Neuorientierung, Wohnortwechsel, Familiensituation, Ruhestand: Dass es in Unternehmen beim Personal zu Fluktuationen kommt, ist normal. Einen gleichwertigen Ersatz für qualifizierte Angestellte zu finden, ist jedoch nicht immer leicht. Gerade in Zeiten eines Fachkräftemangels. Kommt dazu: Angestellte zu ersetzen, ist kostspielig. Das US-Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup etwa schätzt, dass es die Hälfte bis das Doppelte des Jahresgehalts der abgewanderten Arbeitskraft kosten kann, bis eine zufriedenstellende Nachfolge für sie gefunden wurde. Kommt es also im grossen Stil zu Fluktuationen, etwa wegen Unzufriedenheit, kann sich das negativ auf das Geschäftsergebnis auswirken.
Massnahmen für eine gute Mitarbeitendenbindung lohnen sich also. Umso mehr, als Angestellte heute eher bereit sind, zu kündigen, wie der «Workmonitor 2025» von Randstad, einem der weltweit grössten Personaldienstleister, zeigt. Am ehesten abwanderungsbereit sind dabei die Millennials, also die Jahrgänge zwischen 1981 und 1996. Über alle Altersgruppen gesehen würden 54 Prozent der Arbeitnehmenden in der Schweiz die Kündigung einreichen, wenn ihr Job sie davon abhielte, die gewünschte Work-Life-Balance zu erreichen. 2024 waren es 50 Prozent. Fehlte ihnen das Gefühl von Zugehörigkeit im Job, würden 50 Prozent die Segel streichen. Im Vorjahr waren es noch 24 Prozent.
Das zeigt: Die Möglichkeit für eine gute Work-Life-Balance und eine feste Einbettung in ein Team sind zwei Faktoren, die Mitarbeitende an eine Firma binden können. Was sollten Unternehmen sonst noch beherzigen, damit ihr Personal ihnen treu bleibt? Anita Reller, Operational Talent Solutions Director und Geschäftsleitungsmitglied bei Randstad, gibt Auskunft.

Teilt ihren reichen Erfahrungsschatz: Anita Reller, Operational Talent Solutions Director und Geschäftsleitungsmitglied bei Randstad.
Will man seine Arbeitskräfte im Betrieb halten, müssen Worte von Taten begleitet sein. «Das ist etwas vom Wichtigsten», betont Anita Reller. «Es reicht nicht, über Massnahmen zur Mitarbeitendenbindung zu reden, zu schreiben oder auf Social Media Beiträge dazu zu teilen: Es geht darum, auch wirklich Massnahmen umzusetzen. Nur so erreicht man die Herzen der Mitarbeitenden.» Oder anders gesagt: In seine Richtlinien zu schreiben, dass man die Viertagewoche eingeführt hat oder zweimal pro Woche Homeoffice für eine gute Work-Life-Balance bietet, ist nicht genug. «Es muss im Betrieb auch gelebt werden.»
64 Prozent der im «Workmonitor 2025» Befragten erachten Trainings- und Entwicklungsmöglichkeiten als wichtig. Für viele sind sie sogar unverhandelbar und beeinflussen entscheidend, ob eine Stelle angenommen wird oder nicht. Besonders gefragt ist Weiterbildung in den Bereichen KI (34 Prozent), IT- und Technologiekenntnisse (27 Prozent) sowie Management- und Leadership-Fähigkeiten (21 Prozent). Schulungen allein reichen jedoch nicht aus. «Es ist genauso wichtig, dass man die Leute weiterentwickelt – seitlich auf der gleichen Stufe oder aufwärts, also hin zu einer höheren Stufe», sagt Anita Reller. Gute Instrumente seien dafür zum Beispiel Talentpools oder die Möglichkeit, an speziellen Projekten mitzuarbeiten. «Aber man muss die Mitarbeitenden begleiten. Die wichtigste Person ist dabei der oder die direkte Vorgesetzte.»
Unterstützung bei der Personalbindung
Randstad ist einer der grössten Personaldienstleister der Welt. Mit sechs Jahrzehnten Erfahrung rund um Personalbeschaffung und -besetzung sowie Arbeitsplatzmanagement weiss Randstad, wie Firmen die richtigen Mitarbeitenden für ihr Unternehmen finden, einstellen und motivieren. Jetzt von einer Expertin oder einem Experten beraten lassen.

