Manche Branchen erleben einen goldigeren Herbst als andere. Zumindest an der Börse. Eine Auswertung der letzten 17 Jahre des amerikanischen und europäischen Aktienmarktes zeigt grosse und wiederkehrende Unterschiede in der Sektor-Performance einzelner Monate.

Das aktuelle Jahr liefert dazu den naheliegendsten Beweis, denn der Spätsommer erweist sich in der Langfristanalyse grundsätzlich als schlechte Zeit für Aktien. «Die durchschnittliche Rendite hielt sich im Juni und Juli der vergangenen Jahre knapp im positiven Bereich, während die Monate August und September mit einer negativen Kursentwicklung enttäuschten», erklärt Thomas Liebi, Aktienanalyst der Clariden Leu. «Wenn auch die Negativperformance im August dieses Jahres überdurchschnittlich war», fügt der Verfasser der Studie an.

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Kursgewinn zu 94 Prozent sicher

Wer im August erlittene Verluste in diesem Jahr noch wettmachen will, kann das Portefeuille winterfest machen. Zum Beispiel mit Aktien aus der US-Versorgerbranche und mit Titeln aus dem europäischen Healthcare-Sektor. Diese beiden Branchen haben in den letzten 17 Jahren im Dezember mit einer Wahrscheinlichkeit von 94% immer Geld verdient. Der Januar ist dann allerdings der

beste Monat für Aktien aus dem Technologiebereich – sowohl in den USA als auch in Europa.

Dieser Auswertung liegt einerseits die einfache Durchschnittsrendite zugrunde. Aber auch die Häufigkeit, mit der ein bestimmter Sektor den Gesamtmarkt geschlagen hat, fliesst ein, ebenso wie die Häufigkeit, mit der ein Sektor in einem Monat eine positive Rendite erzielt hat. Es zeigt sich, dass nicht alle Branchen den saisonalen Schwankungen gleich stark unterliegen – und gerade im Herbst nehmen die Unterschiede in der Sektor-Performance markante Ausmasse an.

Dies führt Thomas Liebi auf den Zusammenhang mit der Risikobereitschaft der Investoren zurück. Denn auch diese folgt bestimmten saisonalen Mustern. Die Risikofreude der Anleger, gemessen anhand der implizierten Volatiliät, erreicht demnach jeweils im Juni ihren Höchststand, bevor die Lust am Risiko über die Sommermonate markant nachlässt und im September geradezu in einer Risikoaversion endet.

«Im Frühling, wenn die Anleger mehr Risiko zu tragen bereit sind, spielt die Sektorallokation eine eher untergeordnete Rolle», erklärt Liebi den Zusammenhang beider Saisonalitäten. Denn der Unterschied zwischen dem besten und dem schlechtesten Sektor betrug im Mai und Juni lediglich 2%, räumt der Analyst ein. Die grosse Risikofreude der Anleger führt in diesen Monaten also zu einem breiten Anstieg der Kurse.

Die Situation im Herbst geht nicht nur in der Natur in die andere Richtung. Die Zurückhaltung der Investoren hemmt die Märkte oder treibt nur einige bestimmte Sektoren. «Gegen Ende des Jahres, wenn die Anleger sehr risikoavers sind, ist die Sektorpositionierung daher von grosser Bedeutung, denn der Unterschied zwischen dem besten und dem schlechtesten Sektor kann in diesem Monaten bis zu 5 Prozentpunkte monatlich ausmachen», warnt Liebi. Die Gefahr, im letzten Quartal des Jahres auf das falsche Pferd im falschen Stall zu setzen, ist also deutlich höher als im Frühjahr, wenn die

Märkte auf breiterer Front steigen.

Für die restlichen knapp zehn Wochen des aktuellen Jahres deuten die saisonalen Muster derzeit auf drei zu präferierende Sektoren: Telekom, Technologie und Health Care. Aus diesen Branchen empfiehlt Analyst Liebi je eine Aktie als Kauf (siehe Box links).

Alles ist menschlich

Bleibt die Frage, warum die Risikobereitschaft der Investoren im Jahresverlauf überhaupt so deutlich schwankt, kann aber auch der Aktienanalyst Liebi nicht abschliessend klären. Vielleicht habe es damit zu tun, dass Anleger intuitiv vorsichtiger werden, da die grössten Krisen der letzten Dekaden häufig in den dunklen Monaten des Jahres geschehen sind, man denke nur an 9/11, so Liebi.

Vielleicht hat es aber auch generell mit der inneren Uhr des

(Ur-)Menschen zu tun, der im Herbst irgendwie noch immer seine Schäfchen ins Trockene bringen und Vorräte für den Winter anlegen und horten will.

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Herbstrenner

Telefonica

Das spanische Telekommunikationsunternehmen profitiert vom anhaltend hohen Wachstum in Lateinamerika. Auch für den Heimmarkt sind die Aussichten intakt.

Ericsson

Der schwedische Lieferant von Mobilsystemen baut die Mobilfunk-Infrastruktur in den Emerging Markets aus und profitiert von der starken Zunahme des mobilen Datentransfers in Europa und den USA.

Logitech

Der Schweizer Hersteller von Computer-Peripherie-Geräten ist in den Wachstumssegmenten Video- und Audio positioniert und neue Produkte sollten der Aktie in nächster Zeit Auftrieb verleihen.

Fresenius Medical Care

Der Anbieter von Produkten und Dienstleistungen für Patienten mit chronischem Nierenversagen profitiert von der demografischen Entwicklung.

Nobel Biocare

Die Schweizer Medizinaltechniker sind mit ihren Zahnimplantaten

in einem noch jungen Markt tätig und profitieren vom allgemeinen Schönheitswahn, der auch das Gebiss erfasst hat.