Ausserhalb des Mittellands wurde der Deal kaum zur Kenntnis genommen. Per Anfang 2006 übernimmt die Karl Vögele AG 12 Filialen der Schuhdetailhändlerin Maikler AG (Marke Botty) und macht sie zu Vögele-Shoes-Läden, wie Ende letzten Juli mitgeteilt wurde. Das Geschäft ist symptomatisch für den fortschreitenden Konzentrationsprozess im Schweizer Schuhfachhandel.

Zwar ist die Anzahl der Schuhgeschäfte mit 1500 in etwa stabil. Doch immer mehr Läden gehören zu den Grossen im Markt. Die «Top Five» teilen sich rund 45% Marktanteil, was Dieter Spiess, Zentralpräsident des Schweizerischen Schuhhändler-Verbandes (SSV) dazu veranlasst, von einem Oligopol zu sprechen.

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Rund 40 Mio Paar Schuhe wurden im vergangenen Jahr gekauft. Die Zahlen sind allerdings mit gewisser Vorsicht zu geniessen. Vor allem seit dem anhaltenden Boom der Sneakers ist die Grenze von Schuh- und Sportfachhandel noch durchlässiger geworden. In den ersten sieben Monaten verzeichneten die in der Schweiz tätigen Schuhhändler im Vergleich zu 2004 ein leichtes Plus. Thomas Hochreutener vom Marktforschungsinstitut IHA-GfK rechnet für 2005 mit einem Marktvolumen von 2,15 Mrd Fr.

Doch über einen längeren Zeitraum betrachtet, schrumpft der Markt, denn die Schweizerinnen und Schweizer kaufen im Vergleich zu früher weniger Schuhe. Kauften sie 1994 durchschnittlich 5,9 Paare pro Jahr, waren es 2004 noch deren 4,6. Immerhin etwas bleibt gleich: Das Augenmerk der Händler gilt nach wie vor den Kundinnen. Von den 40 Mio Paar gekauften Schuhen im letzten Jahr waren 25 Mio Damenschuhe. Nur 10 bis 12 Mio sind Herrenschuhe, den Rest tragen Kinder.

Starke Marke nötig für Erfolg

Neben dem Konzentrationsprozess nimmt auch der Preiskampf weiter zu wie fast überall im Detailhandel. Laut Spiess vom SSV sind heute rund 80% der gekauften Schuhe solche unter 90 Fr. «Trotzdem geht es den Kleinen im Vergleich zum übrigen Textileinzelhandel etwas besser, weil unser Geschäft beratungs- und serviceintensiver ist», sagt Spiess. Am erfolgreichsten seien jene Händler, die sich in den vergangenen Jahren eine starke Marke geben konnten.

Das trifft in hohem Mass auf die grossen Ketten zu. Marktleader in der Schweiz ist noch immer Dosenbach-Ochsner, seit Jahren im Besitz der deutschen Deichmann-Gruppe. Jährlich eröffnet die Gruppe neue Filialen und gehört zu den wichtigsten Jobmachern im Land. 2004 waren es 150 neue Stellen. Anlässlich des 140-Jahr-Jubiläums von Dosenbach hat Dosenbach-Ochsner am Dienstag, 20. September 2005, erstmals in der Geschichte eine Medienkonferenz durchgeführt, an der Firmeninhaber Heinz-Horst Deichmann persönlich zu Gast war. Der studierte Arzt mit dem eigenem Hilfswerk («wortundtat») verkaufte 2004 in insgesamt zwölf Ländern über 90 Mio Paar Schuhe und erzielte damit einen Umsatz von 3,4 Mrd Fr. In der Schweiz werden es 2005 über 8 Mio Paare sein, wie Antoine Fölmli, Geschäftsführer der Dosenbach-Ochsner AG sagt. Fölmli nennt als Schlüssel zum Erfolg einerseits den weiterhin eigenständigen Auftritt der Marken Dosenbach und Ochsner, zum anderen das Know-how der Deutschen sowie die Einkaufskraft der grössten europäischen Schuheinzelhändlerin.

Neben den Ketten behaupten sich auch die Kleinen. 35% des Markts decken unabhängige Schuhhändler mit höchstens vier Filialen ab.Sie sind in der Regel einer der drei Einkaufsplattformen angeschlossen. Spiess: «Die Unabhängigen können sich über guten Service und freundliche Bedienung profilieren und tun gut daran, eher ein Kundensegment ab 45 Jahren anzusprechen.»

