Imposante Wachstumsraten, ein relativ stabiles politisches Umfeld und eine Fülle wertvoller Rohstoffe – dies ist der Stoff aus dem Investorenträume in Afrika gestrickt sind. Die Perspektiven sind ausgezeichnet, schreibt die Exportförderorganisation Switzerland Global Enterprise (S-GE) in ihrer Länderübersicht. Äthiopien sei drauf und dran, zur grössten Wirtschaftsmacht in Ostafrika aufzusteigen.

Von all den vielversprechenden Ländern in Afrika, scheint Äthiopien zur Zeit eines der begehrtesten zu sein. «Vergessen Sie die Brics, jetzt kommen die Pines» schrieb das Wirtschaftsmagazin «Time» im März. Die Zukunft gehöre den Philippinen, Indonesien, Nigeria und Äthiopien. Auch die US-Regierung misst dem Kontinent mehr Bedeutung zu, wie der US-Afrika-Gipfel mit knapp 50 afrikanischen Staatschefs zeigt, der soeben zu Ende gegangen ist.

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Äthiopien spielt dabei vorne mit: Zwischen 2004 und 2008 wuchs das Bruttoinlandprodukt (BIP) jährlich um mehr als zehn Prozent, in diesem Jahr wird laut S-GE mit immerhin sechs bis sieben Prozent gerechnet. Die Regierung verfolgt einen investorenfreundlichen Kurs und will in den kommenden Jahren kräftig in die Infrastruktur investieren.

Äthiopien ist die Schweiz Afrikas

Schweizer Unternehmen sollen vermehrt von einem «Äthiopien auf der Überholspur» profitieren, findet S-GE. Schliesslich sei Äthiopien ein Land, das «in vielem der Schweiz ähnelt». Und es stimmt: Die gebirgige Topografie, der Wasserreichtum und die Rohstoffarmut erinnern tatsächlich an die Schweiz. Um das Land als Investitionsmöglichkeit bekannter zu machen, lädt S-GE Ende September zu einem viertägigen Business-Trip in den jüngsten Boomstaat.

«Ziel für die Teilnehmer ist es, einen präzisen Eindruck vom Marktpotential für die eigenen Produkte zu gewinnen und erste Ansätze für ein geschäftliches Netzwerk aufzubauen», lässt Organisator Suhail El Obeid auf Anfrage von Handelszeitung.ch wissen. Mit der Reise biete sich die Chance, wichtige Gespräche mit potentiellen Kunden, Partnern oder Behördenvertretern zu führen und so den Einstieg vorzubereiten.

Das Angebot komme gut an, so der Nahost- und Afrikaexperte Suhail El Obeid. Teilnehmer aus der Chemie- und Pharmabranche hätten sich bereits angemeldet. Hinzu kommen Vertreter aus der Bauwirtschaft, von Finanzunternehmen oder Schienentransportfirmen. Genaueres will der Berater nicht über die Teilnehmer verraten.

Äthipien ist noch immer agrarisch geprägt

Dass Äthiopien im Aufstieg ist, sehen auch Entwicklungsorganisationen so. «Das Land ist nicht mehr durch seine komplexen Herausforderungen gelähmt», schreibt etwa Haddis Tadesse von der Bill und Melinda Gates Stiftung. Äthiopien werde die meisten Milleniumsziele bis 2015 erreicht haben.

Einige Fragezeichen bleiben dennoch. Die Industrie des Landes ist fast ausschliesslich auf die Hauptstadt Addis Abeba konzentriert. Das Bruttosozialprodukt pro Kopf ist in der Millionenstadt nach Zahlen von PwC sechs mal höher als im Rest des Landes, das noch immer sehr stark von der Landwirtschaft geprägt ist. Mit einem Anteil von 40 Prozent gehört Äthiopien weltweit zu den Ländern, in denen der Agrarsektor am grössten ist.

Vorsicht geboten

Äthiopien ist deshalb auch immer noch eher als Empfänger von Entwicklungsgeldern bekannt, denn als Handelspartner. Im Fiskaljahr 2011/2012 waren Ausgaben zur Armutsbekämpfung bei weitem der grösste Posten in Äthiopiens Budget. Der Anteil betrug laut der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) 69 Prozent der Staatsausgaben.

Auch für Suhail El Obeid ist klar, dass in Äthiopien nicht alles zum Besten steht. Zwar sei der Staat beispielsweise punkto Korruption «hellwach». Dennoch sei «Vorsicht geboten», weil das Land im Korruptions-Index von Transparency International im hinteren Drittel liege. Entscheidend für das Gelingen eines Einstiegs in Äthiopien ist deshalb aus Sicht von Berater El Obeid gute Beratung, Ausdauer und ein Netzwerk vor Ort.