Vier Boxhandschuhe hängen im Zürcher Büro von Igor Akhmerov, dem CEO der Avelar Energy Group. Während des Gesprächs entschuldigt sich der frühere CFO von Viktor Vekselbergs Renova Group mehrmals, um auf Russisch in sein Mobiltelefon zu sprechen: Offenbar hat sich gerade eine gute Gelegenheit auf einem Energiemarkt ergeben. Punch hat Akhmerov bewiesen, als er 2007 seine Avelar Energy Group gründete: Damals lag der Umsatz der Gruppe bei 560 Mio Euro, 8 Mio Euro betrug der Ebitda (Betriebsgewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisationen). Für 2009 konnte die Avelar 1 Mrd Euro Umsatz ausweisen und einen Ebitda von 32 Mio Euro.

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Avelar ist heute primär auf Italien fokussiert und in zwei Gebieten tätig: Im konventionellen Handel mit Strom und Gas sowie im Bereich der erneuerbaren Energien, insbesondere in der Solarenergie. Im Gespräch mit der «Handelszeitung» erläutert Akhmerov, wie es mit Avelar weitergehen soll: Zuerst werden die beiden Unternehmensteile voneinander getrennt. «Und spätestens bis 2013 soll das Gas- und Energiehandelsgeschäft von Avelar an die Börse kommen.» Im Auge hat er dabei die Schweizer Börse: «Man muss den IPO dort machen, wo sich die grösste Liquidität findet.» Zudem sei die Schweiz ein guter Standort für die Entwicklung des Italien-Geschäfts.

Bleibt Renova dabei?

Renova ist nach wie vor Hauptaktionärin von Avelar. Im achtköpfigen Verwaltungsrat sitzen vier Mitglieder von Viktor Vekselbergs Investmentgesellschaft. Gemanagt wird die Firma aber nicht von der Renova Management AG, wie Akhmerov betont, sondern sie sei unabhängig geführt. Auch sei offen, ob Renova nach einem Börsengang dabei bleiben würde. Akhmerov selber hätte sie gerne weiter an Bord: Viktor Vekselberg sei eine «sehr inspirierende Person».

Was kriegt man als Aktionär, wenn man dereinst in Avelar investieren wird? «Man erhält Zugang zu einem der interessantesten Märkte überhaupt, dem italienischen Energiemarkt», erläutert Akhmerov. In Italien liegen die Strompreise aufgrund der Importabhängigkeit des Landes deutlich höher als etwa in der Schweiz; Schweizer Elektrizitätsversorgungsunternehmen beispielsweise verdienen nicht nur gutes Geld mit dem Verkauf von Strom nach Italien, sie beteiligen sich dort auch am Bau von neuen Kraftwerken.

Heute wird der italienische Markt von den drei Riesen Enel, Edison und Eni dominiert sowie entweder von ausländischen Firmen, die ein Bein auch im italienischen Markt haben, oder von lokalen, kommunalen Stromversorgern. Avelar, so Akhmerov, würde dem Investor einen direkten Einstieg in den italienischen Energiemarkt bieten.

Ursprünglich ein reiner Händler

Ursprünglich war Avelar als reiner Händler gestartet. Inzwischen jedoch hat die Firma auch Anlagen aufgebaut. Sie hält einen Anteil von 30% an einem Gaskraftwerk in San Severo (Apulien), das zusammen mit dem Schweizer Branchenleader Alpiq und einem weiteren Partner erstellt wurde. Wohl ab Dezember produziert Avelar dort eigene Energie, so Akhmerov. Dazu kommt ein Projekt für die Speicherung von Gas in Ferrandina und Pisticci (Basilicata), wo erschöpfte Gasfelder in ein Gaslager verwandelt werden sollen. Es soll 2013 einsatzbereit sein.

Ziel von Avelar ist es, dank dem Gas- und Energiehandel, dem Gaskraftwerk und der Gaslagerstätte im Jahr 2013 einen Ebitda von 130 Mio Euro zu erzielen. «Für Investoren an der Schweizer Börse werden wir ein interessanter Nischenplayer sein», verspricht Akhmerov - der davon überzeugt ist, dass der italienische Markt seine Anziehungskraft so schnell nicht verlieren wird. «In Italien gibt es genügend industrielles Potenzial und unternehmerischen Drive. Das wird auch längerfristig die Energienachfrage hochhalten.» Italien unterscheide sich in dieser Hinsicht deutlich von anderen Ländern wie Spanien und Griechenland, weil die italienische Wirtschaft viel mehr Potenzial habe. Ein schwacher Euro könne der italienischen Produktion sogar helfen, sagt Akhmerov.

