiss-Life-Gruppe bietet Versicherungsprodukte und Dienstleistungen im Bereich Vorsorge an. Im Heimmarkt Schweiz ist Swiss Life Marktführerin. Die Gruppe ist daneben in Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Belgien sowie in Luxemburg und Liechtenstein präsent. Mit der Banca del Gottardo ist der Konzern auch im Private Banking tätig.

Zahlen: 2006 nahm Swiss Life 22,1 Mrd Fr. Prämien ein, erzielte einen Betriebsgewinn von 1,258 Mrd Fr. und einen Reingewinn von 954 Mio Fr.