Die Lage des gegen Süden ausgerichteten Hangs in Soyhières bei Delsberg ist für den Rebbau ideal. Und dennoch würde kein Winzer auf die verwegene Idee kommen, hier Reben anzupflanzen. Keiner - ausser Valentin Blattner, der sehr wohl wusste, auf was er sich einliess, als er und seine Frau Silvia 1991 beschlossen, sich in diesem ruhigen, abgelegenen Flecken des Kantons Jura niederzulassen. «Der Krankheitsdruck ist hier aussergewöhnlich gross», schmunzelt Blattner und zeigt auf die enge, beidseitig bewaldete Talsenke, durch die die Birs gemächlich dem Rhein entgegenfliesst. «Das feuchte Mikroklima, das die Ausbreitung von Mehltau und Fäulnis fördert, kommt uns gelegen», doppelt er nach.
Neue Sorten sind gegen Rebkrankheiten resistent
Natürlich würde kein Winzer so argumentieren, der seinen Rebberg mit den klassischen, hier zu Lande verbreiteten Sorten bestockt hätte. Die Aussichten, qualitativ hoch stehende Weine keltern zu können, wären äusserst gering. Doch solche Sorgen brauchen sich die Blattners nicht zu machen. Die 4 ha sind mit selbst gezüchteten Hybridreben bepflanzt, die gegen die herkömmlichen Rebkrankheiten weit gehend resistent sind.
Valentin Blattner ist ausgebildeter Tropenagronom. Nach ernüchternden Erfahrungen im Sold eines Agro-Konzerns wandte er sich dem Rebbau zu. Seit 1984 betreibt er zusammen mit seiner Frau Silvia ein Programm zur Züchtung und Selektion neuer resistenter Weinreben, indem er gezielt Sorten der europäischen Spezies vitis vinifera mit amerikanischen Sorten kreuzt.
Das Züchten von interspezifischen Kreuzungen, wie die Hybridreben auch genannt werden, hatte gegen Ende des 19. Jahrhunderts grosse Bedeutung. Damals versuchte man in Europa, neue, gegen die aus Amerika eingeschleppten Rebkrankheiten resistente Sorten zu züchten. Die zahlreichen Neuzüchtungen konnten sich jedoch nie in grösserem Massstab durchsetzen. Ihr Anbau ist auch heute noch vielerorts verboten.
Blattner macht keinen Hehl daraus, dass er von diesen puristischen Restriktionen nicht viel hält. «Eine neue Rebsorte hat auf dem Markt nur eine Chance, wenn sie besser ist als jene, die es bereits gibt», meint er. «Für den Anbau interessant ist sie nur dann, wenn die Weinqualität überdurchschnittlich gut ist und die Produktionskosten tiefer sind als bei einer verbreiteten traditionellen Varietät.» Konkret: Eine Neuzüchtung muss ein klassisches Geschmacksbild aufweisen, und der Arbeitsaufwand sollte minimal sein.
Neue Sorten brauchen wesentlich weniger Pflege
Während bei den klassischen Sorten eine ökologische Bewirtschaftung der Reben meist mit einem beträchtlichen Mehraufwand an Arbeit verbunden ist, ist bei robusten Neuzüchtungen das Gegenteil der Fall. Sie brauchen wenig Pflege und kommen weit gehend ohne Agrochemikalien aus.
Überzeugt davon, dass sich mit gut an die jeweiligen Verhältnisse adaptierten interspezifischen Sorten durchaus qualitativ hoch stehende Weine erzeugen lassen, machten sich Valentin und Silvia Blattner auf die Suche nach einem geeigneten Ort, wo sie nicht nur ihre Arbeit als Rebzüchter fortführen, sondern auch ihre Vorstellungen vom Weinbau verwirklichen konnten. Schliesslich wurden sie im jurassischen Soyhières einer Gegend, in der zuvor noch nie Rebbau betrieben wurde fündig. In unmittelbarer Nähe zu den Rebpflanzungen errichteten sie nach eigenen Plänen ihr Anwesen: Ein Holzhaus mit grossem Wintergarten, eigener Wasserversorgung und Solarzellen auf dem Dach. Im Rebberg stehen neben unzähligen Versuchsstöcken verschiedene, mehrheitlich aus Eigenzüchtungen stammende frühreife Rebsorten.
Blattner zieht die Reben hoch. «Dadurch minimiert sich der Krankheitsdruck», erklärt er. Das Gras, das im Frühjahr zwischen den Rebzeilen wächst, weiden die eigenen Schafe ab. «Es hat doch keinen Sinn, sich das Leben zu komplizieren, wenn die Natur das meiste selber regeln kann», bringt Blattner sein Credo auf den Punkt.
Und die Weine? Zu den Klassikern der Domaine Blattner, auf der jährlich rund 8000 Flaschen erzeugt werden, zählen die trockenen weissen Gewächse Réselle und VB 32-7, beide gekeltert aus Eigenzüchtungen. Ersterer zeigt sich filigran und fruchtig-frisch, mit einer Aromatik, die an einen Sauvignon Blanc erinnert, Letzterer dagegen benannt nach der Mutterpflanze, dem 7. Stock in der 32. Reihe präsentiert sich vollmundig und kräftig, mit Aromen von weissen Früchten und einer typisch für den 2003er-Jahrgang auffallend dezenten Säure.
Bei den Rotweinen produziert Blattner je nach Jahr reinsortige Kreszenzen oder Cuvées. Die aus fünf verschiedenen Sorten assemblierte und ein Jahr lang im Barrique (das Holz der Fässer stammt von Eichen aus dem eigenen Wald) ausgebaute Cuvée Olivia 2001 besticht durch fruchtige Eleganz und eine Aromenpalette von roten Beeren und Pflaumen. Doch Valentin Blattner wäre nicht sich selbst, gäbe er sich mit dem Erreichten zufrieden. Bei den roten Varietäten will er in Zukunft auf seine pilzresistente Neuzüchtung Cabernet Jura setzen, eine Sorte, deren Geschmackscharakteristik dem Cabernet Sauvignon ähnelt, die jedoch deutlich früher reif wird als dieser. Auf das Resultat darf man gespannt sein.
Einen festen Platz im Weinsortiment hat seit mehreren Jahren der Birstaler Muskat. Aus dieser ebenfalls frühreifen Sorte, die Valentin Blattner im Auftrag des Kantons Baselland entwickelt hat, keltert er mittels Gefrierextraktion einen delikaten Dessertwein, von dem ein Teil im Barrique vergoren und ausgebaut wird. Der 2002er Muscat de la Birse ist vollmundig-konzentriert und zugleich von schmeichlerischer Finesse. Ihm sind Aromen von Dörraprikosen und roter Grapefruit eigen, die von einer knackigen Säure gestützt werden.
Mit jährlich nur gerade rund 8000 erzeugten Flaschen gehört Valentin Blattner zu den kleineren Winzern. Würde man jedoch die Rebflächen dazuzählen, die in Neuseeland, Kanada und im Nordosten der USA mit seinen Rebzüchtungen bestockt sind, könnte er sich brüsten, ein Grosser zu sein.
Domaine Blattner. Valentin und Silvia Blattner, Sur la Fin, 2805 Soyhières; Tel. 032 423 32 66, Fax 032 423 32 67. Die Weine sind direkt ab Gut erhältlich.