Das Ja zur Einwanderungsinitiative ist eine Niederlage für die Wirtschaft. Wie schlimm ist dieses Resultat aus Ihrer Sicht?
Heinz Karrer: Wir sind natürlich enttäuscht, zumal wir eine breite Allianz von Bundesrat, Kantonen, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und allen wichtigen Parteien ausser der SVP gegen die Initiative hatten. Trotzdem mussten wir mit einem knappen Resultat rechnen. Nun hat das Volk gesprochen, jetzt gilt es die Vorgabe möglichst gut umzusetzen.

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Was sind denn die unmittelbaren Konsequenzen? 
Unsicherheit. Es ist gar nicht so einfach zu sagen, was die unmittelbaren Folgen sind. Die Initiative ist schwierig mit der Personenfreizügigkeit vereinbar. Was die tatsächlichen Folgen der Initiative sind, wird auch stark von ihrer Umsetzung abhängig sein. Es ist aber klar, dass die Personenfreizügigkeit eine der vier Grundfreiheiten der EU darstellt, und deshalb schwer verhandelbar sein wird. Eine mögliche Lösung wären dynamische Kontingente, welche die Personenfreizügigkeit nur geringfügig einschränken würden. Hier stehen wir am Anfang eines mehrjährigen Verhandlungsprozesses.

Warum haben die Argumente der SVP schliesslich mehr Anklang gefunden als die der Gegner?
Teilweise ist es uns zwar gelungen die Bedeutung des Verhältnisses der Schweiz zur EU aufzuzeigen, fast 50 Prozent der Stimmenden haben die Vorlage schliesslich abgelehnt. Das Resultat zeigt aber, dass die Sorgen und die Verunsicherung bezüglich der Einwanderung gross sind. Die hohen Zuwanderungszahlen und Probleme bei der Raumplanung und beim Arbeitsmarktzugang, sowie auch Verkehrsengpässe scheinen den Ausschlag gegeben zu haben.

Nach der Minder-Initiative ist dies nun die zweite Niederlage der Economiesuisse in nur einem Jahr. Weshalb können Sie die Leute nicht mehr erreichen?
Man muss die Abstimmungen einzeln anschauen und ausserdem haben wir ja nicht nur verloren. Bei der 1:12-Initiative im letzten Herbst haben wir beispielsweise sehr hoch gewonnen. Trotzdem merken wir natürlich, dass es einen gewissen Vertrauensschwund zwischen der Bevölkerung einerseits und der Politik und der Wirtschaft anderseits gibt. Hier sind wir gefordert, den Dialog mit der Bevölkerung zu suchen, und zwar nicht nur über Kampagnen. Die Politik und die Wirtschaft müssen Antworten liefern auf die drängenden Fragen in der Gesellschaft.

Was sagen Sie zur SVP, kann eine Partei welche die bilateralen Verträge aufs Spiel setzt eine Wirtschaftspartei sein?
Bei Wirtschaftsthemen haben wir viel gemeinsam mit der SVP. Wir haben in der Vergangenheit eng und gut mit der SVP zusammengearbeitet, so etwa bei der 1:12-Initiative. Dies soll auch in Zukunft so bleiben, beispielsweise bei der Abstimmung zum Mindestlohn. Gleichzeitig sind wir beim Thema des Verhältnisses der Schweiz zur EU und bei Fragen der Zuwanderung unterschiedlicher Meinung. Damit müssen wir leben.