Das Positive vorneweg: Schweizer Uhren sind - nach einer 14-monatigen Baisse - seit Februar 2010 wieder gefragt, die temporäre Delle ist überwunden. Allein im Juni resultierte ein Exportplus von hohen 35% auf 1,5 Mrd Fr. In etwa bewegen sich die aktuellen Verkäufe damit wieder auf dem Stand des Jahres 2007. Das bedeutet: Ende Jahr werden sich die Exporte zwischen 14 und 15 Mrd Fr. einpendeln.

Aber im Jurabogen zwischen Schaffhausen und Genf gibt es nicht nur Gewinner. Die Arbeitslosenquote liegt in den Uhrenkantonen mit gegen 10% noch mehr als doppelt so hoch wie in anderen Regionen. Die Gründe: Etwa zehn Uhrenmarken konnten der Krise mit einem Exporteinbruch von 26% nicht trotzen. Zudem traf es auch kleinste bis mittelgrosse Zulieferer. Gesamthaft sind um die 20 Firmen im Handelsregister gestrichen worden.

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Laut der Arbeitgeberorganisation der Uhrenindustrie CPHI (Convention patronale de l’industrie horlogère) sind in den Jahren 2009/10 an die 4000 Stellen verloren gegangen, wodurch sich die Arbeitslosenquote in der Branche in den Kantonen Neuenburg und Jura auf rund 10% erhöhte.

Wem die Luft ausging

Zu den Opfern der Krise gehörten Montres Villemont in Genf, dann aber auch Wyler Genève, Vincent Bérard, Favre-Leuba, die Genfer Luxusmarke Leonard, die sich in der Haute-Couture-Welt positionierte, sowie Voltime in Chavannes-des-Bois.

Erneut aufgegeben hat zudem die 1894 gegründete Universal Genève. Sie überlebte schon die Quarzrevolution nicht, wurde jedoch 1988 von der Investment Holding Stelux aus Hongkong erworben und unter mehreren Anläufen neu lanciert - letztmals an der Uhren- und Schmuckmesse «BaselWorld 2006». Gemäss dem Newsletter «Business Montres & Joaillerie» hatte Stelux noch zu Beginn 2010 versucht, die Marke wieder zu verkaufen. Der Erfolg blieb aus, der Gang zum Konkursamt damit unausweichlich.

Übernahmen keine Garantie

Ebenfalls weg vom Fenster ist Wyler Genève. Die ab der «BaselWorld 2007» gezeigten Kollektionen zeugten zwar von hervorragender Qualität, sie lagen preislich jedoch viel zu hoch. 2009 brach der Absatz rasant ein, die zwölf Mitarbeitenden wurden entlassen. Ende November 2009 eröffneten die Genfer Behörden den Konkurs.

Ebenso unglücklich endete die 2003 vom Uhrmachergenie Vincent Bérard gegründete gleichnamige Marke in La Chaux-de-Fonds. Der gebürtige Franzose gewann zwar im Marketingexperten Herbert Gautschi einen Mitstreiter. Dieser erstellte denn auch einen langfristigen Businessplan, verkaufte aber das Jungunternehmen im Herbst 2006 - unter Wahrung der absoluten Gestaltungsfreiheit von Vincent Bérard - an die amerikanische Timex-Gruppe. Deren Interesse war allerdings von eher kurzer Dauer: Am 7. Juli 2010 gingen die Türen zu. Gemäss Gewerkschaft Unia sind die 20 Mitarbeitenden entlassen worden. Im Januar noch war die Manufaktur als Partner der FHH Fondation de la Haute Horlogerie in Genf aufgenommen worden.

Besser erging es der von Matthias Buttet, Michel Navas und Enrico Barbasini 2004 gegründeten BNB aus Genf. Das Unternehmen für hoch komplexe Uhrwerke musste zwar im Januar ebenfalls Insolvenz anmelden. Doch einem ihrer wichtigsten Kunden, der Uhrenfabrik Hublot in Nyon, kam dies auf ihrem Weg zur eigenen Manufaktur schon fast gelegen. Hublot-Mitinhaber und CEO Jean-Claude Biver offerierte den 30 BNB-Mitarbeitenden die Übersiedlung in «seine» neu erstellte Fabrik.

Gut eineinhalb Jahre zurück liegt der Konkurs der Montres Villemont SA in Vernier-Genf. Gründer und Mitinhaber Olivier R. Müller sagt heute dazu: «Nach der Lancierung von Villemont auf der Messe in Basel 2006 konnten wir in den Folgejahren jeweils über 300 unserer Luxusuhren absetzen und damit einen Jahresumsatz von rund 2,4 Mio Fr. erzielen. Doch als die Verkäufe im Sommer 2008 abrupt einbrachen, waren meine Partner und Geldgeber nicht zu weiteren Investitionen bereit. Ich musste Insolvenz anmelden.»

Vor allem junge Firmen in Gefahr

Müller, der heute in Aubonne VD als freier Berater für Logistik, Organisation und Business-Strategie agiert, rechnet mit dem Verschwinden von weiteren 10 bis 20 Uhrenmarken. Gefährdet sieht er vor allem junge, noch nicht stark verankerte Unternehmen, die von Finanzeinschüssen und damit Geldgebern abhängig sind. Müller: «Wenn ich Investoren etwas vorwerfe, dann ist es ihre Kurzsichtigkeit. Um eine neue Marke aufzubauen, braucht es nebst einem einzigartigen Produkt eben auch einen langen Atem.»

Auch Swatch musste korrigieren

Nicht immer trifft es nur die Kleinen. Auch grosse Gruppen können Marken vernichten. Hayeks Swatch-Gruppe legte beispielsweise für 2010 die Aktivitäten ihrer Tochter Léon Hatot auf Eis. Ob für endgültig, bleibt offen. Andere begegnen den Konsequenzen der Uhrenkrise mit Zusammenlegungen. So wurde Anfang Jahr die zur amerikansichen MGI Luxury Group gehörende Concord von Biel nach La Chaux-de-Fonds an den Sitz von Ebel verschoben.

Die Zahlen all dieser Konkurse müssen allerdings in der richtigen Relation gesehen werden: Die bisher vom Markt verschwundenen Unternehmen repräsentieren weniger als 3% der weit über 500 Swiss-made-Uhrenmarken.