Am Dienstag ging Spotify an die New Yorker Börse. Auf ungewöhnliche Weise, per Direktkotierung. Das hat einige Gewinner, aber auch Verlierer produziert.

Zu den Gewinnern zählen zweifellos die Aktionäre von Spotify – Risikokapitalgeber, Musikunternehmen wie Sony BMG, frühe Investoren wie  Tencent und Mitarbeiter. Sie alle sahen den Wert ihrer Anteile massiv wachsen, ohne die Gewinne mit der üblichen Schar von Investmentbanken und institutionellen Anlegern teilen zu müssen.

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Ebenso zu den Gewinnern darf man andere Unternehmen zählen, die ebenfalls über einen Börsengang nachdenken, sich aber ein traditionelles IPO nicht zutrauen. Spotify hat ihnen gezeigt, dass ein direkter Listing-Ansatz funktionieren kann.

Zu den Verlierern zählen dagegen Investmentbanken und andere Finanzhäuser, die typischerweise von der Notierung der Aktien profitieren. Sie wurden weitgehend ausgeschlossen. Dadurch hat Spotify wahrscheinlich Dutzende Millionen Dollar an Gebühren gespart und musste grossen Investoren keine speziellen Deals offerieren. Getreu seinen skandinavischen Wurzeln wählte Spotify einen egalitären Weg.

Eine neue Ära

Den Banken der Wall Street – bereits nervös wegen Krypto-ICOs, Crowd Funding und anderen neuen Möglichkeiten, an Geld zu kommen –   gefällt das Vorbild Spotify gar nicht. Denn es markiert eine neue Ära im IPO-Underwriting, eine Ära, in der Investmentbanken nicht mehr unersetzlich sind.

So weit, so gut. Allerdings gehört auch Spotify zu den Verlierern seines eigenen Börsengangs. Wir glauben, dass Spotify jetzt in einer schlechteren Position ist als es noch privat war. Dafür gibt es drei Gründe.

Zu organischem Wachstum verdonnert

Erstens hat das Unternehmen kein neues Kapital aufgenommen. Durch die direkte Kotierung gingen alle Gewinne an die Investoren und keine an das Unternehmen selbst. Im Gegensatz dazu sammelten Alibaba 21 Milliarden Dollar und Facebook 16 Milliarden Dollar ein, als sie an die Börse gingen. Dies bedeutet, dass sich Spotify bei der Finanzierung seines Wachstums auf die vorhandenen Kapitalquellen und den laufenden Betrieb stützen muss. Nur: Spotify verliert Geld und hat noch nie Gewinn gemacht. Das Unternehmen muss also effizienter werden, seine Preise erhöhen – oder beides. Ohne neues Kapital wird es für die Firma nun schwieriger, im Wettbewerb zu bestehen. Auch Akquisitionen werden kaum möglich sein, so dass Spotify zu organischem Wachstum verdonnert ist.

Zweitens wird Spotify nun allen Regeln und Vorschriften eines kotierten Unternehmens unterliegen. Die Firma muss transparenz bezüglich ihrer Finanzlage herstellen – Quartal für Quartal. Und sie wird viel mehr von Medien, Analysten und Investoren unter die Lupe genommen. Zudem muss das Management mehr Zeit damit verbringen, die Aktionäre zu führen. Das macht das Unternehmen besser durchschaubar, aber eben auch weniger agil.

Drittens haben private Unternehmen in der Regel mehr Freiheit, langfristig zu denken. Spotify muss nun mehr auf die kurzfristigen Launen der Anleger eingehen.

Neue Zwänge ohne neues Kapital

Am Tag vor dem Börsengang verspracht Daniel Ek, einer der Spotify-Gründer, in einem Blog-Post, dass das Unternehmen mit dem Börsengang zwar «auf einer grösseren Bühne stehen» wir, sich sonst aber nichts daran ändere, «wer wir sind, worum es uns geht oder wie wir arbeiten».

Das stimmt so nicht. Als kotierte Gesellschaft wird sich Spotify ändern müssen. Die Firma wird klar weniger flexibel. Und sie übernimmt all diese Zwänge ohne den Vorteil, neues Kapital beschafft zu haben.

Fazit: Das direkte Listing war ein mutiger Schritt, der die Gier der Wall Street in Schranken wies. Aber wir sind nicht davon überzeugt, dass es zu einem Nettovorteil für das Unternehmen führte.

*Michael Wade ist Professor für Innovation und Strategie sowie «Cisco Chair in Digital Business Transformation» an der IMD Business School. Arturo Bris ist Professor für Finanzen am IMD und leitet das dortige World Competitiveness Center.