Der Sunrise-Verwaltungsrat knickt ein. Einen Tag vor der ausserordentlichen Generalversammlung zieht der Telekomkonzern die Reissleine und bläst das Aktionärstreffen kurzfristig ab. Zu eindeutig zeichnete sich die Niederlage ab, als dass sich Sunrise-Präsident Peter Kurer und seine Getreuen die Blösse im Scheinwerferlicht des Zürcher Hallenstadions hätten geben wollen. Denn statt von den Eignern das Placet für die milliardenschwere Übernahme des Kabelnetzbetreibers UPC zu erhalten, hätte es für Kurer & Co eine offensichtlich ziemlich krachende Niederlage abgesetzt. 

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Eine Niederlage, die sich von langer Hand abzeichnete. Die Lastminute-Absage der GV ist da nur der blamable Schlusspunkt einer Transaktion, die von Anbeginn unter der Anmassung von Präsident Peter Kurer und seinen Verbündeten im Verwaltungsrat litt. Wie kann man auf die Idee kommen, gegen den expliziten Willen des Grossaktionärs Freenet, der ein Stimmengewicht von gegen 25 Prozent auf die Waage legt, einen solch transformativen Milliardendeal durchpeitschen zu wollen?  

Es war früh absehbar

Spätestens an der Generalversammlung vom April, als Freenet die Herabsetzung und Erneuerung des genehmigten Aktienkapitals verhinderte, hätte dem Sunrise-Verwaltungsrat klar werden können, dass die UPC-Transaktion wackelt. Doch statt den meinungsstarken Freenet-CEO Christoph Vilanek von der Struktur und der industriellen Logik des Deals noch zu überzeugen oder wenigstens mit UPC-Verkäuferin Liberty Global materiell nachzuverhandeln, stellte der ehemaliger Homburger-Partner und Wirtschaftsanwalt Peter Kurer auf stur und ritt ab Sommer die Paragraphen. 

In einem wohl einmaligen Vorgang kanzelte der Sunrise-Verwaltungsrat, der sich als Inhaber gerierte, den Haupteigner Freenet im August öffentlich ab: Freenet sei «unkonstruktiv» in der UPC-Diskussion gewesen, habe unverhältnismässige Forderungen zulasten anderer Sunrise-Aktionäre gestellt und die beiden Freenet-Vertreter im VR hätten möglicherweise sogar ihre Treuepflichten verletzt. Man schloss die Freenet-Vertreter fortan gar von den Transaktions-Traktanden aus. 

Keine stabile Hausmacht

Eine solche Breitseite gegen einen 25-Prozent-Eigner kann sich aber nur leisten, wer die Mehrheit der übrigen Stimmen auf sicher weiss. Doch Sunrise-Präsident Kurer und der Verwaltungsrat hatten bis zuletzt nie eine stabile Hausmacht. Nebst dem Freenet-Paket gibt es im Sunrise-Aktionariat nämlich vor allem Streubesitz und eine Handvoll institutionelle Investoren mit ein paar Prozenten. 

Es wäre deshalb die vordringlichste Aufgabe des Präsidenten Kurer gewesen, mit allen verfügbaren Kräften für die UPC-Transaktion zu weibeln – öffentlich und möglichst laut. Schliesslich handelt es sich um eine strategisch-transformative Akquisition, die in jeder Firma alleinige Sache des Boards ist. Doch der Baumeister des Milliardendeals zog es vor, vornehm im Hintergrund zu bleiben und die mühsame Pro-Kampagne externen Spin-Doktoren und dem Sunrise-Management um Olaf Swantee zu überlassen. 

Angesichts der fatalen Fehleinschätzung der eigenen Präpotenz, des fehlenden Fingerspitzengefühls und des mangelhaften öffentlichen Engagements für den Deal, ist Peter Kurer als Sunrise-Präsident nicht mehr tragbar. Er sollte abtreten. Auch zum Schutz des erfolgreichen und höchst kompetenten Managements um CEO Olaf Swantee.