Sie haben ungefähr den Durchmesser eines Einfränklers, schmecken unbeschreiblich süss, und sie gehören seit Jahrzehnten zu Zürich wie die Bahnhofstrasse oder das Sechseläuten: Die Luxemburgerli. Doch die Zeiten, in denen die Zürcher Version der französischen Macarons ausschliesslich über die Ladentische der Confiserie Sprüngli ging, sind vorbei. Seit gut zwei Jahren entwickeln sich die durch Buttercreme zusammengehaltenen Mandelmakronen zu Trendprodukten in Confiserien der ganzen Schweiz. In Solothurn liegen sie in den Kantonsfarben Rot und Weiss in Confiserieauslagen, in Burgdorf heissen sie Edinburgerli, und in Luzern preist sie eine Confiserie unter dem eigentlich geschützten Namen Luxemburgerli an.

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Spüngli: Ein Auge auf Profiteure

Die Confiserie Sprüngli, die in Dietikon jeden Tag zwischen 400 und 600 kg pastellfarbener Luxemburgerli produziert, beobachtet diese Entwicklung mit Argusaugen. «Die Luxemburgerli sind populär, und es gibt viele, die von dieser Popularität profitieren wollen und nun Macarons nach unserem Vorbild herstellen», sagt Sprüngli-Geschäftsführer Tomas Prenosil. «Das ging los, nachdem wir 2008 das 50-Jahr-Jubiläum unserer Kreation gefeiert hatten. Plötzlich tauchten haufenweise Mitbewerber in einem Markt auf, in dem wir jahrzehntelang das Monopol hatten.»

Gegen Konkurrenten, sagt Prenosil, habe er nichts einzuwenden. Unerbittlich werde Sprüngli aber, wenn eine Kopie zu sehr das Original sein wolle. «Es gibt jedes Jahr Dutzende von Fällen, in denen wir einschreiten, weil Hersteller von Confiserieprodukten ihre Macarons anpreisen, als handle es sich um Luxemburgerli von Sprüngli - sei es durch die Namensgebung, die Grösse, die Verpackung oder ein Logo, das jenes von Sprüngli imitiert.» Die Confiseure zeigen sich in der Regel einsichtig, wenn Prenosil bei ihnen auf den Tisch klopft und sie auffordert, ihre Macarons als eigene Kreationen kenntlich zu machen, die nichts mit den Luxemburgerli aus dem Hause Sprüngli zu tun haben. «Wenn sich eine Confiserie weigern würde, ginge ich bis vor Bundesgericht», sagt Prenosil. «Ich bin nicht bereit, den guten Ruf unseres Unternehmens oder seiner Produkte durch Nachahmer verwässern zu lassen.»

Bis vor Bundesgericht müsste Prenosil wohl kaum gehen, denn die Rechtslage ist klar: Der Begriff Luxemburgerli ist seit fast 15 Jahren eine eingetragene Marke und damit geschützt. Niemand anderes als Sprüngli darf ihn für seine Produkte verwenden. Es sei denn, Sprüngli erteile explizit die Nutzungsrechte dazu - so geschehen im Fall der Luzerner Confiserie Bachmann, die ihre Macarons seit gut 25 Jahren im Sortiment führt und zu deren Besitzerfamilie Prenosil ein freundschaftliches Verhältnis pflegt.

Geschützt sind auch die Form der Luxemburgerli, die Grösse und die Verpackung. Nicht aber die Rezeptur - sie wird gegen aussen lediglich geheim gehalten. «Die Rezeptur alleine garantiert noch keine Sprüngli-Luxemburgerli», sagt Prenosil. «Wichtig ist auch die Qualität der Zutaten - und die Erfahrung in der Herstellung.»

Den Boom der Macarons spüren auch die Rohstofflieferanten. Puratos Schweiz zum Beispiel, eine der Hauptadressen, bei der sich die Bäcker-, Konditor- und Schokoladebranche mit den Zutaten für ihre Kreationen eindecken. Geschäftsführer Paul Bär will keine Zahlen nennen, sagt aber: «Macarons oder Luxemburgerli waren während Jahrzehnten ein Nischenprodukt. Vor gut zwei Jahren spürten wir auf einmal einen fast explosionsartigen Anstieg der Nachfrage nach den entsprechenden Zutaten.» Bär führt den Boom auf den Zeitgeist zurück. «Der Trend geht auch in der Confiserie in Richtung luftig-leichte Produkte», sagt er. Ausserdem habe sich die Ausbildung der Confiseure verbessert - womit es heute mehr Zuckerbäcker gebe als früher, die in der Lage seien, Macarons nach hohen Qualitätsstandards herzustellen.

Neue Konkurrenz aus Frankreich

Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte die Macarons-Welle im vergangenen Herbst: Damals eröffnete der französische Confiserie-Weltkonzern Maison Ladurée inmitten der Luxemburgerli-Stammlande Zürich eine Filiale. Die Macarons von Ladurée gelten unter Feinschmeckern zwar nicht als direkt vergleichbar mit den Luxemburgerli, doch die gemeinsamen Wurzeln beider Produkte sind kaum übersehbar: Ladurée hatte die Macarons in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt - lange bevor Richard Sprüngli sie 1957 in Luxemburg entdeckte und in abgewandelter Form nach Zürich brachte.

«Wir sind sehr zufrieden mit dem Geschäftsgang», sagt Ladurée-Mediensprecherin Janine Bosshardt. Zwar sei Zürich ein schwierigerer Standort als Genf oder Lausanne, wo es Maison-Ladurée-Filialen schon länger gibt. In der Deutschschweiz seien der Name Ladurée und das trendige Image der Confiserie-Boutique noch wenig verankert. «Wir haben aber bereits Stammkundschaft. Unsere Macarons in ihren edel designten Verpackun-gen stossen auch in Zürich auf grosse Akzeptanz», sagt Bosshardt.

Gemäss Spüngli-Geschäftsführer Tomas Prenosil spürt Luxemburgerli-Platzhirsch Sprüngli von der Konkurrenz aus Frankreich bisher nichts. Der Markt scheint gross genug zu sein. «Wahrscheinlich profitiert unser Luxemburgerli sogar davon, dass es auf einmal so viele Mitbewerber gibt», schmunzelt Prenosil. «Schliesslich muss ja etwas dran sein an einem Produkt, das so viele Nachahmer findet.»