Mit dem Wort Desaster sollte man vorsichtig hantieren, besonders in der Luftfahrt. Nein, zum Glück sind keine Flieger abgestürzt, keine Menschenleben zu beklagen. Aber was da am Mittwochmorgen in der Schweizer Luftfahrt passiert ist, das ist tatsächlich ein Desaster für Skyguide.

Die Flugsicherungsgesellschaft kontrolliert den Schweizer Luftraum, sowohl für zivile als auch für militärische Flieger. Das ist ein hochkomplexer Job. Fluglotsen haben einen extrem verantwortungsvollen Beruf. Sie arbeiten besonnen und ruhig, da darf man sich keine Fehler erlauben.

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Solch eine Panne darf nicht passieren

1500 Mitarbeitende an 14 Standorten hat Skyguide. Das Unternehmen gehört im Mehrheitsbesitz der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Es ist systemrelevant, von grösster Bedeutung für das Land sowie den Luftverkehr in Europa und dem Rest der Welt.

Doch am Mittwochmorgen den Schweizer Luftraum sperren, aus Sicherheitsgründen, wie die Flugsicherung meldet, weil es eine technische Panne gab, das darf nicht passieren.

Wofür gibt es redundante Systeme? Absicherungen und doppelte IT-Systeme? Wenn Skyguide seine Systeme schon nicht im Griff hat, wer dann?

Skyguide bedauert den Vorfall sowie die Konsequenzen für die Kunden, Partner und Passagiere, wie Skyguide schreibt. Das Unternehmen arbeite mit Hochdruck an einer Lösung. Das sind schöne Worte in Zeiten des Ausfalls. Dann hiess es, die Luftraumsperre sei um 8.30 Uhr aufgehoben worden. Der Schweizer Luftraum sei wieder offen und der Flugverkehr über der Schweiz sowie der Betrieb an den Landesflughäfen Genf und Zürich könne wieder aufgenommen werden. Das sind gute Nachrichten, zum Glück hat der Ausfall nicht noch länger gedauert. Später hiess es, es sei ein Netzwerkfehler gewesen, kein Cyberangriff.

Dennoch: Das Wirrwarr im europäischen Flugverkehr ist gemacht. Statt in der Schweiz mussten viele Maschinen irgendwo sonst in Europa landen.

Bei Skyguide läuft es alles andere als rund

Kritiker der Skyguide haben nun Oberwasser. In der Politik, bei den Airlines, bei den Flughäfen. Schon seit einiger Zeit gibt es viel Durcheinander in der Luftfahrtbranche. Ständig fallen Flüge aus, es gibt lange Wartezeiten. Der wichtigste Grund: Bei Airlines und anderen Dienstleistern fehlen die Mitarbeitenden. Nun schockt auch noch Skyguide die Branche mit einem so gravierenden Ausfall-Ereignis.

Bei Skyguide läuft es schon länger alles andere als rund. Die Flugsicherung hat Jahre mit grossen Verlusten hinter sich. Zwar will Skyguide das Defizit reduzieren, doch «2022 wird noch knapp rot sein», sagte Skyguide-Chef Alex Bristol im Mai.

Wegen der Corona-Krise war das Luftfahrtgeschäft massiv gesunken, in den Jahren 2020 und 2021 fehlten Skyguide daher auch die Einnahmen von den Airlines. Die Folge: Allein im Jahr 2021 häufte Skyguide einen Reinverlust von 120 Millionen Franken an. 2020 war es ein Defizit von rund 165 Millionen Franken.

Der Bund hat Skyguide massiv finanziell unterstützt. 500 Millionen Franken gab es, in mehreren Etappen. Das führte auch zu der Debatte, ob und wie Skyguide noch mehr Hilfe des Bundes brauche. Derweil macht auch die Europäische Union (EU) Druck, drängt zu mehr Effizienz.

Die Corona-Krisen-Folgen sind bei Skyguide noch längst nicht überwunden, jetzt auch noch der grosse Computer-Ausfall landesweit.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Schon vor Corona hatte Skyguide wirtschaftliche und operative Probleme. Auf Skyguide-Chef Alex Bristol lastet nun enorm viel Druck.

Tim Höfinghoff
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