Zwar räumt er ein, dass die Erwartungen von ausländischen Investoren in den italienischen Energiemarkt in den letzten Monaten nicht erfüllt wurden; manch ein für teures Geld erstelltes neues Gaskraftwerk wurde wegen der fehlenden Nachfrage kaum je angeworfen. Doch für Avelar sieht Akhmerov deswegen keine Probleme: Entscheidend sei, wo ein Kraftwerk gebaut wurde. Oft sei es die Überlastung des Stromnetzes, die verhindere, dass eine Anlage läuft. Zudem ist Avelar dank dem eigenen Energie-Trading und der Gasspeicherung laut Akhmerov breit aufgestellt: Die Firma könne es verkraften, wenn ihr Gaskraftwerk nicht läuft.

Nuklear-Gefahr?

Am Horizont steht noch eine andere Gefahr: Der Wiedereinstieg Italiens in die Nuklearenergie. Doch werde es noch lange dauern, bis das erste AKW gebaut sei, sagt Akhmerov. Und ein Problem werde das dann vor allem für jene Firmen, die grosse Kraftwerkskapazitäten in Italien besitzen.

Laut Akhmerov wird Avelar auch im Geschäft mit erneuerbarer Energie nicht untätig bleiben. Dank der Kooperation mit Enovos soll die Produktepipeline an Solarenergie-Anlagen in Italien und Frankreich ausgebaut werden. Und danach wolle man das Geschäft aus Europa heraustragen - dorthin, wo die Sonne als Energielieferantin noch viel mehr hergibt, wie Akhmerov mit einem Lächeln sagt.



Wind- und Sonnenenergie: Kleinere Kraftwerke rufen jetzt auch kleinere Investoren auf den Plan

Der Bau von Staumauern oder Atomkraftwerken ist Sache der grossen Energieversorger. Doch seit überall in Europa kleinere Windkraft- oder Photovoltaik-Anlagen gebaut werden, mischen plötzlich auch kleine Firmen mit. Eine davon ist Aravis, eine Risikokapital-Firma, deren Name man vor allem aus der Welt der Biotechnologie kennt. Seit 1996 hat das Aravis-Team in gut 80 Firmen investiert, worunter sich Namen wie Evolva, Cytos oder Esbatech finden.

Inzwischen investiert Aravis mit dem ersten Schweizer Risikokapital-Fonds jedoch auch Risikokapital in erneuerbare Energien. Bisher liegen die Kernmärkte in Italien und Spanien; so floss etwa Geld in Photovoltaik-Anlagen in Italien sowie in Windkraftwerkprojekte in Süditalien und Südspanien. Eine Gesellschaft mit einer Windkraftanlage von rund 40 MW Leistung ist inzwischen an ein kleineres Elektrizitätswerk in der Schweiz verkauft worden, wie Oliver Thalmann, Geschäftsführer von Aravis Energy, bei einem Gespräch erklärt.

Geht es nach Aravis, ist das nicht das letzte Geschäft dieser Art gewesen. Gerade kleinere bis mittelgrosse Werke sind interessiert daran, im Ausland ökologisch und ökonomisch einwandfreie Produktionskapazitäten zu erwerben. Doch haben sie selten die Ressourcen und die Kontakte, um sich solche Anlagen zu sichern. Bei grossen Stromversorgern andererseits dauert es manchmal länger, bis ein Entscheid über den Kauf einer Anlage gefallen ist. Laut Thalmann liegt hier der Vorteil von kleineren Firmen: Sie können schnell reagieren, wenn eine Anlage zu verkaufen ist oder wenn es gilt, ein vielversprechendes Projekt zu finanzieren und voranzutreiben.

Kleine Firmen sind allerdings auch besonders gefordert: «Wenn man im Ausland investiert, muss man den Markt sehr gut kennen», sagt Thalmann. In jedem Land seien die Rahmenbedingungen anders. «Und die Anlagen laufen 20 Jahre», so Thalmann. Erschwerend kommt hinzu, dass die Krise der Euro-Länder negative Auswirkungen auf die alternativen Energien hat: Diskutierte oder bereits beschlossene Kürzungen von Subventionen insbesondere für Photovoltaik-Anlagen schrecken derzeit viele Investoren ab. Dennoch trägt sich Aravis bereits mit dem Gedanken, einen zweiten Fonds für erneuerbare Energien aufzulegen. «In den nächsten zwei Jahren sehen wir enorme Investitions-Möglichkeiten für erneuerbare Energien», betont Thalmann. Es gebe ein grosses Angebot an Projekten, aber zu wenige Risikokapitalgeber wie Aravis.(mju)