Nestlé ist eine grossartige Firma mit einer Vielzahl von beliebten Produkten und noch mehr Menschen, die mit Herzblut und Engagement für den weltgrössten Nahrungsmittelkonzern arbeiten. Nestlé hat aber ein Problem. In einer Zahl ausgedrückt: 71 Franken. So tief ist der Aktienkurs gefallen. In Worten ausgedrückt: Das Vertrauen ist nicht mehr da – das Vertrauen in die Schweizer Bank unter den Lebensmittelunternehmen.

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Wen wundert es? Selbstverständlich ist es nachvollziehbar, dass die beiden starken Männer im Verwaltungsrat – Noch-Präsident Paul Bulcke und Bald-Präsident Pablo Isla – den grossen Reformator Mark Schneider zur Tür begleitet haben, nachdem die Strategie des Externen, Nestlé jünger, hipper und mutiger zu machen, an der Börse böse durchgefallen ist. Und es ist verständlich, dass die beiden nach dem Experiment mit einem Externen auf einen bewährten Internen – Laurent Freixe – setzen.

Das neue Nestlé-Mantra «Forward to basics» ist weder Strategie noch Vision

Aber die Parole des Dreigestirns, knackig als «Forward to basics» verpackt, ist weder Strategie noch Vision. Sie mag als erster Gegenentwurf zur Ära Schneider taugen, nicht aber als Blaupause für die Zukunft. Und das dämmert auch den Investoren, die Freixe mit viel Wohlwollen begrüsst haben. Eine Nestlé-Aktie, die an ihrem Zehnjahrestief kratzt, ist eine Katastrophe. Für das Trio Freixe, Bulcke und Isla. Und für uns alle.

Freixe steht für operative Exzellenz, kennt das weitverzweigte Geschäft in allen Verästelungen. Er kann Marken und Teams, weiss, wer wie konsumiert. Aber schafft er es auch, nach prägenden Jahrzehnten bei Nestlé, den Konzern neu zu denken? Eine felsenfest etablierte Institution ins zweite Viertel des 21. Jahrhunderts zu führen? In einem Geschäft, in dem sich die Produkte mehr und mehr angleichen. In einem Business, in dem Nischenplayer den Grossen Marktanteile und Regalplätze im Handel streitig machen. Und wo der Preisdruck im Supermarkt zunimmt.

«Eine Nestlé-Aktie, die an ihrem Zehnjahrestief kratzt, ist eine Katastrophe. Für das Trio Freixe, Bulcke und Isla. Und für uns alle.»

Das darf bezweifelt werden. Das Problem aber ist: Der VR sitzt im gleichen Boot wie Freixe, er kann nicht anders, als zu ihm halten. Denn scheitert Freixe mit der Revitalisierung, muss auch das Board als gescheitert gelten.

Interne stehen bereit

Bulcke muss das nicht mehr kümmern, er ist heute schon eine Lame Duck. Isla aber ist gefordert. Und das nicht erst ab April 2026, wenn er das Präsidium offiziell übernimmt. Schon heute muss er einen personellen Plan B parat haben. Intern drängen sich ihm zwei Namen auf: Europa-Chef Guillaume Le Cunff, 54 Jahre alt, und Nespresso-Chef Philipp Navratil, 48-jährig.

Gelingt es Nestlé nicht, den Aktienkurs in nützlicher Frist – also im laufenden Jahr – zurück über die Marke von 100 Franken zu hieven, dürfte «Forward to basics» schon im kommenden Frühling eine blosse Erinnerung sein. Und Freixe einem Nachfolger Platz machen müssen.