Das Gerät im Labor der beiden Geschäftspartner Marco Di Berardino und Marcel Ottiger heisst Ampha Z30. Es sieht aus wie eine Kaffeemaschine. Trotzdem geht es hier im Technologiepark im D4 in Root LU weder um Cappuccino noch um Espresso. Im Mittelpunkt stehen biologische Zellen. Ampha Z30 ist in der Lage, diese zu zählen.

Und das Gerät kann deren Grösse, Gestalt und Vitalität bestimmen. Das Verfahren beruht auf einer neuartigen Sensortechnologie. Herzstück ist ein patentierter Mikrochip mit einem elektrischen Messfeld, durch den die Zellen geschleust werden.

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50'000 Zellen pro Minute

Die Kaffeemaschine ist ein mobiles Labor, ein Lab-on-a-chip. «Das Gerät wiegt gerade mal 8 Kilo, ist innerhalb von wenigen Minuten einsatzbereit und kann bequem überall im Gelände verwendet werden», so Technologie-Chef Di Berardino. Es arbeitet mit einem Durchlauf von 50'000 Zellen pro Minute viel schneller und präziser als herkömmliche Laborverfahren.

Der erste kommerzielle Anwender der Technologie ist die holländische Enza Zaden. Die Firma ist einer der weltweit grössten Produzenten von Gemüsesaatgut, etwa für Tomaten, Paprika oder Zucchetti. Nach erfolgreichen Feldversuchen hat die Firma vor kurzem zehn Zellanalysegeräte bei Amphasys bestellt.

Bestäubung effizienter machen

Enza Zaden will mit den portablen Labors künftig die Qualität des Blütenstaubs testen. Mit dem Ziel: Für die Bestäubung möglichst vitale Pollen einzusetzen. Dabei steht viel auf dem Spiel. Eine bessere oder schlechtere Saatguternte macht pro Hektare Anbaufläche einige zehn- bis hunderttausend Franken Unterschied. Bisher mussten es die Saatguthersteller bei aufwendigen und mangelhaften Stichproben im Labor bewenden lassen.

«Enza Zaden ist ein wichtiger Entwicklungspartner und unser erster zahlender Kunde für die Pollenapplikation», erklärt Ottiger, der für die Finanzen und das Marketing verantwortlich ist. Bereits haben weitere Unternehmen bei Amphasys angeklopft. Die neue Analysetechnologie hat sich in der Branche herumgesprochen. Wer auf die Vorteile verzichtet, riskiert einen Wettbewerbsnachteil. Amphasys will sich auf die Branche der Saatguthersteller fokussieren. Auch bei Kartoffeln oder Getreidesorten besteht Optimierungsbedarf. Dort geht es um grössere Mengen.

Weitere Einsatzmöglichkeiten

Di Berardino und Ottiger sind zuversichtlich, dass sie schon im nächsten Jahr den Breakeven schaffen werden. Die Startphase finanzierten sie über ein Darlehen einer Stiftung. Der Gewinn des Jungunternehmerpreises der W. A. de Vigier-Stiftung im letzten Jahr öffneten die Türen zu einer Gruppe von Schweizer Investoren. Das Geld sollte bis zur Gewinnschwelle reichen.

Mittelfristig wollen die beiden Jungunternehmer weitere Anwendungen erschliessen. «Grundsätzlich können wir überall bei biologischen Prozessen helfen, wo einzelne Zellen und deren Eigenschaften analysiert werden müssen», sagt Ottiger. Zum Beispiel bei der Blutanalyse in der Medizin oder bei der Qualitätskontrolle von Milch.

Dafür laufen im Rahmen eines KTI-Projektes, an dem eine Grossmolkerei sowie Hochschulen beteiligt sind, bereits Vorarbeiten. Das Lab-on-a-chip soll an die Bedürfnisse der Milchwirtschaft angepasst werden. Der Bauer soll es direkt beim Melken einsetzen können. Amphasys kann noch viele Möglichkeiten ausschöpfen.

Weiterentwicklung und Markterschliessung

Unter anderem hat sich in einer Studie der ETH Zürich gezeigt, dass mit der neuen Analysetechnologie der Differenzierungsprozess von Stammzellen verfolgt werden kann. Den Bau der Hightech-Geräte hat Amphasys an rund ein halbes Dutzend Konstruktions-, Software- und Elektronikpartner ausgelagert. Di Berardino und Ottiger konzentrieren sich mit ihrem fünfköpfigen Team auf die Weiterentwicklung und auf die Markterschliessung. Zweifellos hat Amphasys in den ersten zwei Jahren des Bestehens einen weiten Weg zurückgelegt. «Wir sind bei der Gründung allerdings nicht bei null gestartet», stellt Di Berardino klar. Die Ursprünge der Technologie für die Zellanalyse liegen an der EPF Lausanne. Die dort von einem Doktoranden entwickelte Technologie übernahm die Firma Axetris in Kägiswil OW und machte daraus zwischen 2004 und 2011 einen Prototypen. Di Berardino war dabei als Projektleiter mit von der Partie. 2012 zog sich Axetris aus dem Projekt zurück. «Es wäre zu schade gewesen, die gescheite Technologie einfach sterben zu lassen», meint Di Berardino rückblickend. Also entstand Amphasys als Spin-off. Diesen Schritt haben Di Berardino und Ottiger bislang keinen Tag bereut.

Facts & Figures

Potenzial
Das Marktvolumen für die Technologie dürfte bei über 100 Millionen Franken liegen. Im Moment gibt es für Amphasys keine Konkurrenten. Wer nach herkömmlicher Art Pollen zählen und auswerten möchte, muss dies unterm Mikroskop tun. Mehr als ein paar handverlesene Stichproben liegen dabei aus zeitlichen Gründen nicht drin.

Gründer
Marco Di Berardino ist Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionsleiter. Marcel Ottiger ist Partner, Organisations-, Finanz- und Marketingleiter. Thomas Bergen ist Verwaltungsrat.

Mitarbeiter
Die Anzahl Mitarbeiter beträgt heute fünf. Gegründet wurde Amphasys 2012.

Kapital
Das Startkapital der Firma beträgt 400 000 Franken. Das Unternehmen will ein portables Zellanalysegerät für die Pollenanalyse in der Saatgutherstellung entwickeln und herstellen.

30%
Nische Amphasys hat eine Marktnische geschaffen und strebt darin die Marktführerschaft an. Die Saatgutherstellung ist insgesamt ein Milliardenmarkt. Die Pollenanalyse, wie sie Amphasys ermöglicht, verspricht eine Steigerung der Produktivität beim Saatgut um rund 30 Prozent.