Das versucht auch die Karl Vögele AG (Umsatz: 370 Mio Fr.). Gleichzeitig hat sich die Nummer zwei hier zu Lande in den letzten Jahren gezielt ein jüngeres und frischeres Image verpasst. Dazu diente auch das Engagement bei der Miss-Schweiz-Organisation, das seit 1991 läuft. Vögele ist noch immer in schweizerischem Familienbesitz. Dass dem so blieb, erklärt CEO Max Manuel Vögele so: Man habe über Jahrzehnte das Vertrauen in die Marke kontinuierlich aufgebaut.

Mit verschiedenen Ladenformaten versucht Vögele Shoes den veränderten Konsumgewohnheiten Rechnung zu tragen. Dazu gehört das urbane Max-City-Konzept genauso wie die 60 Bingo-Discounts in unmittelbarer Nachbarschaft zu Filialen von Otto's. «Je nach Format konnten wir unsere Preise teilweise sogar halten», sagt Vögele. Doch auch er ist überzeugt, dass sich der Verdrängungskampf weiter verschärfen wird.

Zukunft von Salamander offen

Nicht immer sind die internationalen Händler erfolgreich mit ihrer Expansion. Das zeigt das Beispiel der Salamander AG, die mit gut 30 Läden in der Schweiz präsent ist. Im Herbst musste die Muttergesellschaft Garant Insolvenz anmelden, weil sie sich mit der Akquisition von Salamander übernommen hatte. Die Zukunft der zur Gruppe gehörenden Fricker-, Pasito und Salamander-Filialen in der Schweiz ist offen. Eine Erfolgsgeschichte jüngeren Datums schreibt dafür Bruno Bencivenga mit Navyboot. Jährlich konnte dieser in den letzten Jahren zweistellig wachsen und erzielt inzwischen immer stärker diversifiziert allein mit Schuhen rund 40 Mio Fr. Umsatz. Auch Navyboot hat viel in die Marke investiert, wie Sprecher Alfredo Schilirò betont. Die Marke hat sich im Mittelpreis-segment erfolgreich positioniert.

Navyboot setzt auf Europa

Mit zum Erfolg gehört, dass man weiterhin fast 90% des Angebots in Italien und im Tessin herstellen lässt. Das sei letztlich ein Bauchentscheid und habe mit einer bestimmten Lebensphilosophie zu tun. Die Kundschaft in den Navyboot-, Varesino und Bagatt-Läden ist gemäss Schilirò anspruchsvoller geworden. Die kosmopolitische Kundschaft reise mehr und erwarte dadurch neben einem guten Preis-Leistungs-Angebot auch ein internationales Sortiment. Damit widersetzt sich Navyboot dem Branchentrend, denn auch hier nimmt die Produktionsverlagerung nach Asien zu.

Spiess vom Schuhhändler-Verband nennt Zahlen: «Während ein Paar geklebte Lederschuhe in Europa für 40 bis 50 Fr. hergestellt werden, belaufen sich die Kosten in China auf gerade mal 10 Dollar.» Wie in fast allen Märkten, ist auch im Schuhmarkt Platz für clevere kleine Händler in guten Nischen, glaubt der Verbandspräsident.

Den anhaltenden Boom der Sneakers hat der Schuhhandel der Sportartikelindustrie zu verdanken. Dass diese heute für die 35- bis 45-Jährigen im Alltag salonfähig sind, hat den Markt belebt. Auch der neue Trend Nordic Walking ist vom Schuhdetailhandel positiv aufgenommen worden. Mit dem «Walkingschuh» kann zum ohnehin guten Umsatzträger Trekkingschuh zusätzlicher Umsatz generiert werden.



Die Grössten im Schweizer Schuhhandel

Umsatz 2004 (in Mio Fr.) Anzahl Filialen

1. Dosenbach-Ochsner*545 278

2. Karl Vögele AG370**270

3. Migros80

4. Bata***7562

5. Bally***5011

6. Navyboot4940

* inkl. Sportartikel-Umsatz;

** davon 80 Filialen in Österreich;

*** Schätzung «HandelsZeitung»

Quelle: Firmenangaben und Schätzungen «Handelszeitung»