Jung, weiblich, schwanger: Magdalena Martullo-Blocher vereinigt Eigenschaften auf sich, die eine Frau in der Schweiz nicht an eine TopPosition aufrücken lassen. «Wäre sie nicht Blochers Tochter, sie wäre nie zu diesem Job gekommen», meint Headhunter Fredy Isler von Spencer Stuart. Er ist nicht der Einzige, der Martullo für zu jung und zu unerfahren für diese Aufgabe hält. Hat der zum Bundesrat gewählte Christoph Blocher bei der Nachfolgeregelung vielleicht auf die Falsche gesetzt? Mitnichten. «Diese Frau ist zielstrebig, engagiert und teamfähig. Lauter Voraussetzungen, die sie zur VR-Delegierten der Ems-Chemie befähigen», sagt ihr ehemaliger Chef Franz Rieder, CEO bei Rivella. Martullo-Blocher war bei Rivella Marketingleiterin Schweiz und dort unter anderem für die Lancierung von Rivella grün («Welche Farbe hat Dein Durst?») zuständig. Unter ihrer Ägide, sie dauerte von 1996 bis 2000, sei eine Absatzsteigerung von 20% erfolgt, steht in ihrem Lebenslauf.

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Lautstarke Studentin

Hart und durchsetzungsstark erlebte sie auch Stefan Schmutz von der Gewerkschaft Bau & Industrie (GBI). «Sie wird mit dem eisernen Besen fegen», befürchtet er. Sein Eindruck gründet allerdings einzig auf den Verhandlungen im Zusammenhang mit 14 Entlassungen bei Ems. «Sie ist der Vater im Quadrat, ihre Krallen hat sie noch nicht ausgefahren», sagt ein ehemaliger Kommilitone aus ihrer HSG-Zeit. «Sie kann laut und heftig fluchen wie ein Pferdekutscher», erinnert sich ein anderer und belegt damit ein gängiges Vorurteil: Was Männern zur Führungsstärke gereicht, wird Frauen als Schwäche ausgelegt.

Wie aber wird eine Frau führen, über die es so unterschiedliche Urteile gibt? Martullo selbst will sich zur Frage nicht äussern. Schmutz befürchtet einen Kälteschock. Rieder und Blocher sehen in ihr die Garantin für Kontinuität. Zur Sicherung hat ihr Blocher lauter erfahrene Füchse zur Seite gestellt.

Wenig Erfahrung zu wenig?

Während sie bei bei Johnson & Johnson (ihrem ersten Arbeitgeber) kaum bleibende Spuren hinterlassen hat, ist sie bei Rivella in den Erinnerungen immer noch sehr präsent. Sie hatte acht Leute unter sich und war vor allem auch wegen ihrer klaren Urteilskraft geachtet. Jetzt wird sie, als operative Leiterin der Ems-Chemie, das berufliche Schicksal von 2700 Menschen mitbestimmen. Die «Ära einer eisernen Lady» (Schmutz) wird bei Ems mit Martullo dennoch nicht anbrechen. Selbst Gewerkschafter Schmutz ist sich in seinem Urteil nicht ganz sicher: «Sie ist bald zweifache Mutter und weiss bestimmt, was Fürsorge und Herzlichkeit bedeuten. Ich hoffe, dass diese Eigenschaften auch ihre Untergebenen zu spüren bekommen.»

So oder so: Auf dieser jungen Managerin, der einzigen, welche einen schweizerischen Konzern dieser Grössenordnung führen wird, lastet ein grosser Druck. Da sind der lange Schatten ihres Vaters, die grosse Erwartungshaltung der Öffentlichkeit und die polarisierenden Urteile über sie. Nahe liegend ist, dass Martullo-Blocher weiter nicht das Rampenlicht suchen wird, sondern im Stillen agieren will und dabei ihr unternehmerisches Profil entwickeln wird. Gelegenheit dazu bietet sich hier zu Lande etwa in Dottikon, wo die Restrukturierung des Pharmazulieferwerkes ansteht.