Düster hat es im Frühjahr um die Zukunft der Thur Metall ausgesehen. Das wirtschaftlich angeschlagene Mutterhaus, die deutsche Veyhl-Gruppe, musste im März Insolvenz anmelden. Die Tochtergesellschaft sollte verkauft oder gar geschlossen werden. Auf dem Spiel standen 60 Arbeitsplätze, eine renommierte Produktelinie und eine Firmengeschichte, die eng mit dem Standort Engwilen und dem Thurgau verknüpft ist. «Für mich gab es zu diesem Zeitpunkt nur eine konkrete Lösung, um den Fortbestand der Firma zu garantieren», erinnert sich Werner Siegenthaler, der von Veyhl ursprünglich als Sanierer bei Thur Metall eingesetzt worden war: «Ich musste den Betrieb selber kaufen.»

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Im Rahmen eines Management Buyout wurde dieser Schritt im Rekordtempo vollzogen seit 1. Mai 2004 operiert das Blech verarbeitende Unternehmen unter neuer Führung und dem festen Willen, in einem alles andere als positiv gestimmten Umfeld bestehen zu können.

Den Ist-Zustand wahren

Thur Metall stellt seit über 50 Jahren Betriebs- und Lagereinrichtungen aus Blech her, die mehrheitlich unter dem Label namhafter europäischer Einrichter und Ausrüster (z.B. Socoda, Otelo, Orefi) in den Handel gebracht werden. Da-zu gehören Schubladenschränke, Rollcontainer, Werkbänke, Montageplätze, Computer- und Spezialschränke, die in produzierenden Betrieben oder beispielsweise Autowerkstätten zum Einsatz gelangen.

So breit die Produktepalette, so abwechslungsreich präsentiert sich die Geschichte des 1951 gegründeten Unternehmens, das seinen Ursprung in der Engwiler Firma Paul Zöllig, Elektro und Metallbau, findet. 1978 ging der Betrieb, der zu seinen besten Zeiten 240 Personen beschäftigte, in den Besitz des damaligen Arbonia-Direktors Gerd Meier über, der jedoch, vom unternehmerischen Glück verlassen, 1992 Konkurs anmelden musste. Die konkursite Paul Zöllig AG wurde in der Folge von der deutschen Veyhl-Gruppe übernommen und in die Thur Metall AG umgewandelt. Nach dem Tod des Firmeninhabers und massiven Einbrüchen am Kernmarkt geriet der Büromöbelhersteller mehr und mehr in Schieflage. Heute operiert Veyhl innerhalb der Bremer Zechbau-Gruppe, währenddessen die Thur Metall im Alleingang die Flucht nach vorne angetreten hat.

Kein einfaches Unterfangen, darüber ist sich Werner Siegenthaler im Klaren: «Der Markt im Segment Büromöbel ist in den letzten Jahren um 50% eingebrochen, in unserem Bereich sind es bestimmt deren 20%.» Wo Büros leer stünden, Lager- und Fertigungshallen stillgelegt würden, da brauche es eben auch keine Einrichtungen mehr. «Wir müssen uns glücklich schätzen, den Ist-Zustand halten zu können», bemerkt Siegenthaler, «denjenigen, die den baldigen wirtschaftlichen Aufschwung verkünden, schenke ich hingegen keinen Glauben.»

Pessimistische Worte für einen, der eben zum Firmeninhaber geworden ist. «Pessimistisch?», repetiert Siegenthaler, «pessimistisch bin ich nicht, ich bin ein Realist». Und als solcher sieht er die Vorteile, die dem Wirtschaftsstandort Schweiz und damit verknüpft seinem zu 90% vom Export abhängigen Unternehmen beschieden sind. «Arbeitsmoral und Arbeitsfrieden sind hier zu Lande ausgeprägter als zum Beispiel in Deutschland; auch sind die Gesetze vernünftiger denn im Ausland, gibt es doch beispielsweise keinen Betriebsrat, der bei grossem Arbeitsanfall eine dringend nötige Nacht- oder Samstagsschicht blockieren kann.» Gerade solche Voraussetzungen jedoch erachtet der Unternehmer als unabdingbar im Wettbewerb mit der ausländischen Konkurrenz, die den Preisvorteil auf ihrer Seite weiss. «Schnelligkeit, Kompetenz und Flexibilität, das sind die wichtigsten Karten, die wir neben dem Trumpf Qualität spielen können», betont Werner Siegenthaler. Als kleiner Anbieter, der anders als die grossen, schwerfälligen Konzerne rasch und effizient auf Sonderwünsche eingehen kann, legt der Thur-Metall-Chef grössten Wert auf die Kundenbetreuung.

Immer schneller, immer kurzfristiger

Beliefen sich die Lieferfristen für Lager- und Betriebseinrichtungen aus dem Hause Thur Metall früher noch auf zwei, drei Monate, so findet sich heutzutage kein Kunde mehr mit einer solch langen Warterei ab. «Besser gestern als heute», lautet die Devise. Für das Blech verarbeitende Unternehmen mit eigener Stanzerei, Biegerei, Schweisserei und Farbanlage bedeutet dies zum einen, schnell auf Bestellungen reagieren zu müssen, zum anderen aber auch, dass die Auftragsbücher nur sehr kurzfristig gefüllt sind. «Wir wissen heute, wer was und wie viel davon in drei Wochen geliefert bekommt», sagt Werner Siegenthaler, «darüber hinaus können wir nicht planen.»

Rund 15 Mio Fr. Umsatz hat Thur Metall im letzten Jahr erwirtschaftet. Dank innovativer Produkte wie einer elektronisch verschliessbaren Schublade soll dieses Ergebnis gehalten werden können. Am Dorfrand von Engwilen, da, wo zwei Hauptsrassen sich am volksmündlich ehedem «Todeskreuzung» genannten Kreisel treffen, gibt sich Werner Siegenthaler realistisch zuversichtlich, was Fahrt-richtung und Fortbestand des Thurgauer Traditionsunternehmens anbelangt: «Wenn wir als flexibler Nischenplayer es nicht schaffen, am Markt bestehen zu können, dann frage ich mich wirklich, wer es dann überhaupt noch schaffen soll.»

Firmen-Profil

Name: Thur Metall AG, Hauptstrasse 21, 8564 Engwilen TG, Tel. 071 658 65 00

Gründung: 1992, hervorgegangen aus der Paul Zöllig AG

Geschäftsleitung: Werner Siegenthaler, Geschäftsführer und Inhaber

Umsatz: 15 Mio Fr.

Beschäftigte: 54

Produkte: Betriebs- und Lagereinrichtungen aus Blech

Internet: www.thurmetall.com