Es war ein Versuchsballon, den die russische Beteiligungsfirma Renova mit Sitz in Zürich Anfang Jahr steigen liess: Ex-Finanzchef Iosif Bakaleynik lud ausgewählte Finanzinvestoren zur allerersten Renova-Roadshow nach Frankfurt, London und Zürich, um die Nachfrage nach einem Dollar-Bond zu testen. Um grössmögliche Transparenz zu bieten, liess sich Renova, die vom Industriellen Viktor Vekselberg kontroliert wird und als Hauptaktionärin die beiden Schweizer Industriekonzerne OC Oerlikon und Sulzer dominiert, von Standard & Poors (S&P) und Moodys beurteilen.

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«Aggressive Finanzpolitik»

Die Analysten von S&P nahmen Ende Januar das Coverage mit einem soliden «BB/stabil» auf. Vor wenigen Tagen nun veränderten S&P die Einstufung: Sie platzierten das Rating von BB – für eine mögliche Rückstufung – auf die CreditWatch-Liste. «Grund dafür sind der Verschuldungsgrad und die aggressive Finanzpolitik von Renova», heisst es in einem entsprechenden Report. Das Unternehmen habe sowohl 2007 als auch im laufenden Jahr namhafte Beteiligungen aufgebaut. Neben Sulzer und Oerlikon sei Renova mit ihrer Tochter Integrated Energy Systems für geschätzte 2,8 Mrd Dollar in mehrere russische Elektrizitätsunternehmen eingestiegen. Die S&P-Analysten rechnen damit, dass Renovas Bruttoverschuldung, die im 1. Halbjahr 2007 noch bei 2,6 Mrd Dollar lag, inzwischen deutlich angestiegen ist.

Renova-Sprecher Markus Blume bestätigt verschiedene Aktivitäten im Energiesektor in Russland, will aber keinen Kommentar zu Finanzzahlen abgeben.Nach der Roadshow im vergangenen Januar hatten S&P den führenden russischen Privatkonzern noch gelobt: Das Verhältnis zwischen Nettoverschuldung und dem Portfolio-Vermögen von geschätzten 3,1 Mrd Dollar läge bei «komfortablen 21%». Die Liquidität sei mit einem Nettocash-Bestand von 301 Mio Dollar ebenfalls sehr zufriedenstellend. Weil das Renova-Management den Verschuldungsgrad im Verhältnis zum Portfolio-Vermögen nicht über 25% zu erhöhen gedenke, werde Renova als stabil eingestuft.

«Publizieren, was notwendig ist»

Nachdem Vekselberg jetzt sein Beteiligungsportfolio binnen kurzer Zeit deutlich ausgebaut hat, wollen S&P die Jahreszahlen von Renova für 2007 abwarten und dann das Rating möglicherweise definitiv anpassen. Der Zahlenkranz zum Renova-Geschäftsjahr 2007 dürfte in Kürze vorliegen. Er wird aber laut Sprecher Markus Blume nicht publiziert. «Bei Renova handelt es sich um eine private Gruppe, die deshalb keine weitergehenden Publizitätspflichten hat. Wir veröffentlichen das, was notwendig ist.»

Für Renova spiele das Rating laut Blume im Moment nur eine nachgeordnete Rolle, da die Gruppe keine Investoren habe.

Die aus dem Rating folgenden Publikationen der Analysten aber sind Renova durchaus ein Dorn im Auge: Denn über diesen Kanal gelangen vertrauliche Informationen über den Geschäftsgang an die Öffentlichkeit. Bei S&P wird bestätigt, dass die Ratings auch auf vertraulichen Angaben basieren können, wenn keine Zahlen publiziert werden – ein Ärger für Kunden wie Renova, die ihre Geschäftszahlen plötzlich als Pressemeldung im Internet wiederfinden.

S&P-Auftrag bald storniert?

Ob Renova nun den an S&P erteilten Auftrag storniert und die Zahlungen einstellt, will Markus Blume nicht kommentieren.

Bei den S&P-Analysten jedenfalls ist auf Anfrage der «Handelszeitung» in den Londoner und Moskauer Büros noch keine Meldung eingegangen, das Coverage einzustellen.