Der Blick aus dem Wohnzimmer gleitet frei über die Stadt Zug und den Zugersee. Dahinter ragen Rigi und Pilatus empor. 180 Quadratmeter Wohnfläche erwarten den neuen Bewohner. Seit einem Monat ist Viktor Vekselbergs neues Zuhause in der Schweiz fertig gebaut. Die Rechnung über rund 5,5 Millionen Franken ist beglichen.

Doch nun droht dem Hauptaktionär der Industriekonzerne Sulzer und Oerlikon Ärger. Die Behörden des Kantons Zug nehmen die Eintragung im Grundbuchamt vorderhand nicht vor, bestätigen Insider. Der russische Milliardär muss zuerst nachweisen, dass sein Lebensmittelpunkt tatsächlich in der Schweiz liegt. Gelingt es ihm nicht, muss er die Liegenschaft wieder verkaufen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Mit dem Fall Vekselberg beschäftigen sich inzwischen auch Mitglieder der Kantonsregierung. Von besonderem Interesse ist der Russe in Zug, weil er offenbar früher die Pauschalbesteuerung beantragte. «Das spielt in der ganzen Angelegenheit eine Rolle», erzählt ein Beobachter mit Kontakten in die Verwaltung. «Zug will eigentlich keine Pauschalbesteuerte aufnehmen, die nie da sind. Und das schon gar nicht in nächster Zeit.»

Die Zurückhaltung ist politisch motiviert. Seit Monaten steigt der Druck auf das Instrument zur Besteuerung von reichen Ausländern ohne Erwerbstätigkeit in der Schweiz. SP und die Alternative Liste bringen die steigenden Immobilienpreise damit in Verbindung und sammeln in Zug Unterschriften für eine Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung. Auf nationaler Ebene steht ein ähnliches Unterfangen ebenfalls kurz vor dem Ziel. Öl ins Feuer giessen will da niemand.

Dabei begann die verwaltungsinterne Vekselberg-Diskussion fernab der Besteuerungsfrage. Für das Grundbuchamt spielte sie keine Rolle, als es die Eintragung des Investors sistierte. Entscheidend war eine Entwicklung, die vor drei Jahren ihren Anfang genommen hatte.

Am 1. Februar 2009 schaffte das Zürcher Stimmvolk die Pauschalbesteuerung ab. Wenig später begann sich der bis dahin in Zürich gemeldete Vekselberg ein neues Domizil zu suchen. Er sandte ein Berater- und Anwaltsteam nach Zug, das abklärte, ob sich der Russe dort gemäss seinen Vorstellungen niederlassen könnte. Mit der Verwaltung sprach es auch über die Frage, ob Vekselberg als Ausländer eine Liegenschaft kaufen könnte.

Bundesgericht schreitet ein

Offenbar beantwortete man die Frage damals mit Ja. Nach monatelangem Suchen fand der Oligarch schliesslich die Luxus-Attikawohnung. Das Team von Vekselberg leitete den Umzug ein.

In der Zwischenzeit hatte sich das Bundesgericht in Lausanne völlig unabhängig davon zur Umsetzung der Lex Koller geäussert, jenem Gesetz also, das den Grundstückskauf durch Ausländer regelt. Das oberste Gericht verschärfte die bisherige Praxis. Demnach müssen Grundbuchämter nun verstärkt nachprüfen, ob sich der Lebensmittelpunkt des ausländischen Kaufinteressenten wirklich in der Region befindet. Experten in Sachen Lex Koller sind denn auch der Ansicht, dass Immobilienkäufe für ausländische Persönlichkeiten schwieriger werden, die «vorwiegend im Flugzeug leben».

Früher reichte den Gemeindebehörden im Wesentlichen die Wohnsitzbescheinigung durch die Gemeinde. Heute braucht es mehr. Zum Beispiel verlangt das Grundbuchamt nun die Wohnsitzbescheinigung der Frau oder eine Bestätigung der Schule, dass die Kinder dort unterrichtet würden. Auch Mitgliedschaftsurkunden von lokalen Vereinen werden nachgefragt. «Die Praxis in der Schweiz änderte sich in den letzten Monaten», bestätigt Gianni Bomio, Generalsekretär der Zuger Volkswirtschaftsdirektion. Zum konkreten Fall Vekselberg will sich das Amt nicht äussern.

Das Problem mit Vekselberg ist indes noch nicht aus der Welt geschafft. Laut anderen Quellen stehen die Behörden und die Anwälte des Oligarchen in Gesprächen.

Der Fall liegt längst nicht mehr beim Grundbuchamt. Sobald Fragen zum Lebensmittelpunkt auftauchen, reicht man das Dossier an die Volkswirtschaftsdirektion weiter. Bei einer heiklen Sachlage wird der Regierungsrat als Vorsteher informiert. In besonders sensiblen Fällen zieht man andere Regierungsmitglieder bei.

Unterwegs in Russland

Für den Industrie-Investor ist es keine leichte Aufgabe, den Nachweis zu erbringen, dass er tatsächlich in Zug lebt. Zurzeit baut er im Auftrag der russischen Regierung das Technologiezentrum Skolkovo bei Moskau auf. Als Präsident des russischen Prestigeprojekts wirbt er in der ganzen Welt dafür. Meistens sitzt er im Flugzeug oder in Moskau.

Aber offenbar gibt es auch heute noch juristische Kniffe, dem Gesetz Genüge zu tun. Unter Umständen kann der Nachweis für den Lebensmittelpunkt erbracht werden, indem man die Verankerung in der Region dokumentiert. Hierfür kann es reichen, Freizeitaktivitäten wie Golf oder Mitgliedschaften in einem Service Club in die Schweiz zu verlegen.

Welchen Weg Vekselberg wählen wird, ist derzeit offen. Ein Sprecher in Moskau will die Angelegenheit nicht kommentieren. Am Dienstag traf sich sein Chef in Moskau mit Premierminister Dmitri Medwedew. Sie sprachen in Moskau über die Entwicklung der Gesundheitsindustrie. Auf Golfplätzen um Zug wurde er bislang noch nie gesichtet.