Die Amerikanisierung der Beteiligungsverträge kann zur Folge haben, dass Unternehmern die Kontrolle über ihr Unternehmen entgleitet. Dies insbesondere, wenn die Gesellschaft sich nicht gemäss den Vorstellungen des Investors entwickelt. Empirische Untersuchungen belegen, dass es amerikanischen Investoren besser als ihren europäischen Kollegen gelingt, über eine entsprechende Vertragsgestaltung ihre so genannten Agency-Kosten zu minimieren. Agency-Kosten sind Kosten, die dem Investor daraus erwachsen, dass das Management seine eigenen Interessen, zum Beispiel hohe Boni, und nicht diejenigen des Investors zu maximieren versucht. Vor dem Hintergrund der Agency-Problematik legen professionelle Investoren bei der Vertragsgestaltung insbesondere Wert auf für sie vorteilhafte Exit-, Dividenden- und Kontrollrechte.

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US-Investor wird bevorzugt

Mit dem Recht auf den lukrativen Ausstieg mittels Exit- oder Liquidationsrechten lässt sich der Investor die Möglichkeit einräumen, im Falle einer Liquidation der Gesellschaft oder im Falle einer Fusion oder eines Verkaufs vor allen anderen Aktionären 100%, 200% oder gar 300% seines Einsatzes zurückzukriegen. Was übrig bleibt, wird dann unter allen Aktionären nach Massgabe ihrer Aktienbeteiligung verteilt. Hier kommt der Investor also noch einmal zum Zuge.

Mittels «redemption rights» verpflichtet der Investor die Gesellschaft, in bestimmten Fällen zum Beispiel nach Ablauf von drei Jahren oder bei Nichterreichen von vertraglich vereinbarten Unternehmenszielen die Aktien des Investors zu erwerben. Damit garantiert die Gesellschaft dem Investor einen Exit aus seinem Investment zu einem zum Voraus bestimmten Preis. Nach Schweizer Recht entspricht dieses Recht einer Put-Option gegen die Gesellschaft. Wiewohl grundsätzlich zulässig, sind bei der Ausübung der Option aktienrechtliche Schranken zu beachten, weshalb redemption rights immer nur als bedingte Put-Optionen ausgestaltet werden sollten. Sollte die Gesellschaft nicht in der Lage sein, die Put-Option bei Ausübung zu bedienen, lassen sich Investoren häufig vertraglich zusichern, dass sie die Kontrolle im Verwaltungsrat übernehmen können.

Alternativ oder kumulativ zu den redemption rights finden sich in Beteiligungsverträgen immer häufiger auch so genannte «firesale»-Klauseln. Diese erlauben es dem Investor, etwa nach Ablauf einer bestimmten Zeitdauer einen Zwangsverkauf der Gesellschaft zu initiieren, ungeachtet dessen, dass er Minderheitsaktionär ist. Mit derartigen Klauseln wird auf das Management Druck ausgeübt, dafür besorgt zu sein, dass der Investor innert nützlicher Frist wieder sein Geld zurückbekommt.

Dividenden à la carte

Zeichnet der Investor Vorzugsaktien, so besteht er häufig auf ein Dividendenvorzugsrecht. Dividendenvorzugsrechte können unlimitiert ausgestaltet werden. Diesfalls haben die Vorzugsaktien nach der Erfüllung des Vorzugsrechts zusätzlich die gleichen Rechte wie die übrigen Aktien, das heisst Anrecht auf Vorzugsdividende und auf ordentliche Dividende. Das Recht auf Dividende kann aber auch kumulativ ausgestaltet werden. Kumulative Dividendenvorzüge sind mit einem Nachbezugsrecht verbunden. Dadurch werden bei der Ausrichtung von Dividenden die Vorzugsdividenden von jedem Jahr, im dem keine oder ungenügend hohe Dividendenzahlungen beschlossen wurden, mitberücksichtigt.

Ein Dividendenvorzugsrecht kann ferner auch als Mindestrecht ausgestaltet sein. Hier ist die Reihenfolge der Ausrichtung der Dividende entscheidend: Der Vorzugsberechtigte erhält als erstes seinen Mindestbetrag, dann erhalten alle übrigen Aktionäre einen verhältnismässig gleich hohen Betrag, und anschliessend werden vom Restbetrag verhältnismässig gleiche Anteile an alle Aktionäre ausgerichtet.

Für den Fall, dass die Gesellschaft nie in die Lage kommt, Dividenden auszurichten, kann vereinbart werden, dass die angesammelten Dividendenansprüche des Investors spätestens im Rahmen eines Exits (z. B. bei einem Verkauf der Firma) zur Auszahlung gelangen.

... Kontrolle ist besser

Ein typisches Kontrollrecht in amerikanisch inspirierten Beteiligungsverträgen ist z. B. die «founders reverse vesting»-Klausel. Sie greift, wenn Manageraktionäre ihren Job nicht mehr erfüllen, ihnen z. B. innerhalb von zwei Jahren nach dem Investment gekündigt wird. Die Gesellschaft hat dann das Recht, die Aktien des Managements zu einem im Voraus bestimmten Preis zurückzukaufen, was häufig auf eine Enteignung des oder der Gründer hinausläuft.

