Die Business-Idee
Rund 1,6 Millionen Schweizer sind 65 Jahre oder älter. Und laut Bundesamt für Statistik (2017) soll der Anteil der über 65-Jährigen bis 2045 noch einmal kräftig wachsen, und zwar auf rund 2,2 Millionen. Gleichzeitig steigen Agilität und Lebenserwartung, sodass Menschen bei Renteneintritt noch rund zwanzig Jahre vor sich haben. Rund 12 Prozent der über 65-Jährigen arbeiten regelmässig – Tendenz steigend. Alexis Weil aus Basel hat die Plattform Seniors@ Work entwickelt, auf der Senioren ab sechzig Jahren, die noch temporär arbeiten möchten, Stellen suchen und anbieten können.
Und dabei hat er sich bewusst für das Wort «Seniors» entschieden: «Diese Menschen sind nicht nur Rentner oder Pensionäre, sie haben sich jahrzehntelang Senior-Wissen angeeignet, sind Experten auf ihrem Gebiet», sagt Weil. «Dieses Wissen ist viel wert und kann projektbasiert KMU und Privatpersonen zugutekommen.»
Der Gründer
Auf die Idee kam der Basler, der an der Universität St. Gallen den Master in Finance und Accounting gemacht hat, als sein Vater 2017 pensioniert wurde: «Plötzlich war er ständig zu Hause, aber noch fit! Da fällt einem, der sein Leben lang Skills aufgebaut hat, doch die Decke auf den Kopf», sagt Weil. In Gesprächen mit Pensionierten merkt er: «Hobbys erfüllen nicht komplett, viele Rentner wünschen sich, flexibel und temporär an Projekten mitzuarbeiten, ihr Wissen weiterzugeben und aktives Mitglied der Gesellschaft zu bleiben.»
Zuvor hatte Alexis Weil bereits das Startup Hellosport gegründet, das Sportbegeisterte zur gemeinsamen Aktivität verbinden sollte. «Aber wegen des Mangels an Partnern und der starken Konkurrenz habe ich in diesem Projekt keine Skalierbarkeit mehr gesehen», so Weil. Also entschliesst er sich, Seniors@Work zu realisieren.
«Senioren sind oft fit und suchen soziale Einbindung und sinnvolle Tätigkeit. Sie schätzen eine direkte Ansprache. Aber die Konkurrenz ist bereits gross.»
Anne Jansen, Dozentin FHNW
Der Markt
Ähnliche Plattformen gibt es bereits, zum Beispiel Rent a Rentner, Senexpert oder Rentnerado. «Ausserdem sind Unternehmen zunehmend bemüht, eigene Pensionierte projektbasiert zu halten», sagt Anne Jansen, Dozentin für Human Resource Management an der FHNW. «Das hat den Vorteil, dass auch die soziale Einbindung in ein bekanntes Team bestehen bleibt.» Weiter konkurrenziere das Angebot mit Freiwilligenarbeit, die klar Sinn stifte. Alexis Weil ist sich dennoch sicher: «Der Markt ist gross genug und wir planen bereits Services und Funktionen, die noch keine Konkurrenzplattform anbietet.» Durch strategische Partnerschaften mit Senioren-Bildungswerken, Senioren-Netzwerken wie der Pro Senectute beider Basel und Talk-Events zu Themen wie Startups und Senioren will er seine Zielgruppe erreichen.
Das Kapital
Rund 40 000 Franken Eigenkapital stecken in der neuen Idee. In diesem Jahr soll die Gründung einer AG folgen – auch weil Finanzierungsrunden über total 150 000 Franken mit Helvetia, der Christoph Merian Stiftung und den drei Investoren aus «Höhle der Löwen», Roland Brack, Tobias Reichmuth und Bettina Hein, bereits abgeschlossen sind. Mittlerweile sind über 350 Senioren angemeldet, die ihr Know-how anbieten. Rund achtzig Jobs, vor allem in den Bereichen Finanzen, Steuererklärung, Administration und Betreuung, wurden vermittelt.
Die Chance
Dem Gründer ist es wichtig, zu betonen, dass sein Angebot keiner normalen Arbeitskraft den Job wegnehme: «Oft übernehmen in Startups und privaten KMU die Gründer selbst Finanzen oder Administration», sagt Weil. «Durch die Vermittlung von Senioren schaffen wir neue Arbeitsplätze.» Eine weitere Finanzierungsrunde soll Anfang 2020 folgen.