Es ist ausgerechnet ein kleines Waadtländer Start-up, das sich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in der Videoüberwachungstechnik weltweit an die Spitze gesetzt hat. VisioWave ist am ehesten im Stande, die Sicherheitsbedürfnisse von Flughafen-, Metro- und Autobahnbetreibern zu befriedigen. Gründer Yann Guyonvarc'h: «Wir sind die Einzigen auf der Welt, die eine technologische Kette mit allen Applikationen anbieten können.» Der Boom habe nicht bei den traditionell-analogen Überwachungssystemen eingesetzt, sondern beginne wohl erst jetzt, nachdem VisioWave ein neu entwickeltes Kompressionsverfahren auf den Markt gebracht hat, das analoge Videoaufnahmen digitalisiert, verdichtet und in TV-Qualität und Echtzeit überträgt.

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Erfindung eines Studenten

1996, bei der Geburt von VisioWave, gehörten Terroristen nicht zur Alltagsgefahr vor westlichen Sicherheitsschleusen. Der 22-jährige Mathematikstudent Guyonvarc'h wurde aus dem Elfenbeinturm zwar unterstützt, im innovationshemmenden Wirtschaftsklima aber belächelt, als er in seiner Pariser Studentenbude eine Werkstatt für netzwerkbasierte Bildverarbeitung einrichtete. Dieser stotterige Start dürfte der Hauptgrund dafür sein, dass VisioWave heute in Ecublens bei Lausanne 85 Personen («in drei Monaten sind es über 100») beschäftigt und in den letzten vier Jahren unter anderem die Flughäfen von Toronto, Ottawa, Zürich und Stockholm, die Metros und Busunternehmen von Paris, und Lille, die Autobahn um Bern und Neuenburg, die Rhätische Bahn und die Zürcher Stadtpolizei mit ihren Systemen ausgestattet hat.

1998 wurde Murat Kunt auf den jungen Franzosen aufmerksam. Der Professor bot ihm in seinem weltweit renommierten Labor für Signalaufbereitung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) eine Plattform. Die schweizerische Förderagentur für Innovation (KTI) unterstützte die Entwicklung von Überwachungssystemen. Der Umsatz hat sich seit 2002 vervierfacht 2004 sollen es 40 Mio Fr. werden.

Entscheidend war auch der frühe Einstieg der französischen TV-Gesellschaft TF1, die das Startkapital zur Verfügung stellte und heute zu 80% beteiligt ist. Im richtigen Moment erkannten die VisioWave-Ingenieure zudem, dass die Verarbeitung der Echtbilder automatisiert werden muss. Kein Grossbetrieb der Welt hat die personellen Ressourcen, um gleichzeitig tausende von Kameras zu überwachen. Statt eines Big Brother aus Fleisch und Blut löst nun eine Software Alarm aus, wenn Hinweise auf terroristische Machenschaften ins Blickfeld geraten.

Die New Yorker U-Bahn-Betreiber haben kürzlich für eine Pilotphase mit fünf Überwachungsstationen unterschrieben. Machen sie ähnlich gute Erfahrungen wie die Pariser Metro, in der bis 2007 8000 Einheiten platziert werden, gehen 25000 Systeme vom Genfersee an den Hudson River. Parallel stecken Guyonvarc'h und seine Mitarbeitenden in zehn Flughafenprojekten, die im nächsten Trimester abgeschlossen werden sollen

Auf Personalsuche

Angesichts eines Marktes, in dem allein 2003 10 Mrd Fr. investiert wurden, rechnet VisioWave mittelfristig mit einem jährlichen Umsatzwachstum von 50%. Doch damit kann sich der Pariser Pionier alles andere als zurücklehnen: Eine innovative Technologie zu entwickeln sei letztlich einfacher, als die personellen Ressourcen aufzubauen, die nötig sind, um dem Marktpotenzial zu begegnen, resümiert der heutige Verwaltungsratspräsident. Kräfte, die das Know-how der Sicherheitsbranche und das Verständnis für digitale Überwachungstechnik unter einen Hut bringen und die Systeme schliesslich verkaufen können, sind auf der ganzen Welt rar. VisioWave muss ihren Marketing- und Verkaufsapparat erst noch aufbauen.

Ausserdem gehen den komplexen Überwachungsprojekten lange Verkaufszyklen voraus, die manchmal erst nach Jahren Investitionen in bald dreistelliger Millionenhöhe auslösen. Auch darum muss VisioWave 2005 an die Börse, wohl in den USA. Das Kapital des französischen Mehrheitsaktionärs TF1 (bis dato 40 Mio Euro) wird nicht reichen, um von Schanghai bis Sacramento Aufträge an Land zu ziehen.