In den USA werden über 80% der Investments in junge Firmen in Form von Wandeldarlehen getätigt. Die Auszahlung des Wandeldarlehens erfolgt typischerweise in Tranchen. Jede Auszahlung kann an das Erreichen von vertraglich vereinbarten Zielen geknüpft werden. Auch in der Schweiz erfreuen sich Wandeldarlehen einer zunehmenden Beliebtheit. Der Einsatz von gestaffelt ausbezahlten Wandeldarlehen erhöht den Erfolgsdruck, welcher auf den Manageraktionären lastet.

Allgemein bekannt ist die Wichtigkeit der Einführung von defensiven Rechten zugunsten des Investors, also Vetorechte. Noch relativ selten trifft man hierzulande jedoch auf das Institut des bedingten Kontrollwechsels. Damit gemeint sind Vereinbarungen, mit denen der Investor bei Eintritt bestimmter Bedingungen die Mehrheit der Aktienstimmrechte in der Generalversammlung der Zielgesellschaft übernehmen kann. In Frage kommt zum Beispiel ein bedingter Kontrollwechsel durch Aktienübertragung. Hier erhält der Investor nicht nur die Kontrolle, sondern auch erhöhte Gewinnbeteiligungsrechte.

Weniger weit geht der bedingte Kontrollwechsel, welcher mittels bedingten Stimmbindungsvereinbarungen erfolgt. Treten die Bedingungen ein, werden dem Investor nur Mitwirkungsrechte, nicht aber zusätzliche Vermögensrechte eingeräumt.

Verschärfte Bedingungen

Alles schlechte Nachrichten für Unternehmer? Nicht wirklich, denn empirische Daten zeigen, dass die Bereitschaft zu investieren steigt, wenn effiziente Mechanismen bestehen, welche es einem Investor erlauben, seine Vorstellungen weitestgehend vertraglich festzumachen.

Fazit: Tendenziell wird den Unternehmen mehr Risikokapital zur Verfügung gestellt werden, aber zu verschärften Bedingungen.

Dr. Thomas Ladner, Rechtsanwalt, Partner der Kanzlei Meyer Lustenberger Zürich/Zug; Lehrbeauftragter für Gesellschaftsrecht an der Universität St. Gallen.



Nachgefragt: Daniel S. Aegerter, Gründer der Armada Venture Group

«Amerikanisierung im Rechtssystem ist unumgänglich»

Schweizer Firmen, die in den Vereinigten Staaten tätig sind, brauchen gute Anwälte. Welche Erfahrungen haben Sie mit dem US-Rechtssystem gemacht? Glücklicherweise waren meine Erfahrungen positiv. Normale Geschäftsvorgänge werden durch das Rechtssystem gut abgedeckt, aber ein Anwalt ist bei allen Transaktionen unumgänglich. Aufgefallen ist mir allerdings, dass in den Staaten Alabama und Louisiana häufiger abstruse Urteile vorkommen.

Experten sprechen von einer Amerikanisierung der Verträge zwischen Unternehmen und Investoren. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Amerika hat punkto Transparenz und Corporate Governance einen Vorsprung gegenüber der Schweiz, der jetzt aufgeholt wird. So ist die Amerikanisierung des Rechtssystems eine unumgängliche Entwicklung, obschon das Bestreben der Amerikaner, ihr Rechtssystem zum globalen Standard zu erklären, nicht eine angenehme Entwicklung ist.

Adecco hat die groteske Erfahrung gemacht, dass der Verwaltungsrat zwar offen kommunizieren wollte, die Anwälte dies aber untersagten, was schliesslich zu einem Vertrauenseinbruch bei den Investoren führte. Das sind direkte Nebenkosten einer Kotierung in den USA. Deshalb gilt es auch gut zu prüfen, ob eine Firma die Kotierung wirklich braucht. Wenn das Management nicht vor Ort in den USA ist und sich mit dem amerikanischen Rechtssystem im Detail auskennt und auch die Verwaltungsräte dieses System kennen, sind die Risiken hoch. Im Übrigen sind die Anwälte die schlechtesten PR-Berater.

Wie gross sind die Risiken für Schweizer Firmen, die sich amerikanische Investoren an Bord holen? Wenn man Investoren an Bord holt, muss man sich bewusst sein, was die Ziele dieser Investoren sind. Wenn ein US-Private-Equity-Investor investiert, ist es sein Ziel, die Beteiligung innert maximal sieben Jahren gewinnbringend abzustossen. Wer eine Firma für seine nächste Generation aufbauen will, ist schlecht beraten, einen solchen Partner zu wählen.

Worauf sollten Firmen achten, bei denen sich Private-Equity-Investoren beteiligen? Es ist wichtig, dass die Chemie zwischen dem Unternehmer und dem Investor stimmt. Und man muss verstehen, was die Motivation und die Sachzwänge der Private-Equity-Investoren sind.

Hat die Amerikanisierung der Beteiligungsverträge zur Folge, dass Investoren vermehrt bereit sind, zu investieren? Ganz klar. Es ist teilweise fahrlässig, wie investiert wird ohne die rechtlichen Klauseln. In diesen Fällen ist der Investor ein Minderheitsinvestor mit sehr wenig Rechten und Einsichtmöglichkeiten. Die US-Verträge legen die Regeln für eine umfassende Beziehung fest und erlauben es den Investoren, als integrierte Partner im Unternehmen mitzuarbeiten.