Facebook verzeichnet in der Schweiz rückläufige Nutzerzahlen. Das ergibt eine Auswertung des Facebook-AdPlanners, dem Werkzeug des Netzwerks zur Feststellung der Reichweite. Diese hat der häufig zitierte Bernetblog durchgeführt. Demnach waren im ersten Quartal 2017 etwa 3,72 Millionen Nutzer aktiv, fünf Prozent weniger als noch Ende 2016. Aktiv sind jene Nutzer, die sich mindestens einmal eingeloggt haben.

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Gemäss dem Portal, welches vier Mal jährlich die Nutzerzahlen Facebooks auswertet, schwächt sich die Wachstumskurve seit 2013 ab. Rückläufig sind die Zahlen vor allem bei den Unter-30-jährigen Nutzern. Bei den 15- bis 19-Jährigen waren im März 70'000 weniger Nutzer aktiv. Besonders hat diese Zahl auch bei den über 50-Jährigen abgenommen: Hier waren 50'000 weniger Nutzer aktiv.

Vorgehen gegen Fake-Profile?

Digitalexperte Manuel P. Nappo* vermutet hinter dem Rückgang eine Aufräumaktion vonseiten Facebooks. Das Netzwerk sei in den letzten Monaten massiv gegen Fake-Profile vorgegangen und habe wohl eine grosse Anzahl Profile gelöscht. Einen Rückgang der Nutzung habe man Anfang 2013 bereits gesehen, sagt Nappo. Damals seien ebenfalls viele Fake-Profile gelöscht worden.

Facebook hat immer wieder mit dieser Form von Cyber-Kriminalität zu kämpfen: Betrüger eröffnen Fake-Profile um Daten der Opfer und dessen Freunden abzusaugen oder sogar Geld von ihnen zu ergaunern. Anfang Jahr hatten Betrüger von einer Reihe Schweizer Facebook-Nutzer die Handynummer erlangt und damit Pay-Pal Konten eröffnet.

«Nutzer verlieren durch die Fake Profile und die zunehmende Verbreitung von Fake-News das Vertrauen in Facebook», so Nappo zu Handelszeitung.ch. Verliere man das Vertrauen des Nutzers, sei das der Todesstoss für ein soziales Netzwerk.

«Gewisse Ermüdungserscheinungen»

Eine weitere Erklärung für die rückläufen Nutzerzahlen sieht der Experte darin, dass Facebook in der Schweiz eine hohe Dichte erreicht habe. «In der Kernzielgruppe, also bei den Über-25-Jährigen, wird weiteres Wachstum schwierig», sagt er - selbst wenn Facebook global wachse. «Die Nutzer zeigen gewisse Ermüdungserscheinungen», so Nappo.

Vor allem die jüngeren Nutzer seien in ihrer Social-Media-Nutzung viel fragmentierter: Um zu chatten setzten sie eher auf Whatsapp anstatt auf den Facebook Messenger, um Bilder zu posten exklusivere Netzwerke wie Snapchat oder Instagram. «Facebook ist eher für ältere Nutzer interessant, die Kontakte im Ausland oder im Berufsleben pflegen wollen - oder um alte Bekannte zu stalken», sagt Nappo mit einem Augenzwinkern.

Umzugskosten zu hoch

Dennoch glaubt der Experte nicht, dass Facebook demnächst von seinem Social-Media-Thron gestossen wird: «Facebook wollte das Telefonbuch des Internets werden. Das haben sie geschafft». Und: «Facebook ist dermassen in unseren Alltag verwoben, dass es für ein anderes Netzwerk schwierig sein dürfte, dieses zu ersetzen. Die Umzugskosten sind für viele zu hoch», so Nappo.

Aktualisierung:

Auf eine Anfrage bei Facebook nach den Nutzerzahlen kam bis zur Publikation keine Rückmeldung. Die einen Tag später zugesandten Nutzerzahlen liegen leicht über der im Artikel angegebenen Zahl: «Aktuell nutzen mehr als 3,8 Millionen Schweizer unsere Plattform», sagt Facebook-Sprecher Stefan Meister. Man habe in der Schweiz ein stabiles Wachstum von 5,88 Prozent. Die Nutzerzahlen der Vorjahre nennt Facebook nicht.

*Manuel P. Nappo ist Leiter der Fachstelle Social Media an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich und Leiter des Center for Digital Business und des MAS Digital Business.

Redaktorin Caroline Freigang
Caroline Freigangschreibt seit 2019 für den Beobachter – am liebsten über Nachhaltigkeit, Greenwashing und Konsumthemen.Mehr erfahren