Es machte den Anschein, als hätte jemand einen guten Tipp. Die Briefe, welche im vergangenen Herbst 10'000 deutschen Ärzten ins Haus flatterten, waren von Hand beschriftet: «Schau' Dir das mal an. LG, Micha.» Sie enthielten allerdings keine Ferienfotos oder Hoteltipps, sondern Sonderdrucke von Artikeln aus vier Fachzeitschriften über das Hautkrebs-Präparat Erivedge. Auf den Artikeln klebten handgeschriebene Post-its. Unter anderem stand dort zu lesen: «Schau mal, was ich noch auf dem Tisch hatte. Hast Du damit schon Erfahrungen machen können?» Der jeweilige Arzt wurde auf den Post-its jeweils mit Vornamen angesprochen.

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Für diese Werbe-Aktion in Deutschland kassiert der Schweizer Pharmakonzern Roche, wie das Fachblatt «Apotheke Adhoc» berichtet, eine Geldbusse von 28'000 Euro – wegen verbotener Schleichwerbung. Verhängt hat sie der Verein «Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie», FSA. Er ist eine Selbstregulierungsorganisation für das deutsche Gesundheitswesen, dem 55 Pharmafirmen angehören, darunter auch die Schweizer Riesen Roche und Novartis.

Beabsichtigter Verstoss gegen Richtlinien

Verschickt wurden die Briefe von einer beauftragten Agentur – ohne Absender. Und genau das wurde Roche zum Verhängnis. Der FSA erkannte auf einen Verstoss gegen die Richtlinien des Vereins, da «der Absender der Unterlagen nicht eindeutig und unmittelbar erkennbar» gewesen sei. Bei den angesprochenen Ärzten sei der  Eindruck entstanden, hier erfolge ein persönlicher Hinweis von einem Bekannten oder Freund auf eine Veröffentlichung über ein Medikament. Ein Hinweis aus dem persönlichen Kreis werde besser beachtet als klar vom Hersteller verschickte Werbung. Laut dem FSA sei genau dies beabsichtigt gewesen.

Roche sagte zur Verteidigung, ein einzelner Mitarbeiter sei für die Aktion verantwortlich gewesen. Die weitere Zusammenarbeit mit ihm sei mittlerweile beendet worden. Das liess der FSA nicht gelten: Die Irreführung sei dem Unternehmen auch dann zuzurechnen, wenn es sich um die Aktivität eines einzelnen Mitarbeiters handele.

Ausser Spesen nix gewesen

Roche hat der Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 28'000 Euro zugestimmt. Nach Angaben des Konzerns beliefen sich die Kosten für die Aktion auf über 35'000 Euro. Dazu kommen die Kosten für das Entschuldigungsschreiben, das der Konzern kurz vor Weihnachten verschickt hatte. Der FSA wurde aktiv, weil die deutsche Zeitung «Welt am Sonntag» über die missglückte Aktion berichtet hatte.

Marcel Speiser Handelszeitung
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