Matchentscheidend ist für Anita Reller das Management eines Unternehmens. «Das Schlimmste, was es für die Mitarbeitendenbindung gibt, ist, wenn Managerinnen und Manager in ihren Türmen sitzen und von oben Entscheidungen über die Angestellten fällen, die diese nicht nachvollziehen können. Die Distanz zwischen Turm und Boden ist einfach zu gross.» Sie plädiert daher dafür, dass Führungskräfte möglichst oft selber «ins Feld gehen» und Nähe zu den Mitarbeitenden pflegen. Und dass die Dinge, falls nötig, nicht «von oben» gerichtet werden, sondern aus der Nähe heraus.
Vorgesetzte sollten sich mit den ihnen direkt unterstellten Personen regelmässig austauschen. Und dabei nicht nur über das Daily Business und über Key Performance Indicators, kurz KPIs, sprechen, sondern auch darüber, wie Mitarbeitende Letztere erreichen, wie sie sich dabei fühlen und wie man selber die Leute unterstützen kann. «Das ist zwar sehr zeitaufwendig. Aber wenn man wirklich will, dass die Leute bleiben, braucht es das», sagt Anita Reller. Und betont: «Die Zeit ist gut investiert, wenn man sieht, wie viel mehr es kostet, wenn man jemanden ersetzen muss.»
Top-down zu führen, ist manchmal nötig, gerade wenn man Entscheidungen treffen muss, über die sich nicht alle freuen. «Für die Mitarbeitendenbindung ist dieser Führungsstil aber nicht hilfreich», betont Anita Reller. Diesbezüglich lohne es sich, einen kollaborativen Führungsstil zu pflegen. «So nimmt man die Leute mit auf den Weg.» Entscheidend sei dafür eine ehrliche und klare Kommunikation. «Das schafft Stabilität und hilft, die Fachkräfte zu halten.» Für eine klare Kommunikation müsse aber eigentlich schon vorher bekannt sein, wohin man wolle. «Doch viele Firmen wissen in dieser Zeit der digitalen Transformation noch nicht, wo die Reise hingeht.» Hier gilt: kommunizieren, dass man noch nicht klar sein kann. «Das ist ein Punkt, an dem viele noch scheitern, wodurch Mitarbeitende dann abwandern.»
Eine Lösung für alle? Gibts laut Anita Reller in Sachen Mitarbeitendenbildung nicht. «Man muss immer schauen, was für die Firma, für einen selbst und für das Team unter den gegebenen Umständen am besten ist.» Es gebe durchaus Unternehmen, bei denen der Lohn und allfällige Boni einen entscheidenden Einfluss hätten. Doch der «Workmonitor 2025» zeigt: Geld liegt als Motivator gegenüber früheren Zeiten mit 78 Prozent nur noch auf Platz drei. Platz zwei belegt die Work-Life-Balance (79 Prozent), die sich etwa auch mit zusätzlichen freien Tagen stärken lässt. Auf Platz eins findet man die Jobsicherheit (81 Prozent). Ebenfalls sehr wichtig ist, dass sich die Angestellten eingebettet fühlen.

Ein gutes Miteinander hilft bei der Mitarbeitendenbindung.
Nicht nur ein gutes Onboarding in eine neue Stelle ist wichtig, damit sich Angestellte am Arbeitsplatz wohlfühlen – auch wie sie verabschiedet werden, hat einen Effekt. «Manchmal muss man jemanden ziehen lassen, damit die Person den nächsten Karriereschritt bei einer anderen Firma machen kann. Oder weil man nicht mehr zusammenpasst», so Reller. Eines sollte man dabei nicht vergessen: «Die restliche Belegschaft sieht, wie man jemanden hinausbegleitet. Gestaltet man diesen Schritt wohlwollend, zum Beispiel, indem man die abgehende Person mit Referenzen oder bei der Suche nach einer neuen Stelle unterstützt, bindet das diejenigen, die bleiben.»
Zu studieren, wie andere Unternehmen bezüglich Mitarbeitendenbindung vorgehen, kann gemäss Anita Reller spannend sein und einen auf neue Ideen bringen. Zu berücksichtigen sei allerdings: Mitarbeitende sind selbst Expertinnen und Experten in diesem Bereich. «Alle bleiben aus gewissen Gründen, alle gehen aus gewissen Gründen. Man braucht deshalb nur mit den Leuten zu reden und ihnen zuzuhören und weiss dann mehr.» Mit Vorteil führt man das Gespräch nicht erst bei einem Austritt, sondern unterhält sich von Anfang an regelmässig mit den Mitarbeitenden.
Ist man unsicher oder will es mit der Bindung der Mitarbeitenden nicht richtig klappen, lohnt sich unter Umständen eine professionelle Beratung. Randstad kann beispielsweise weiterhelfen, wenn es um die Zusammenstellung eines optimalen Vergütungspakets geht. Oder mit Analysen und Studien zu Massnahmen, die die Arbeitgebermarke stärken. «Wir haben Experten, die sehr gut mit Firmen herausarbeiten können, wo es Potenzial gibt», so Anita Reller. «Zudem bietet neben unserem «Workmonitor», der seit 22 Jahren jährlich erscheint, auch unser Newsletter wertvolle Einsichten für Führungspersonen.» Und sollte eine qualifizierte Arbeitskraft trotz aller Bemühungen abwandern, hilft Randstad bei Bedarf dabei, die Stelle neu zu besetzen.
