Der Aufschwung lässt auf sich warten, die Sparhebel werden neu justiert. Mit ein Mittel, um an Einsparpotenziale zu gelangen, sind die Mitarbeiter. Für einmal nicht als Lohnkostenpuffer, sondern als Ideenlieferanten.

In der betriebswirtschaftlichen Terminologie wird dieser Aspekt des Ideenmanagements «betriebliches Vorschlagswesen» genannt und weist eine ganze Reihe positiver Effekte auf: Die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und der Produktivität, die Erhöhung der Arbeitssicherheit und Arbeitserleichterung, permanente Innovation in kleinen Schritten ebenso wie Mitarbeitermotivation und -entwicklung.

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Die Idee des Ideensammelns ist nicht neu, sondern bereits 125 Jahre alt, ihre Umsetzung ist relativ einfach, und die Erfolge zum Teil und insbesondere in der Startphase sind eindrücklich.

Erstaunlich deshalb, dass besonders Klein- und Mittelbetriebe dieses effektive Instrument der Betriebsführung nicht vermehrt einsetzen. Viele befürchten einen höheren Arbeits-, Zeit- und Personalaufwand sowie weitere Bürokratisierungen Befürchtungen, die sich bis dato als wenig stichhaltig erwiesen haben.



Nutzen besser ausschöpfen

Aber auch in einzelnen Grosskonzernen hält sich die Begeisterung für das Ideentool zum Teil in engen Grenzen, auch wenn sich das Instrument inzwischen fast überall etabliert hat. Wenn ein Vertreter einer Grossbank zum Beispiel fast schon abschätzig äussert, dass «irgendwann eben die letzte Glühbirne ausgewechselt und das dünnste Klopapier bestellt» sei, wird klar, dass auf diese Art das Motivationspotenzial der Belegschaft und somit der tatsächliche Nutzen eines effektiven Vorschlagswesens nicht im Ansatz ausgeschöpft werden können. «Ohne ein engagiertes Topmanagement fehlen eigentlich die Grundvoraussetzungen für ein leistungsfähiges Vorschlagswesen», weiss denn auch Norbert Thom, Direktor des Instituts für Organisation und Personal der Uni Bern.

Sicher gibt es in einem technischen Produktionsbetrieb mehr Stufen und Eingriffsmöglichkeiten der einzelnen Mitarbeiter als in einem Dienstleistungsbetrieb aber auch dort gibt es Verbesserungsmöglichkeiten in Bereichen wie Marketing, Organisation, EDV, Personal, Ökologie usw., auch dort finden Prozesse statt und gibt es eingeschliffene Abläufe und Routine, die zu hinterfragen sich lohnen könnte auch wenn der Kosteneinspareffekt vielleicht weniger direkt messbar ist.

Dazu kommt, dass sich in den letzten Jahren die Ziele insofern verlagert haben, als dass nun anstelle von reinen Rationalisierungseffekten vermehrt soziale Ziele im Vordergrund stehen.



Immaterielle Motive

Dasselbe Bild findet sich übrigens auch auf der Mitarbeiterseite: Die immateriellen Motive überwiegen. Diverse Umfragen machen deutlich, dass die Motive, um Verbesserungsvorschläge einzureichen, nicht primär in einer Prämie liegen, sondern in der höheren Arbeitssicherheit und der Arbeitserleichterung.

Weitere Gründe, um am Vorschlagswesen mitzutun, sind die Behebung von Missständen, der Wunsch nach persönlicher Anerkennung sowie Karrierestreben.



Weitere Informationen

- Norbert Thom: Betriebliches Vorschlagswesen; Ein Instrument der Betriebsführung und des Verbesserungsmanagements. Mit Muster-Reglement «Vorschlagswesen», Peter Lang AG, Bern, 2003.

- Die eigentliche Website der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Verbesserungsprozesse, www.savasp.ch, muss vielleicht noch den einen oder anderen Verbesserungsprozess durchlaufen, damit sie zum Laufen kommt.

- Infos sowie Zahlen auch aus der Schweiz und eine Reihe von Muster-Betriebsvereinbarungen als Downloads aber unter www.our-ideas.de.

- Idee-Suisse: Schweizerische Gesellschaft für Ideen- und Innovationsmanagement, www.idee-suisse.ch hat ein hilfreiches Musterreglement «Vorschlagswesen» erarbeitet, das jedoch nur im erwähnten Buch von Norbert Thom zu finden ist. «Das Reglement kann nicht von der Website heruntergeladen werden», heisst es in der Idee-Suisse. Wär aber eine gute Idee.



Drei Beispiele aus der Praxis von Grosskonzernen

Die Mitarbeitermotivation ist oft wichtiger als die Kosteneinsparung

Das Vorschlagswesen der Novartis heisst Th!nk und soll die Mitarbeitenden auffordern und motivieren mitzudenken, ihre Ideen mitzuteilen und so einen aktiven Beitrag zur Verbesserung ihres Umfeldes zu leisten. Es wurde im Dezember 1997 ins Leben gerufen. Die Zielgruppen sind Einzelpersonen, Gruppen, Lehrlinge und Rentner.

In den letzten drei Jahren hat Novartis rund 1000 Vorschläge von Mitarbeitenden erhalten, verteilt auf alle Geschäftseinheiten. Der absolute Spitzenreiter in der Unterbreitung von Vorschlägen ist die Abteilung Global Technical Operations.

