Alle drei Jahre kommt es am Dorfausgang von Vals zu einem aussergewöhnlichen Spektakel mit Knalleffekt. Dann zählt Pius Truffer jeweils rückwärts von fünf auf null, dreht an der Kurbel – und unter lautem Getöse lösen sich tausende von Kubikmetern Gestein vom Fels. Genug Material, um die Nachfrage seitens so berühmter Architekten wie Norman Foster oder Peter Zumthor zu decken. Letzterer war es auch, der den feinschiefrigen Glimmerquarzit von der Ostflanke des Piz Auls in aller Welt bekannt gemacht hat. Denn die 1996 eröffnete Valser Therme, tausendfach fotografiert und mittlerweile ein Begriff von Paris bis Philadelphia, wurde vom Bündner Stararchitekten mit dem eleganten Stein aus der Nachbarschaft erbaut. 60000 Platten hat Zumthor dafür benötigt. «Das entspricht in etwa der Menge, die wir innerhalb von drei Monaten weiterzuverarbeiten imstande sind», sagt Pius Truffer.

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Nur auf Bestellung



Der 51-Jährige baut seit über 20 Jahren im Gebiet Jossa Gada den petrografisch zur Familie des Orthogneis gehörenden Quarzit ab und verarbeitet diesen je nach Kundenwunsch zu Mauerwerk, Kücheninterieur, Treppen, Boden-, Tisch- oder Dachplatten weiter. Auf Vorrat allerdings wird in Truffers Steinbruch nichts gesprengt, geschliffen oder gesägt. Wer sich mit dem Gedanken trägt, sein Bauprojekt unter Einbezug originalen Valser Quarzits zu verwirklichen, der tut gut daran, vor Ort und persönlich beim Chef vorzusprechen. Denn der leistet sich den Luxus, nicht an jeden zu verkaufen. «Die Nachfrage ist eigentlich doppelt so gross wie das Angebot», betont der studierte Betriebsökonom, «mir ist es aber wichtig, dass sich jemand mit

dem Stein auseinander setzt, dass quasi eine Beziehung zwischen den beiden entsteht, es muss einfach stimmen».

Wer darauf wartet, Truffer würde seine Ausführung mit einem Zeichen von Schalk deklarieren, der wartet lange. Der Mann meint es ernst. Seine Einstellung gegen-über der Materie, die ihm das tägliche Brot sichert, trägt mal philosophische, mal leidenschaftliche, mal (aus praktischen Gründen) zerstörerische Züge. Die grossen Sprengungen, bei denen bis zu 2000 kg Schwarzpulver zum Einsatz gelangen, besorgt der fünffache Familienvater selber. Die damit einhergehende grosse Verantwortung will er keinem seiner Mitarbeiter aufbürden.

Exaktes Sägen von Bedeutung



Mit infernalem Kreischen fressen sich in der Werkhalle die riesigen Diamantsägeblätter durch die tonnenschweren Felsblöcke. Anders als bei Marmor, wo ein Fräsgang bis zu 60 cm tief gehen kann, wird die Zerteilung beim Gneis millimeterweise vorangetrieben – und mit einer Exaktheit, die ihresgleichen sucht; auf den Zehntelmillimeter genau. «Wenn man an einen Steinbruch denkt, dann denkt man spontan an Sing Sing und Männer in Ketten, die Steine klopfen», zuckt Truffer mit der Schulter, «dabei setzen wir modernste Maschinen ein, zum Beispiel den in seiner Art grössten Bagger der Schweiz. Die Produktionsstrasse ist zudem vollautomatisch, und die Verarbeitung der Blöcke erfolgt computer- und lasergesteuert.»

Unbearbeitet im Übrigen verlässt kein Stein das Tal. Denn so bleibt die Arbeit im Dorf – ein grosses Anliegen der Familien-AG, die 30 Leute beschäftigt, welche auf ihre Art allesamt Spezialisten sind. Dass der Sprengmeister den Nachnamen Peng (!) trägt, hat allerdings wenig mit dessen mutmasslicher Vorliebe für Detonationen zu tun. Der Name ist vielmehr ein weitverbreitetes Valser Geschlecht.

Nach der Therme, die Pius Truffer mitinitiiert hat und deren Verwaltungsrat er präsidiert, und nebst dem Abfüllbetrieb des Valser Wassers, ist der Steinbruch der drittwichtigste Arbeitgeber am Ort. Gearbeitet wird in zwei Schichten, von vier Uhr in der Früh bis spätabends elf Uhr.

Mittlerweile geht über die Hälfte des Valser Gneis, der die Struktur von Marmor aufweist und die Härte von Granit, ins Ausland. Kürzlich haben zum Beispiel 50 Lastwagencontainer das Tal in Richtung USA verlassen. Zurzeit liegt in Truffers Büro eine Anfrage aus New York: Ein Wolkenkratzer soll Küchenabdeckungen aus alpinem Gestein erhalten. Zwar ist der Valser Quarzit mit 100 Fr. pro m2 um ein Vielfaches teurer als beispielsweise ein Stein aus China – dennoch, die Billigkonkurrenz aus Fernost kann dem Familienbetrieb aus dem Valsertal kaum etwas anhaben. Denn die Qualität und Eleganz «Made in Switzerland» hat Gewicht. Das wissen auch die Parlamentarier in Bern. Jedes Mal, wenn sie auf dem Weg ins Bundeshaus den neu gestalteten Bundesplatz überqueren, schreiten die Politikerinnen und Politiker über 2500 m2 truffersche Wert-

arbeit.

«Der Berg wird alle überleben»



Die Arbeit am Stein erfordere denn auch viel Erfahrung, führt Pius Truffer aus. Erfahrung und Ehrfurcht. Mit sich Spassen lässt der Fels nicht. «Eigentlich arbeiten wir ja mit einer toten Materie», sagt er, während sein Blick die Abbruchstelle hinaufschweift, «wenn man dann aber so dasteht und

all die über Millionen von Jah-

ren gebildeten Gesteinsschichten betrachtet, die Verwerfungen, dann wird einem plötzlich bewusst, wie unbedeutend man selber ist. Der Berg wird uns alle überleben.»

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Name: Truffer AG, Vals GR

Gründung: 1984

Führung: Pius Truffer

Umsatz: 4,5 Mio Fr.

Beschäftigte: 30

Produkte: Abbau und Weiterverarbeitung von Valser Quarzit zu Steinplatten für Mauern, Dächer, Treppen oder Tische

Internet: www.truffer.ch