Ana Patricia Botín bemüht sich nicht einmal, sympathisch zu wirken. Die Stirn in tiefe Falten gelegt, die Mundwinkel, wie meist, ein wenig spöttisch nach unten gezogen, wartet sie ungeduldig, bis die Fotografen ihre Arbeit beendet haben und sie ihre Quartalszahlen vortragen kann. Wenn anderntags dann wieder in den Zeitungen steht, die Chefin der viertgrössten Bank Spaniens, Banesto, sei streng oder gar herrisch was macht das schon? Botín weiss um ihre Bedeutung.

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Seit Monaten wird die 44-Jährige als Nachfolgerin ihres Vaters Emilio Botín an der Spitze des spanischen Bankenprimus Santander Central Hispano (SCH) gehandelt. Nach dem Votum der Aktionäre des britischen Instituts Abbey National über die Fusion mit der Bank vor einigen Tagen haben die Spekulationen zusätzliches Gewicht. Wird Ana Botín in wenigen Jahren als erste Frau eine der dann weltweit mächtigsten Banken führen?

Das Zeug hätte sie dazu

Emilio Botín, der die 1857 gegründete Bank in der dritten Generation leitet, ist 69. Wenn er sich in drei Jahren zurückzieht, wie es die Bankstatuten vorsehen, könnte Ana Patricia ihn beerben. Das Zeug dazu hätte die Älteste von fünf Geschwistern, sagen ihre Gönner. Die «Financial Times» wählte sie gerade auf Platz zwei im Ranking der erfolgreichsten weiblichen Führungskräfte Europas.

Seit 2002 steht Botín an der Spitze der Banco Espanol de Crédito, kurz Banesto. Das Institut wickelt das Privatkundengeschäft der Grupo Santander ab und gilt als Kronjuwel des Konzerns. Seit Anfang 2003 hat Banesto in jedem Quartal 10000 kleine und mittelständische Betriebe als Neukunden gewonnen. In den ersten neun Monaten 2004 stieg der Nettogewinn um 12% auf knapp 400 Mio Euro.

Botín machte sich selbst die Mühe, Weinhändler, Boutiquenbesitzer oder Schmuckfabrikanten in ganz Spanien anzuwerben. Sie spricht schnell, ist eloquent, in ihrer Muttersprache und in vier Fremdsprachen, darunter Deutsch. Einsatz und Disziplin verlangt sie nicht nur von ihren Mitarbeitern, die sie ehrfurchtsvoll Ana P. nennen, sondern zuerst von sich selbst. «Ich habe meinen Beruf von der Pike auf gelernt. Niemand hat mir etwas geschenkt», betont sie.

Ihre Kritiker bezweifeln genau das. Ana Botín habe ihre Karriere vor allem ihrem Namen zu verdanken, lästern sie.

Die Botín-Dynastie gehört zu den zehn reichsten und angesehensten Familien Spaniens. Ana besuchte Internate in Österreich, der Schweiz und England, bevor sie zum Studium an das feine Bryn-Mawn-Mädchencollege in den USA und anschliessend an die Harvard-Universität ging. Nach dem Abschluss in Wirtschaftswissenschaften arbeitete sie sieben Jahre lang für die US-Investmentbank JP Morgan in Madrid und New York. Mit 25 war sie dort stellvertretende Leiterin des Lateinamerika-Geschäfts.

Mutter von drei Söhnen

Zurück im Schoss der Familie baute Botín, inzwischen mit Guillermo Morenes Mariategui, einem Nachfahren des Marquis de Borghetto, verheiratet und Mutter von drei Söhnen, für Santander das Investment-Banking in Lateinamerika auf. Zwischen 1997 und 1999 war sie ausserdem zuständig für die Akquisition von Banken in der Region. Santander habe damals sehr viel Geld verloren, behaupten Analysten. «Insgesamt haben wir jedes Jahr Gewinne gemacht», sagt Botín. Allerdings, das räumt sie ein, seien die Geschäfte der Bank nicht in jedem Land rentabel gewesen.

Mangelnder Erfolg war aber nicht der Grund, warum der gefürchtete Unternehmenspatriarch Emilio Botín seiner Tochter 1999 die Tür wies. Er opferte sie vielmehr der Firmenräson. Nach der Fusion unter Gleichen der Banken Santander und Central Hispano wehrten sich die Partner gegen die Hausmacht der Botín, die weniger als 3% der Anteile besitzen. Ana P. ging und baute eine Internet-Consultingfirma auf. Und wartete auf ihre Stunde.

Die kam drei Jahre später, als die Central-Hispano-Leute aus der Führung gedrängt wurden. Über die Zukunft an der Spitze der Grupo Santander schweigen sich Vater und Tochter aus. Absolute Diskretion gehört zum guten Ton der Botín wie Wochenendausflüge zum Skifahren nach Gstaad. Es gebe eine ganze Reihe ausgezeichneter Leute, die für den Posten in Frage kämen, heisst es lediglich.