Die Küche der Zukunft denkt mit: Geräte wie Kochroboter oder smarte Kühlschränke sollen dem Konsumenten künftig viel Arbeit abnehmen. Aber die vernetzte Küche hat auch ihre Schattenseiten. Denn je smarter die Geräte werden, desto mehr Daten können Nutzer eingeben, um diese zu personalisieren. Gleichzeitig werden so auch mehr und mehr Daten abgesogen. Was wer, wann einkauft, wie sich Menschen ernähren, wie sehr sie auf ihre Gesundheit achten.

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Interesse an solchen Daten könnten Forscher, Versicherungen, Lebensmittelproduzenten oder sogar Arbeitgeber haben. «Solange die Daten nur aggregiert und somit anonym ausgewertet werden, wird die Privatsphäre der Benutzer gewahrt», sagt Francis Meier, Informationsbeauftragter vom Eidgenössischen Datenschutz. «Bei personenbezogenen Auswertungen besteht aber die Gefahr, dass die Schlüsse den betroffenen Personen zum Nachteil gereichen.»

Gefahr: Weiterverkauf von Daten

Gewisse Krankenkassen werten jetzt schon die sportliche Aktivität ihrer Kunden aus - mit deren Zustimmung. Sollte die Auswertung der Ernährung dazukommen, könnte dies diskriminierend werden. In diesem Fall dürften Personen, die ihre Daten nicht preisgeben wollen, keine erheblichen Nachteile erleiden, etwa in Form von deutlich höheren Prämien, so Meier.

Sara Stalder vom Konsumentenschutz hält das für eine gefährliche Entwicklung. «Mit den smarten Küchengeräten werden wertvolle Daten erhoben und vermutlich auch weiterverkauft», sagt sie. Stalder plädiert für ein gesetzlich geregeltes Kopplungsverbot. Dieses würde Anbietern untersagen, die Sammlung und Weitergabe der Daten an den eigentlichen Nutzen des Geräts - also die Kühlfunktion - zu koppeln. Zum anderen müsse es eine Bewegung in Richtung Datensparsamkeit geben. Anbieter sollten also nur jene Daten erheben dürfen, die relevant seien. Ausserdem müssten Kunden informiert werden, welche Daten über sie erhoben werden. «Der Konsument muss die Möglichkeit haben, allem, was darüber hinaus geht, zuzustimmen», so Stalder.

Individueller Datenschutz

Für Hersteller hiesse dies: Geräte müssten mit dem höchstmöglichen Datenschutz auf den Markt kommen. Der Konsument könnte dann selber freischalten, was er preisgeben möchte. Momentan saugten Geräte alle Daten ab, die sie könnten. Da viele Geräte in der Schweiz von internationalen Herstellern geliefert werden, müssten Standards dann auch international gelten. Hier könnte die Schweiz sich nach europäischen Standards richten, so Stalder.

Der Konsument müsse sich aber damit abfinden, dass er einen gewissen Kontrollverlust erlebe, sagt Rechtsanwalt Martin Steiger. Wichtiger sei dabei, dass man Zugang zu allen eigenen Daten behalte. Das wird umso schwieriger, wenn die eigenen Daten auf einem Server am anderen Ende der Welt liegen. Entscheidend sei, dass nicht Daten, sondern Menschen geschützt würden.

Produkthaftpflicht ausweiten

Um den Hersteller von smarten Geräten in die Pflicht zu nehmen, schlägt Steiger vor, die Produkthaftpflicht auszuweiten. Wenn der Konsument zu Schaden kommt, auch wenn seine Daten verloren gehen, haftet der Hersteller. Das wären positive Anreize für die Hersteller, die Daten abzusichern.

Dabei ist die Gefahr von Hackerangriffen noch nicht gebannt: Denn Küchengeräte, die mit dem Internet verbunden sind, können von extern gesteuert werden. «Falsche» Befehle können dem Informationsbeauftragten Meier verheerende Folgen haben. Undenkbar, wenn jemand von aussen das Smartphone hackt und die elektrischen Geräte einstellt.

Kühlschrank mieten

Möglich ist auch, dass Abhängigkeiten entstehen, sagt Anwalt Steiger. Denkbar wären Geschäftsmodelle, bei denen Konsumenten Kühlschränke mit dem Kauf gewisser Produkte gratis dazu bekämen, oder dass man sie künftig nur noch mieten könnte. Hier könnte sich etwa die Kühlschranktür nicht mehr öffnen, wenn die Miete nicht gezahlt wird.

Wird der Kühlschrank mehr und mehr zum Computer, kommt eine weitere Form der Abhängigkeit hinzu: Dessen Software muss regelmässig aktualisiert werden. Wenn keine Updates mehr erfolgen, kann sich die heute meist lange Lebensdauer von Geräten erheblich reduzieren.

Nervige Geräte

Zuallerletzt kann auch die übertriebene Vernetzung nerven. Etwa wenn das Smartphone bei jedem Waschgang-Wechsel piipst, der Backofen mit dem Bedürfnis, den Braten zu drehen, eine Pushnachricht sendet, der Kühlschrank auf die leere Milch hinweist. So geht noch mehr Zeit mit dem Smartphone drauf - und dies steigert den digitalen Stress.

Sollten die Anbieter es allerdings schaffen, die Produkte noch nutzerfreundlicher zu gestalten, diese besser in den Alltag zu integrieren, sie sicherer und erschinglicher machen, dürfte der smarten Küche nichts mehr im Weg stehen.

Mehr zur Küche der Zukunft, sowie zu den Vor- und Nachteilen von smarten Küchengeräten und -helfern lesen Sie im ersten Teil der Serie: «So kochen und essen wir in Zukunft».

Redaktorin Caroline Freigang
Caroline Freigangschreibt seit 2019 für den Beobachter – am liebsten über Nachhaltigkeit, Greenwashing und Konsumthemen.Mehr erfahren