Kaum hatte die unter Druck geratene Swissfirst bekannt gegeben, dass sie neben anderen strategischen Optionen den Verkauf der Gruppe prüfe, haben mehrere Banken Interesse an einem Kauf der Swissfirst oder Teilen davon angemeldet. Zu den Interessenten zählt die Bank Vontobel. «Wir werden prüfen, ob Swissfirst zur Vontobel-Gruppe passen würde», sagt deren CEO Herbert Scheidt. Auch die Bank Sarasin meldet Interesse an «gewissen Produkten von Swissfirst» an.

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*Hranov verkaufte Aktienpaket *

Swissfirst ist überzeugt, Opfer einer Diffamierungskampagne zu sein und nennt als möglichen Urheber ihren Ex-Aktionär Rumen Hranov. Interessant ist, dass Hranov am Mittwoch, 31. Mai 2006, seine Beteiligung an der Swissfirst unter die Schwelle von 5% reduziert hat. Kurze Zeit nachdem der Swissfirst-Aktienkurs auf 120.10 Fr. sein Allzeithoch verzeichnete, wurden 527 000 Swissfirst-Titel in einer Off-exchange-Transaktion verschoben. Damit dürfte sich Hranov vollumfänglich von seiner Restbeteiligung verabschiedet haben. Hranov ist für die Medien nicht erreichbar. Anfragen, welche die «Handelszeitung» an sein Sekretariat in Zürich richtete, wurden nicht beantwortet. Auch bei der PR-Agentur Contractmedia, die Hranov bei anderen Gelegenheiten vertrat, hiess es dazu nur: «No comment.»

*Fataler Reputationsverlust *

Für Professor Hans Geiger vom Swiss Banking Institute der Uni Zürich ist der Reputationsverlust bei der Swissfirst gravierend: «Ich kann nicht beurteilen, ob all die Vorwürfe gegenüber der Swissfirst stimmen oder nicht.» Fest steht für ihn aber: «Eine kleine Bank leidet viel stärker unter einer Kampagne, welche ihre Reputation gefährdet.» Mit einer Grossbank könne man das nicht machen. «Sie kann und wird sich wehren.» Weiter sagt Geiger: «Man kann eine Bank oder einen Unternehmer so lange einem Druck aussetzen, bis sie ruiniert sind. Selbst wenn sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass die Vorwürfe nicht gerechtfertigt waren, können die bisherigen Aktionäre ihren Schaden nirgendwo einklagen. Ein Banker oder Unternehmer kann zwar auf Rufschädigung klagen. Aber das bringt nichts mehr: Bis er Recht bekommt, ist die Bank schon längst weniger wert oder sie wurde verkauft. Das ist allenfalls ungerecht, aber realistisch.»

*Skandalisierung der Wirtschaft *

«Am Anfang einer so genannten Medienkampagne steht immer eine Verfehlung - eine tatsächliche oder eine lediglich unterstellte. Wahrnehmungen sind dabei entscheidender als die eigentlichen Fakten», sagt Roman Geiser, Geschäftsführer der Kommunikationsagentur Burson-Marsteller.

Richtiggehend ins Straucheln geraten können Unternehmen, wenn eine Medienkampagne zwei Voraussetzungen erfüllt. «Sie muss bei einem wesentlichen Teil der Mediennutzer auf Interesse stossen, also ein Thema haben, das beim Leser nicht nur sachlich, sondern auch persönlich und emotional ankommt», meint Urs Binggeli, der Geschäftsführer von Wirz Corporate. Dies sei beispielsweise bei einem Betrug der Wirtschaftselite oder beim Privatleben eines CEO der Fall. Damit sei gleichzeitig die zweite Voraussetzung erfüllt. «Eine Medienkam-

pagne zielt meist auf eine Person ab, weniger auf eine Institution als Ganzes. Emotionen, Fragen von Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit usw. sind einfacher an Personen festzu machen als an abstrakten Gebilden», beobachtet Binggeli.

