Die 200 Männer und Frauen ahnten nichts Gutes, als Aktionär Roger Wildhaber zum Rednerpult schritt. Seinen Auftritt an der Generalversammlung der Hotelgruppe Sunstar am 26. September hatte er penibel vorbereitet. In der Hand hielt Wildhaber ein 17-seitiges Dokument mit Fragen und Vorwürfen, die er den Anwesenden im Sunstar Parkhotel in Davos unterbreiten wollte.

Doch weit kam der Investor nicht. Die Anwesenden duldeten Wildhabers Tirade nicht. Sie pfiffen und buhten ihn aus. Viele verliessen vorzeitig den Saal. Dann stellte ihm der Verwaltungsrat das Mikrofon ab. «So etwas erlebte ich noch nie», sagt Rolf Buser, ehemaliger Präsident und Sohn des Sunstar-Mitgründers Fritz Buser. Wildhabers Auftritt sei «ein unschönes Kabarett und absolut unverständlich».

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Entlastung verweigert

Bei der Betreiberin von zehn Schweizer Vier-Sterne-Ferienhotels hängt der Haussegen schief. Wildhaber beklagt sich öffentlich über das in seinen Augen selbstherrliche Tun der Konzernführung und fühlt sich als gewichtiger Aktionär übergangen. Und trotz Widerstand an der Generalversammlung verbuchte er auch einen Achtungserfolg. Dem Verwaltungsrat wurde für das Geschäftsjahr 2011/2012 keine Entlastung gewährt.

Das Debakel ereilt Sunstar zu einem ungünstigen Moment. Die Hotels kämpfen mit sinkenden Übernachtungszahlen. 2011 erzielte Sunstar noch einen Umsatz von knapp 45 Millionen und einen hauchdünnen Gewinn von 0,1 Millionen Franken. Für das laufende Jahr rechnet das Management mit roten Zahlen.

Seinen Feldzug startete Wildhaber bereits 2011. Schon damals stimmte er gegen eine Entlastung. Für Sunstar kam dies völlig unerwartet. Bisherige Versammlungen erinnerten eher an ein gemütliches Treffen einer Grossfamilie. «Sie waren stets harmonisch und wir hatten kaum je Gegenstimmen», sagt Geschäftsführer Beat Hess.

Ende der Harmonie

Mit der Harmonie ist es vorbei. Wildhaber wirft dem Verwaltungsrat vor, dass die letztjährige Kapitalerhöhung gesetzeswidrig sei und nicht den Statuten entspreche. Von der Führung verlangte er eine Erklärung. Als diese ausblieb, beantragte er eine Sonderprüfung. Eine solche lehnte die Versammlung aber ab.

Wildhaber reichte deshalb beim Kantonsgericht Baselland Klage ein. Sie wurde abgewiesen. Er könne nicht beweisen, dass er sein Auskunftsbegehren vollständig und rechtzeitig an der Generalversammlung vorgelegt habe, so die Begründung. Einen Beweis dafür hätte das Versammlungsprotokoll erbracht, das alle Punkte auflisten müsste. Doch dieser Beweis gelang Wildhaber nicht.

Der Aktionär ist überzeugt, dass die Abschrift der Generalversammlung absichtlich mangelhaft verfasst wurde. Zudem habe der Verwaltungsrat mit einer Redezeitbegrenzung schon damals dafür gesorgt, dass er seine vollständigen Ausführungen nicht habe vortragen können. Für ihn ist deshalb klar: «Die Sunstar Holding hat ein überaus grosses Interesse daran, die berechtigten und sachlich fundierten Auskunftsbegehren unter den Tisch zu wischen.»

Die Konzernspitze von Sunstar hält jedoch nichts von Wildhabers Vorwürfen. Nach sorgfältiger Überprüfung durch Sunstar und Rechtsberater seien die Anschuldigungen als nicht zutreffend zurückgewiesen worden, erklärt Vizepräsident Peter Grogg. Wildhaber wolle bloss seinen Frust loswerden, meint er. «Er kann seine Niederlagen nicht akzeptieren.»

Doch Wildhaber ist nicht irgendein Aktionär. Der ausgebildete Ökonom gelangte über seine Mutter in den Besitz des Aktienpakets. Sie war mit dem inzwischen verstorbenen Mitgründer Ernst Rieder verheiratet. Dieser schuf 1969 zusammen mit Fritz Buser das Unternehmen in Liestal BL. Heute kontrolliert Wildhaber mit seiner Mutter zusammen 6,1 Prozent der Stimmen. Ihm stehen indes Grogg mit 63,9 Prozent und Verwaltungsrat Andreas Plattner mit 17,2 Prozent gegenüber.

Grogg ist Gründer des Basler Chemieunternehmens Bachem und übernahm 2009 ein Aktienpaket von Gründer Fritz Buser. Er will nachhaltig bei Sunstar investieren. «Er ist der ideale Mehrheitsaktionär», sagt Rolf Buser.

Grogg als Profiteur

Ganz anderer Meinung ist Wildhaber. Er wirft dem Mehrheitseigner vor, vor allem für sich selbst zu schauen. Von Kapitalerhöhungen für den Zukauf von neuen Hotelbetrieben profitiere in erster Linie Grogg. Tatsächlich besitzt er Papiere mit Sonderrechten. Diese erlaubten ihm, für die Kapitalerhöhung im letzten Jahr Aktien im Wert von 15 Millionen Franken zu zeichnen.

Das Aktienkapital von Sunstar wuchs damit auf 65 Millionen. Dass andere Aktionäre keine neuen Anteile beziehen konnten, stösst Wildhaber sauer auf. Sie seien mit einem faktischen Bezugsrechtsentzug übergangen worden. Zudem sei es fraglich, ob Grogg die Sonderrechte überhaupt zustünden. «Die Kapitalerhöhung war und ist nicht zweifelsfrei legal», so Wildhaber.

Kein Kommentar

Sind die Anschuldigungen von Wildhaber etwa berechtigt? Aktienspezialist Gregor Greber von zCapital sagt zumindest, dass jeder Aktionär die Möglichkeit haben sollte, Aktien zu beziehen. Geschäftsführer Beat Hess will die «unfundierten Behauptungen und subjektiven Ansichten» gar nicht erst kommentieren.

Wildhaber weiss sich anders zu helfen. Nach dem Eklat an der Generalversammlung reichte er sein 17-seitiges Papier nachträglich bei Sunstar ein. Er hofft, dass seine Fragen doch noch ins Protokoll aufgenommen und bis Ende November beantwortet werden. Bis dann kann er erneut beim Gericht antraben.

Immerhin in einem Fall stürmte Wildhaber das Bollwerk um Grogg erfolgreich. Da Mitglieder des Aufsichtsgremiums nicht mitstimmen dürfen, hatte Wildhaber an der letzten Generalversammlung ein leichtes Spiel, seinen Willen durchzusetzen. Die nicht erteilte Entlastung war zumindest eine Ohrfeige.