Der Prozess eines Vorschlags bis zu seiner Umsetzung ist kurz und unkompliziert: Zuerst gibt der Mitarbeitende seinen Vorschlag online in das System ein oder falls er keinen Zugriff auf einen Computer hat füllt ein Formular aus. Dieser Vorschlag geht dann parallel zum jeweiligen Vorgesetzten und dem zuständigen Th!nk-Koordinator. Der Vorgesetzte hat zu entscheiden, ob es sich um einen Vorschlag handelt, der Sinn macht und dessen Umsetzung weiterverfolgt werden soll. Dies ist in über 90% der Vorschläge der Fall.

Der Mitarbeitende erhält anschliessend ein Dankesschreiben für seinen Vorschlag zusammen mit Reka-Gutscheinen in Höhe von 40 Fr. als Anerkennungsprämie. Alsdann stellt der Koordinator sicher, dass der Vorschlag an die Stellen weitergeleitet wird, die für eine eventuelle Umsetzung verantwortlich sind.

Dort wird evaluiert, ob der Vorschlag realisierbar ist, ob er effektiv Vorteile oder Verbesserungen bringt, ob ähnliche Vorhaben nicht bereits in Arbeit sind usw. Dies kann wenige Tage bis einige Wochen in Anspruch nehmen. Dann wird eine endgültige Entscheidung getroffen, die dem Mitarbeitenden via Th!nk-Koordinator zurückgemeldet wird.

Je nach Auswirkungen des Vorschlages, z.B. erhöhte Sicherheit, Einsparungen, verbesserte Prozesse usw. wird eine Prämie definiert, die dem Mitarbeitenden in Form von Gutscheinen oder via Lohn ausbezahlt wird.

Ein Beispiel: Der Vorschlag eines Novartis-Mitarbeiters aus der Produktion ermöglichte es, die Kapazität eines chemischen Zwischenproduktes von 2,8 t die Woche auf 3,8 t zu steigern. Der Vorschlag basierte auf einer komplexen Analyse des Produktionsprozesses und war «sehr kreativ». Novartis konnte dadurch 200000 Fr. einsparen. Der Mitarbeiter erhielt eine einmalige Auszahlung von 7000 Fr. «eine der höchsten Prämien, die im Rahmen des internen Vorschlagswesens «Th!nk» ausbezahlt wurden», wie Novartis mitteilt.

In der UBS heisst das Betriebliche Vorschlagswesen «Quality Feedback» und ist ebenfalls eine professionelle Abteilung, besetzt mit «fünf bis zehn» Personen. Das Intranet-Instrument für Vorschläge aus den Geschäftsbereichen Wealth Management und Business Banking werde «gut genutzt», heisst es, was bedeutet, dass «mehrere 100 Anregungen pro Monat» eintreffen, wenn auch mit unterschiedlichem Ausreifungsgrad.

Ein generelles Dankeschön für eingebrachte Ideen gibt es bei der UBS nicht. Falls der Vorschlag weiterverfolgt und realisiert wird, steht dem Mitarbeiter jedoch eine Prämie zu, deren Höhe aber nicht definiert ist und sich auch nicht nach dem Einsparpotenzial richtet, da dieses in einem hoch spezialisierten Dienstleistungsbetrieb meist viel weniger deutlich zu eruieren ist als in einem Produktionsbetrieb.

Auch die meisten Geschäftseinheiten von ABB Schweiz kennen ein Vorschlagswesen für Mitarbeitende. Es sei «ein gutes Instrument zur Verbesserung der Prozesse und des Arbeitsumfeldes und wird rege genutzt», lässt der Konzern verlauten.

Da das Vorschlagswesen bei ABB Schweiz nicht zentral erfasst wird, stehen jedoch keine allgemeingültigen Zahlen zur Verfügung. Deshalb ist auch keine Aussage über eine allfällige Steigerung der Produktivität durch Änderungsvorschläge von Mitarbeitenden zu machen.

Die Palette der eingegangenen Vorschläge ist breit: Sie reicht vom Aufstellen von Wasserbehältern in der Kaffeepause über eine bessere Nutzung der CNC-Maschinen bei der Produktion bis hin zu einem besseren Prozessablauf innerhalb der eigenen Abteilung oder in der Zusammenarbeit mit einem anderen Bereich. (top)



Zahlen aus der Schweiz und Deutschland: In Deutschland macht jeder Zweite mit

In der Schweiz hat im Jahr 2003 rund jeder 7. Mitarbeiter der meldenden Betriebe einen Verbesserungsvorschlag eingereicht, wie untenstehender Jahresauswertung der Schweizerischen Gesellschaft für Verbesserungsprozesse zu entnehmen ist.



Deutschland 2003

In Deutschland sehen die Zahlen aufgrund der hohen Anzahl Betriebe und Mitarbeitenden konsequenterweise eindrücklicher aus. An der Umfrage des Deutschen Instituts für Betriebswirtschaft (dib), Frankfurt am Main, beteiligten sich 359 Unternehmen und öffentliche Körperschaften aus 17 Branchen mit rund 2,3 Mio Mitarbeitenden. Im Jahr 2003 wurden von diesen Beschäftigten 1,23 Mio Verbesserungsvorschläge eingereicht. Pro 100 Mitarbeitende haben 54,7 einen Vorschlag eingereicht, also etwas mehr als jeder Zweite. Die ausgewiesenen Einsparungen für 2003 betragen1,16 Mrd Euro, wovon den Mitarbeitenden über 152 Mio Euro Prämie für ihre Vorschläge ausbezahlt wurden.