Roger Blum, Direktor Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft an der Uni Bern, stellt fest: «Heute ist die Aufmerksamkeit von Medien gegenüber der Wirtschaft grösser. Die Wirtschaft wird deshalb auch mehr Gegenstand von Skandalisierungen.» Dies sei nicht nur in den Boulevardmedien der Fall. «Auch seriöse Blätter haben den Untergang von Unternehmen angezettelt, beispielsweise die ‹NZZ› im Fall Werner K. Rey.»



NACHGEFRAGT

«Gegen solche Darstellungen und Diffamierungen wehrt sich der Asip in aller Form»

Der Präsident des Pensionskassenverbandes Asip, Hans Ender, zur Kritik an den Pen-sionskassen (PK) im Zusammenhang mit der Swissfirst-Bellevue-Fusion.

«Im ganzen Pensionskassenwesen ist der Wurm drin», sagt AHV-Präsident Ulrich Grete: Teilen Sie diese Meinung?

Hans Ender: Mit dieser pauschalen und polemischen Aussage verurteilt Grete ein System, welches erwiesenermassen zum Wohle der Versicherten funktioniert. Gegen solche Darstellungen und Diffamierungen wehrt sich der Asip in aller Form. Die Nichtrealisierung von spekulativen Gewinnen kann den Pensionskassen nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Welche Lehren ziehen Sie aus den Vorwürfen gegen die PKs?

Ender: Unloyales Verhalten bei der Anlage von Vorsorgevermögen wird vom Verband klar verurteilt. Sollte ein solches vorliegen, wird Asip intern prüfen, welche Lehren zu ziehen sind.

Aufgrund der Vorwürfe und Verdächtigungen gegen mehrere Pensionskassen kam der Ruf nach mehr Regulierung in der 2. Säule auf: Sehen Sie Handlungsbedarf?

Ender: Es ist falsch, aufgrund der noch abzuklärenden Fälle vorschnell nach neuen gesetzlichen Regulierungen zu rufen. Wir müssen alles daransetzen, dass die Führungsorgane die geltenden Bestimmungen umsetzen und durchsetzen.

Front Running, also das Tätigen von Anlagen in Kenntnis von geplanten Transaktionen, ist in der Schweiz schon lange verboten: Macht eine Gesetzesverschärfung Sinn?

Ender: Wir sind der Auffassung, dass die gesetzlichen Regelungen diesbezüglich ausreichen.

Erlaubt sind aber Parallelanlagen, wenn der PK keine Nachteile erwachsen: Erwarten Sie, dass der Spielraum der PK-Verwalter vom Regulator eingeschränkt wird?

Ender: Entsprechende Forderungen wurden bereits gestellt. Diese Frage wird zu prüfen sein.

Wie sollen Interessenkonflikte in der 2. Säule minimiert werden?

Ender: Es geht darum, dass der Stiftungsrat die Verantwortlichkeiten für die Vermögensanlage so regelt, dass allfällige Interessenkonflikte vermieden werden können.

Was halten Sie von der Empfehlung, PKs sollten nur eine passive Anlagestrategie verfolgen?

Ender: Wir halten es für verfehlt, den Pensionskassen einen Anlagestil vorzuschreiben, zumal auch ein aktives Management zu sehr guten Resultaten führen kann. Zu entscheiden hat in dieser Frage der Stiftungsrat mittels Anlagereglement.

Sind die Stiftungsräte in der Lage, ihre Aufsichtsfunktion genügend wahrzunehmen?

Ender: In der Regel nehmen die Stiftungsräte ihre Kontrollaufgaben wahr. Sie werden von der Kontrollstelle der Vorsorgeeinrichtung und nicht selten von externen Experten unterstützt. Im Übrigen sind sie verpflichtet, sich aus- und weiterzubilden.



Wie wollen Sie die Reputation der Vorsorgeeinrichtungen wieder verbessern?

Ender: Der Asip setzt alles daran, die Leistungen der sozialpartnerschaftlich geführten Vorsorgeeinrichtungen korrekt darzustellen. Es gilt aufzuzeigen, dass die in den Medien beschriebenen Verhaltensweisen dem Sinn und Geist der beruflichen Vorsorge widersprechen.

Interview: Martin Spieler